Warum sind die Familienunternehmer zurückgerudert? Eine Kosten-Nutzen-Rechnung

Nun will der Lobbyverband „Die Familienunternehmer“ die AfD doch nicht mehr einladen. Was nach demokratischer Haltung klingt, ist doch eher ein Versuch der ganz ökonomischen Schadensbegrenzung


Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Verbandes der Familienunternehmer, muss neu rechnen: lieber doch nicht mit der AfD

Foto: Florian Gaertner/Imago Images


Am Ende war der Druck zu groß. Es sei ein Fehler gewesen, sich für Gespräche mit der AfD zu öffnen, teilte die Präsidentin Marie-Christine Ostermann jüngst nach einer Gremiensitzung ihres Lobbyverbands „Die Familienunternehmer“ mit. „Es ist das Gegenteil von dem passiert, was wir wollten“, so Ostermann weiter. Die Abgeordneten der AfD habe man deswegen eingeladen, um sie kritisieren zu können. Was nach demokratischer Haltung klingt, dürfte in erster Linie der Versuch der Schadensbegrenzung sein.

In den Tagen zuvor hatte es große Kritik an der Entscheidung des Verbands gegeben, das „Kontaktverbot“ zur AfD auf Bundesebene aufzuheben. „Die bürgerliche Kapitalseite bröckelt immer mehr“, warnte die Linken-Co-Vorsitzende Ines Schwerdtner. Auch der DGB, zahlreiche Initiativen sowie Politiker von SPD und CDU forderten zur Einhaltung der „Brandmauer“ auf.

Was war passiert? Der Verband der Familienunternehmer hat rund 6.500 Mitglieder – wer diese genau sind, ist unbekannt. Nach eigenen Angaben vertritt er die Interessen von etwa 180.000 Unternehmen, de facto vom Mittelstand bis zum Großkonzern. Ende November wurde bekannt, dass der Verband erstmals Vertreter der AfD zu einer Veranstaltung eingeladen hatte. Das Treffen fand im Oktober in den Berliner Räumen der Deutschen Bank statt.

Warum ist der Verband „Die Familienunternehmer“ zurückgerudert?

Die AfD wolle man fortan inhaltlich stellen, teilte die Verbandspräsidentin Ostermann nach dem Treffen mit. Sie fügte hinzu: „In unseren Landesbereichen hat es diese Art der ‚Brandmauer‘ noch nie gegeben.“

Was wie politische Entzauberung klingt, dürfte in der Praxis vor allem ein Arrangieren mit der AfD sein. Von Politikern und anderen Wirtschaftsvertretern wurde dies wohl auch so verstanden – was wiederum heftige Kritik und Austritte aus dem Verband hervorrief.

Dass der Verband nun letztlich doch zurückgerudert ist, hängt wohl auch damit zusammen, dass er die Reaktionen auf seine Entscheidung unterschätzt hatte. Dass eine Kosten-Nutzen-Rechnung den Ausschlag gegeben haben mag, deutet auch Dennis Radtke, der Bundesvorsitzende des CDU-Arbeitnehmer-Flügels, an. So scheine hier ein drohender Mitglieder- und Einnahmenverlust gewirkt zu haben, erklärte er gegenüber Medien.

Zwischen Brandmauer und AfD als nützlicher Kraft

Die Brandmauer hat also vorerst einigermaßen funktioniert – auch wenn Teile von eher lokal verankerten Branchen Offenheit signalisiert haben. Dass es künftig erneute Versuche des Einreißens seitens der Wirtschaft geben wird, ist wahrscheinlich. Der Verband „Die Familienunternehmer“ pendelt selbst seit der Gründung der AfD zwischen Annäherung und Abgrenzung hin und her.

Dass er sich nun gerade jetzt aus der Deckung wagte, ist letztlich ein nicht überraschendes, aber doch gefährliches Zeichen. Entscheidend wird sein, welche Kapitalfraktionen als Nächstes kippen – weil sie mit der Bundesregierung unter Friedrich Merz nicht mehr zufrieden sind und die AfD als nützliche Kraft betrachten. So, wie der Faschismus schon einmal als nützliche Kraft erachtet worden ist.

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