Was Das Erste und Zweites Deutsches Fernsehen aus dem BBC-Skandal lernen sollten

Donald Trump verklagt die BBC auf Milliarden – der eigentliche Zweck: nicht Geld, sondern Einschüchterung. ARD und ZDF könnten als Nächste folgen. Für sie gilt deshalb auch, was Trump seinen Anhängern 2021 empfohlen hat

Fotos: Remko de Waal/ANP/AFP/Getty Images (links), Print Collector/Getty Images


Nimmt man die Zahlen zum Maßstab, ist alles halb so wild. Donald Trump will die BBC, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk Großbritanniens, auf bis zu fünf Milliarden Dollar verklagen. Ein Trinkgeld. Vom Wall Street Journal verlangte er 20 Milliarden. Vom US-Sender CBS zehn.

Allerdings sind die Zahlen nicht der Maßstab. Ebenso gut wie fünf Milliarden könnte Trump die Umbenennung des Buckingham Palace in „Trump-Tower II“ fordern. Egal. Er wird die Summe eh nicht bekommen. CBS zahlte am Ende 16 Millionen, obwohl kein ernst zu nehmender Jurist Trumps Klage eine Chance einräumte. Schrecklich genug. Aber diese kolportierten Milliardenbeträge kann man vergessen. Sie dienen nur dazu, die Aufmerksamkeit zu vergrößern. Je mehr Nullen im Spiel sind, desto gravierender wirkt der Anlass.

Worum es Trump geht, ist, kritische Medien einzuschüchtern und ihre Glaubwürdigkeit generell in Zweifel zu ziehen. Letzteres ist im Fall der BBC gelungen. Die Anstalt steckt nun in einer doch etwas saftigeren Krise. Das hat nicht allein mit Trump zu tun, sondern mit dem autoritären Beschuss, unter dem international viele Öffentlich-Rechtliche stehen. Aber Trump hat die Krise potenziert. Es gab Rücktritte. Der BBC-Vorsitzende entschuldigte sich gar beim US-Präsidenten für den Stein des Anstoßes – einen Film, der in den USA gar nicht ausgestrahlt worden war.

Darin hatte die BBC eine Trump-Rede so zusammengeschnitten, dass es wirkte, als habe der seine Anhänger 2021 zum Marsch aufs Kapitol aufgefordert. Und zum Kämpfen. Tatsächlich hatte er erst das eine und viel später in seiner Rede das andere gesagt. Kapitol und Kampf kamen an der Stelle nicht im selben Atemzug vor. Natürlich ist das ein journalistischer Bock.

Und die, die ohnehin bei jeder Gelegenheit gegen die Öffentlich-Rechtlichen austeilen, weil sie angeblich einseitig links seien, lassen sich eine solche Vorlage nicht entgehen. Sie tun sich mit dem Wort „Manipulation“ in dem Fall leicht. Ob der Zusammenschnitt wirklich den Sinn dessen entstellt hat, was Trump in seiner hasserfüllten Rede insgesamt sagte, ist eine andere Frage. 20-mal habe er die Worte „fight“ oder „fighting“ benutzt, hat die FAS gezählt. Da schmilzt die vermeintliche Manipulation doch wieder zum Fehler zusammen.

ARD und ZDF könnten die Nächsten sein

Um die Frage, was tatsächlich passiert ist, geht es aber eh nicht erstrangig. Es wird einfach eine Gelegenheit genutzt, eine rechte medienpolitische Disruptionsagenda umzusetzen. Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit sind die Währungen von Medien. Sie zu beschädigen, ist das Ziel.

Für die deutschen Öffentlich-Rechtlichen besteht das sogenannte Learning nun darin, dass Trump in seinem Kampf gegen kritische Medien international expandiert. ARD und ZDF könnten – theoretisch – die Nächsten sein, die auf ein paar Milliarden verklagt werden. Vielleicht, weil Trump in einer Doku mal sinnentstellend übersetzt wurde. Oder weil ein Kinderchor ein satirisches Liedchen über ihn singt. Und dann? Man will sich nicht ausmalen, wie ein Intendant dann nach Canossa kriecht. Oder, noch schlimmer, wie ARD und ZDF in Schockstarre fallen, während rechte Antreiber die Gelegenheit zur großflächigen Kampagne nutzen.

Für die BBC und alle, die da noch kommen, gilt es vielmehr, das zu tun, was Trump in seiner Rede vielfach empfohlen hat: kämpfen. Aber nicht dass ein Missverständnis entsteht – kämpfen heißt in dem Fall nur: mit einer guten, transparenten Fehlerkultur. Vor allem aber mit geradem Rücken. Mit geradem Rücken steht sich’s besser.

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