Wegen Taiwan-Konflikt: China-Schock an Japans Handelszentrum

Die scharfen Töne zwischen China und Japan belasten nun auch die Wirtschaft. Am Montag brachen die Aktienkurse mehrerer japanischer Unternehmen ein, nachdem Peking seine Bürger dazu aufgerufen hatte, nicht mehr nach Japan zu reisen und dort auch nicht zum Studieren hinzugehen. Chinesen stellen die größte Gruppe ausländischer Touristen in Japan. Zudem ist China der wichtigste Handelspartner des Landes.

So litten nicht nur Tourismuswerte, sondern auch Konsumgüterhersteller und Einzelhändler. Aktien des Kosmetikkonzerns Shiseido, der schon seit Längerem die Zurückhaltung seiner wichtigen chinesischen Kundschaft beklagt, verloren 11 Prozent. Ebenso hoch war der Tagesverlust des Konzerns Ryohin Keikaku, der die Einzelhandelskette Muji betreibt. Die beiden größten japanischen Fluggesellschaften Japan Airlines und All Nippon Airways gaben 6 und 4 Prozent an Wert ab.

Die vor gut einem Monat ins Amt gewählte japanische Ministerpräsidentin Sanae Takaichi hatte die Parteiführung in Peking mit Äußerungen zum Taiwan-Konflikt erzürnt. Sie hatte es als für Japan „existenzbedrohende Situation“ bezeichnet, wenn China mit einer militärischen Eskalation versuchen sollte, Taiwan einzunehmen. Diese Formel würde es Japan nach seinen eigenen Gesetzen erlauben, in einem solchen Fall ebenfalls militärisch in den Konflikt einzugreifen.

„Grobe Einmischung“

Peking wertet Takaichis Äußerungen als „grobe Einmischung in innenpolitische Angelegenheiten“ und kritisierte die Andeutung einer militärischen Intervention. Am Wochenende riet die Parteiführung des Landes von Japan-Reisen ab.

Laut Medienberichten haben mehrere chinesische Fluggesellschaften daraufhin ihren Kunden angeboten, schon gekaufte Tickets nach Japan kostenlos zurückgeben zu können. Bis Montag Abend sollen zudem zwölf chinesische Reisegesellschaften angekündigt haben, vorerst keine Reisen nach Japan mehr anzubieten.

Der Tourismus ist für Japan ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Im vergangenen Jahr brachten die gut 32 Millionen ausländischen Besucher nach Angaben der Tourismusbehörde Devisen im Gegenwert von 8,13 Billionen Yen (45 Milliarden Euro) ins Land, wenn man alle Ausgaben für Shopping, Sehenswürdigkeiten, Unterkünfte, Essen und Trinken zusammenrechnet. Die regierende Liberaldemokratische Partei arbeitet seit einigen Jahren darauf hin, die Zahl der Touristen auf 60 Millionen Besucher im Jahr hochzuschrauben, um die Einnahmen weiter zu erhöhen.

Mögliche Einbußen von 12 Milliarden Euro

Chinesen stellen dabei gut ein Viertel der ausländischen Besucher, allein von Januar bis September kamen 7,5 Millionen in den Inselstaat. Ein Rückgang chinesischer Touristen könnte die japanische Wirtschaft daher empfindlich belasten, schrieb Takahide Kiuchi, Chefökonom am Nomura Research Institute in einem Report am Montag und schätzte die möglichen Einbußen auf 2,2 Billionen Yen (12,25 Milliarden Euro). „Wenn der Rückgang der Zahl der Besucher aus China erheblich wird, besteht die Möglichkeit, dass das reale Bruttoinlandsprodukt für den Zeitraum Oktober bis Dezember ein negatives Wachstum ausweist.“ Das wäre dann das zweite Quartale mit einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung in Folge. Wie das Statistikamt ebenfalls am Montag mitteilte, ist die japanische Wirtschaft schon im Zeitraum von Juli bis September erstmals seit sechs Quartalen kleiner geworden.

Kiuchi verwies auf einen Konflikt der beiden Länder im Jahr 2012. Damals riet Peking ebenfalls nach einer territorialen Auseinandersetzung von Reisen nach Japan ab und im Jahr darauf sank die Zahl der Touristen aus China um etwa ein Viertel.

Viele Japaner beklagen den schnellen Anstieg der Touristenzahlen in den vergangenen Jahren und die nationalistische neue Ministerpräsidentin Takaichi hatte ihnen versprochen, die Auswirkungen des Overtourism abzufedern. Dafür erwägt die Regierung gerade unter anderem, die Ausreisesteuer zu verdreifachen, die Flugpassagiere automatisch mit ihrem Ticketpreis bezahlen. Ein wirtschaftsschädigendes Ausbleiben chinesischer Reisender dürfte aber auch nicht im Sinne Takaichis sein.

Source: faz.net