So unklar auch ist, ob sich Elon Musk am Wochenende gegen US-Präsident Donald Trump gestellt hat oder es ein taktisches Spiel war: Der Trump-Berater hat mit dem Werben für eine Freihandelszone zwischen EU und USA Hoffnungen auf eine gütliche Beilegung des Zollstreits geweckt.
„Und was die Zölle anbelangt, hoffe ich, dass wir uns auf eine Null-Zoll-Situation zubewegen mit einer Freihandelszone zwischen Europa und Nordamerika“, hatte Musk in einer Videoschalte zum Parteitag der rechten italienischen Partei Lega gesagt. Dafür werben der voraussichtlich nächste Kanzler Friedrich Merz (CDU) und die EU-Kommission seit Monaten.
Die Reaktion aus Brüssel fiel dennoch zurückhaltend aus. „Wenn das tatsächlich ein Testballon der Trump-Regierung sein sollte, wäre das sicher interessant“, hieß es am Sonntag aus der Kommission. „Leider ist aber kaum vorstellbar, dass Musk für Trump spricht.“ Die EU-Kommission bleibt bei ihrem bisherigen Kurs: abwarten, Verhandlungen anbieten und sich auf das Schlimmste vorbereiten.
Wie die EU auf Trumps Zölle reagiert
Dazu gehört auch, sich nach anderen Partnern umzuschauen. Als Trump seine Zölle von 20 Prozent auf die Einfuhr aus der EU ankündigte, reagierte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen aus Samarkand. Die Schalte vom ersten EU-Zentralasiengipfel in Usbekistan hatte symbolische Bedeutung: Während die USA die Welt mit Zöllen überziehen, schließt die EU Partnerschaften. Auf dem Gipfel vereinbarte sie mit Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan engere Wirtschafts- und Handelsbeziehungen sowie eine stärkere Zusammenarbeit bei kritischen Rohstoffen.
Ökonomen gehen davon aus, dass die Vertiefung der Beziehungen zu den bisherigen Partnern und der Abbau weiterer Zölle und Handelshürden um wenige Prozent die Folgen des Handelskonflikts mit den USA ausgleichen könnten.
Mit 76 Staaten hat die EU bisher in irgendeiner Form Handelserleichterungen vereinbart. Die USA haben nur Abkommen mit 20 Staaten. Zur Wahrheit gehört indes auch, dass lange kaum gewichtige Abkommen dazugekommen sind. Brüssel hat zwar eifrig verhandelt. Wenn es konkret wurde, scheiterte die Kommission aber immer wieder am Widerstand von Bauern oder der Zivilgesellschaft.
Die einen sperren sich gegen die Konkurrenz, die anderen knüpfen freien Handel an hohe Umwelt-, Klima- und Sozialstandards. Das geplante Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) scheiterte daran ebenso wie zuletzt – zumindest vorläufig – Verhandlungen mit Australien.
Auf der Habenseite stehen dem gegenüber nur ökonomisch relativ unbedeutende Abkommen wie mit Neuseeland. Das Handelsvolumen mit dem Land betrug bei Gütern zuletzt weniger als acht Milliarden Euro im Jahr. Zum Vergleich: Das Handelsvolumen der EU mit den USA bei Gütern beträgt 865 Milliarden, das mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten rund 110 Milliarden Euro.
Mit wem die EU noch verhandelt
Auch die Verhandlungen mit den Mercosur-Staaten zogen sich wegen des internen Widerstands hin. Hier änderte sich die Dynamik schon mit dem Amtsantritt Trumps. Kommissionspräsidentin von der Leyen setzte sich im Dezember über den Widerstand des französischen Präsidenten Emmanuel Macron hinweg und unterzeichnete das Abkommen nach 25 Jahren Verhandlungen. Es schafft die größte Freihandelszone der Welt mit mehr als 750 Millionen Menschen. Zuvor müssen aber das Europäische Parlament und der Ministerrat noch zustimmen. Sicher ist das nicht. Der Widerstand von Frankreich, den Niederlanden, Österreich oder Polen bleibt groß. Sie fürchten Bauernproteste. Vor Anfang 2026 dürfte es kaum so weit sein.
Im Januar folgte der Abschluss der Verhandlungen über die Modernisierung des alten Handelsabkommens mit Mexiko. Zugleich kündigten die EU und Malaysia an, die Gespräche über ein Freihandelsabkommen wieder aufnehmen zu wollen. Ende Februar reiste dann beinahe die gesamte Europäische Kommission zum Antrittsbesuch nach Indien, das Trump mit einem Extrazoll von 26 Prozent belegen will. Das mündete in ein klares Bekenntnis zum Abschluss eines Handelsabkommens bis Ende des Jahres.
Die EU und Indien hatten erst 2022 die zuvor jahrelang auf Eis liegenden Handelsgespräche wieder aufgenommen. Indien ist mit einem Handelsvolumen von zuletzt 124 Milliarden Euro der neuntgrößte Partner der EU. Wegen der hohen Handelshürden wäre das Wachstumspotential groß. Die Verhandlungen sind zuletzt aber faktisch nicht vom Fleck gekommen.
Der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange (SPD), erwähnte nach Trumps Zollwelle noch ein anderes Beispiel für ein vielversprechendes neues Abkommen: Indonesien. Das hat Trump mit einem Zoll von 32 Prozent überzogen. Es steht als größtes Land der südostasiatischen ASEAN-Staaten für ein Drittel der regionalen Wirtschaftsleistung. Das Handelsvolumen mit der EU lag zuletzt bei 30 Milliarden Euro. Lange will innerhalb der kommenden zwei Wochen dorthin reisen.
Auch hier lautet das Ziel, bis Ende des Jahres eine Einigung zu erzielen. Auch hier gilt allerdings: Die 2016 aufgenommenen Gespräche kommen sehr langsam voran. Das Abkommen mit Indonesien soll der EU ebenso wie die wieder anlaufenden Gespräche mit Malaysia (Trump-Zölle 24 Prozent) Zugang zum südostasiatischen Markt verschaffen. In beiden Fällen erschweren indes Vorgaben wie die EU-Regeln für die Einfuhr von Palmöl oder das EU-Entwaldungsgesetz eine Einigung. Auch mit den Philippinen (seit 2024) und Thailand (seit 2023) verhandelt die EU wieder.
Dann ist da noch Australien (Trump-Zoll zehn Prozent). Die Gespräche sind bisher an den Forderungen Australiens nach einem größeren Marktzugang für Rind- und Schaffleisch gescheitert. An ein paar Steaks mehr oder weniger für den EU-Markt dürfte das Abkommen nicht scheitern, fordert nun nicht nur Lange.