Warum baut Kalifornien nicht mit Backstein?

Wer auf Videos gesehen hat, wie die Häuser in Los Angeles brennen, fragt sich, ob sie nicht aus robusterem Material gebaut werden könnten. In den Vereinigten Staaten werden etwa 90 Prozent aller Häuser aus Holz errichtet; in Deutschland sind es rund zehn Prozent. Die Bilder des zerstörten Stadtteils Pacific Palisades zeigen überdies, wie in vielen der niedergebrannten Gebäude allein die steinernen Kamine stehengeblieben sind, weil sie dem Feuer standhalten konnten. Wären Häuser aus Backstein oder Beton nicht sicherer?

Die Antwort des Brandexperten Matthew Hoehler lautet: Nein. Denn im Bundesstaat sind andere Gefahren ebenfalls zu berücksichtigen. Dazu zählen vor allem die Erdbeben. Kalifornien ist eine Region mit hoher Erdbebengefahr. Ziegelgebäude stürzen leichter ein, wenn die Erde bebt, so der Leiter der Brandforschung am National Institute of Standards and Technology. Rund 500 Erdbeben im Jahr oberhalb der Fühlbarkeitsschwelle erlebt der Bundesstaat im Jahr, dazu kommen nach Angaben des Geologischen Instituts der Vereinigten Staaten Tausende kleinere Erschütterungen, die man kaum spürt. Der Freitagmorgen lieferte den zeitnahen Beleg, als Gebäude in der Nähe des Zoos von San Francisco zu rütteln begannen.

Erdbebensicher: Kalifornien fördert die Renovierung mit Finanzhilfen

Backsteinhäuser brechen bei starken Erschütterungen nicht nur leichter zusammen als die flexibleren Holzhäuser. Beim Einsturz können die Ziegelsteine wie Geschosse durch die Gegend fliegen, wie Augenzeugen eines Bebens in Long Beach berichteten. Infolge von schweren und mittelschweren lokalen Erdbeben haben alle großen kalifornischen Städte Verordnungen erlassen, die Hausbesitzer zwingen, ihre Backsteinhäuser erdbebensicher zu machen. Vorreiter war dabei die Stadt Los Angeles (LA). Der Bundesstaat Kalifornien fördert die Renovierung mit Finanzhilfen. Trotzdem wurden viele Backsteinhäuser abgerissen, den Eigentümern war die Nachrüstung zu teuer. Neue werden wegen lokaler Bauauflagen kaum noch gebaut, inzwischen ist es auch schwer, Maurer für die Arbeit zu finden.

Wirtschaftliche Überlegungen spielen bei der Wahl der Baumaterialien allerdings die wichtigste Rolle. Bauingenieur William McLain, Partner der Bauplanungsfirma Ehlert Bryant, bringt es auf den Punkt: „Holz ist preiswerter, es geht schneller, und die USA verfügen über eine gewaltige Holzindustrie.“ Dazu kommt, dass Holzgebäude bis zu sechsmal besser wärmeisoliert sind als Ziegel- und 15-mal besser als Betonbauten.

Darüber hinaus zeigt die Brandforschung, dass das Baumaterial der Wände nicht ganz so entscheidend ist wie vielfach gedacht. Wichtiger sind die Dächer, wie Brandforscher Hoehler verdeutlicht. Das gilt vor allem bei Funkenflug. Speziell für Regionen, in denen Waldbrände Behausungen gefährden, empfiehlt das National Institute of Standards and Technology Dächer der Feuerschutzklasse A: Dächer aus Metall, aus Beton-, Ton- oder Schieferziegeln und aus Glasfaser-Asphalt-Schindeln.

Starke Winde erschweren Abwendung von Bränden

Allerdings lernen die Brandforscher gerade auch, dass unter den Bedingungen, die bei den Bränden in Pacific Palisades und Altadena herrschen, die konventionellen Empfehlungen zur Abwendung von Bränden unzureichend sind und selbst stabile Mauern dem Druck nicht standgehalten hätten.

Brandforscher Faraz Hedayati beschreibt das auf LinkedIn. Er hat in den vergangenen drei Jahren getestet, was passiert, wenn starke Winde wehen. Dafür hat er einen Schuppen in Brand gesetzt. Sechs Meter entfernt stand ein Wohngebäude. Gewöhnlich unterstellen die Brandforscher eine Windgeschwindigkeit von knapp 50 Stundenkilometern. Hedayati verdoppelte die Windgeschwindigkeit für seine Tests. Eines seiner Ergebnisse war, dass selbst Fenster mit Doppelverglasung, die von Brandexperten empfohlen worden waren, nachgaben. So drangen die Flammen ins Wohngebäude ein und verrichteten ihr zerstörerisches Werk.

Im zu großen Teilen mittlerweile niedergebrannten LA-County Altadena wurden für die trockenen Fallwinde, die im Großen Becken zwischen den Rocky Mountains und der Sierra Nevada entstehen, Geschwindigkeiten zwischen 100 und 110 Stundenkilometern gemessen. Hedaytis Fazit: Die meisten modernen Baumaterialien sind nicht dafür ausgelegt, die doppelten Belastungen durch extreme Hitze und mechanische Beanspruchung gleichzeitig auszuhalten. Aus seiner Sicht bleibt nichts anderes übrig, bei einem Neuaufbau den Abstand zwischen Gebäuden zu erhöhen.

ArbeitBaumaterialBetonDeutschlandErdbebenFliegenHausbauHäuserHolzKalifornienKamineLernenLinkedInLos AngelesMANMaurerSan FranciscoSelbstStädteUSAWahlWaldbrändeWeilWilliamYouTube