Was macht Carsten Schneider?: Das Umweltministerium beteiligt sich kaum am Bürokratieabbau

Es ist kein Geheimnis, dass sich am Bürokratieabbau der Bundesregierung nicht jeder Minister mit gleichem Elan beteiligt. In der vergangenen Legislaturperiode sorgte da zum Beispiel das Umweltministerium für Ärger. Fast neun Milliarden Euro an zusätzlichen Kosten hatte das Umweltministerium der Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung mit seinen Gesetzen seit 2012 verursacht – doch als es an den Bürokratieabbau ging, da beteiligte sich das Ministerium nicht an den Vorschlägen, die andere Ministerien einreichten.

„Umweltministerin Lemke hat sogar die Chuzpe zu sagen: Ich bringe gar nichts. Ich leiste keinerlei Beitrag zur Bürokratieentlastung“, klagte damals der Chef des Normenkontrollrats der Bundesregierung, Lutz Goebel, in der F.A.S. „Das finde ich ungeheuerlich. Der Bundeskanzler sagt in der Kabinettssitzung: Jedes Ressort muss einen Beitrag bringen. Und die Umweltministerin sagt: Mache ich aber nicht.“ Aus dem Umweltministerium hieß es damals nur: „Wir sind dran.“

Vergangene Woche hat die Bundesregierung wieder einige Ideen zum Bürokratieabbau auf den Weg gebracht. Hat das Umweltministerium denn unter dem neuen Minister Carsten Schneider dieses Mal etwas eingereicht?

Ja. Elektroautos brauchen keine Umweltplakette mehr, denn man sieht ja schon am Kennzeichen, dass es Elektroautos sind – immerhin. Im Strahlenschutz werden die Verfahren vereinfacht. Und für ein paar Vorhaben wird künftig auf die Umweltver­träglichkeitsprüfung verzichtet – aber nur, wenn die Vorhaben dem Klimaschutz dienen, nicht bei anderen. All das ist geplant, nichts davon kann schon beschlossen werden. Das heißt: Von den drei Milliarden Euro Entlastung, die die Bundesregierung jetzt beschlossen hat, lieferte das Umweltministerium null.

1500 Klimaschutz-Maßnahmen, nur 69 hatten Wirkung

Kommt da noch mehr? „Das Bundesumweltministerium prüft bei allen seinen Vorhaben, inwiefern unter Wahrung der materiellen Schutzstandards Verfahren vereinfacht, beschleunigt und modernisiert werden können und wie unnötige Bürokratie abgebaut werden kann“, heißt es in einem Statement, das die Pressestelle schickt. Ansonsten beteilige man sich auf EU-Ebene. Wer sich ein bisschen mit Bürokratieabbau auskennt, bemerkt den Subtext: „unter Wahrung der materiellen Schutzstandards“. Das heißt: Wir erleichtern die Verfahren, aber an die Regeln selbst gehen wir nicht ran.

Dabei ist Umwelt- und Klimaschutz einer der Politikbereiche, in denen viele wirkungslose Gesetze beschlossen werden. Im vergangenen Sommer untersuchten das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und die Universität Oxford 1500 Klimaschutz-Maßnahmen weltweit auf der Suche nach den erfolgreichsten – doch sie konnten nur bei 69 überhaupt eine Wirkung nachweisen, in Deutschland bei der letzten Erhöhung der Ökosteuer und der Lkw-Maut. Das erlaubt den Schluss: Da wäre viel Raum für die Abschaffung von Gesetzen, ohne dem Klima zu schaden.

Das Umweltministerium ist allerdings nicht das einzige, das sich beim Bürokratieabbau im Moment auf eine einfachere Verwaltung konzentriert und die tatsächliche Erleichterung von Regeln erst mal langsamer vorantreibt. Selbst SPD-Chef und Vizekanzler Klingbeil lobte sich am Mittwoch mit den Worten: „Wir streichen unnötige Prüf-, Melde- und Anzeigenpflichten, ohne dabei Abstriche bei Verbraucher- und Anlegerschutz zu machen.“

In solchen Bereichen läuft der Bürokratieabbau oft anders. Wenn das Recht irgendwo viel zu kompliziert wird, dann wird es für manche Zwecke komplett nach hinten priorisiert. So zum Beispiel im Fall des Bau-Turbos, der nicht etwa Bebauungspläne vereinfacht, sondern manchmal auf Bebauungspläne ganz verzichtet – oder im Fall des Mobilfunkausbaus, der jetzt einfach zum „überragenden öffentlichen Interesse“ hochgestuft wurde und deshalb Vorrang vor anderen Regeln erhält. Das allerdings führt dazu, dass dann der komplette Umweltschutz in der Priorisierung nach hinten fällt – und dass andererseits viele Projekte immer noch nicht beschleunigt werden. Zum Beispiel der Bau von Krankenhäusern.

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