Warum Heidi Reichinnek Tim Drygala anzeigt: „Nicht jener Erste, jener mir Gewalt androht“

Der Juraprofessor Tim Drygala aus Leipzig sorgt mit einem gewaltverherrlichenden Posting für Aufsehen. Heidi Reichinnek erstattet Anzeige. Im Freitag-Interview erklärt sie ihre Beweggründe

Foto: Imago/Future Image


Der Leipziger Jurist Tim Drygala postete vor wenigen Wochen auf der Plattform X (ehemals Twitter) ein Foto der Linke-Fraktionschefin Heidi Reichinnek. Im dazugehörigen Text schreibt er von seiner Kühlschranktür, die schlecht schließe. „Man muss immer mit der Faust dagegenschlagen, damit sie richtig zu ist. Damit ich das nicht vergesse, habe ich mir jetzt einen kleinen Reminder gebastelt. Wirkt 1a“, kommentiert er das Bild der Politikerin.

Viele Nutzer der Plattform sehen dieses Posting als gewaltverherrlichend an und fordern arbeitsrechtliche Konsequenzen von der Universität Leipzig, wo Drygala lehrt. Die Linke-Politikerin hat den Jura-Professor nun angezeigt.

der Freitag: Frau Reichinnek, mit welcher Begründung haben Sie Anzeige gegen den Leipziger Juraprofessor Tim Drygala erstattet?

Heidi Reichinnek: Jeden Tag werden mehr als 700 Frauen Opfer von körperlicher Gewalt. Wer wirklich denkt, Gewalt gegen Frauen sei ein Witz, legt genau dafür die Basis. Entsprechend werde ich eine solche Äußerung nicht einfach stehen lassen, sondern habe Anzeige erstattet.

Laut Medienberichten würde er Sie in seinem gelöschten X-Post nicht als Frau angreifen. Es ginge um Sie als Person und nicht um Frauen. Sie würden den Sozialismus wieder einführen wollen, so seine Begründung. Warum ist das, was Herr Drygala schreibt, Ihrer Meinung nach frauenfeindlich und gewaltverherrlichend?

Der Post spricht für sich selbst. Für Herrn Drygala ist die Vorstellung, mir ins Gesicht zu schlagen, ein Witz. Ich halte es für unerträglich, dass junge Frauen bei so einem Professor Veranstaltungen besuchen müssen.

Was haben Sie gedacht, als Sie das erste Mal das X-Posting gesehen haben?

Er ist ja nicht der Erste, der mir online Gewalt androht. Er wird auch nicht der Letzte bleiben. Da muss sich Herr Drygala auch gar nicht besonders fühlen. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Andere, gerade ehrenamtlich Aktive, haben nicht die Kraft und die Ressourcen, sich zu wehren. Ich schon.

In einem weiteren X-Post schreibt Tim Drygala: „Na, dann mal auf in den Meinungskampf“. Freuen Sie sich auch schon auf die juristische Auseinandersetzung darüber, inwiefern sein Posting von der Meinungsfreiheit gedeckt sein könnte?

Ich freue mich, wenn wir nicht mehr darüber diskutieren müssen, ob Gewaltandrohungen ein Witz sind oder nicht. Und ich würde mir wünschen, dass die Tatsache, dass 12.000 Frauenhausplätze fehlen, Beratungsstellen für gewaltbetroffene Frauen am Limit sind und es zu wenig Täterarbeit gibt, genauso viel Aufmerksamkeit bekommt wie dieser Post.

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