Warum Aquakulturen aus Seegurken unsrige Ökosysteme im Meer sichern könnten

Ihr Vermögen wächst im Ozean. Im Schein des Vollmondes geht Evelyne Razdwamalala zum Strand, durch dasjenige Hüttenlabyrinth von Ambolomailaka im Südwesten Madagaskars. Auf dem Kopf balanciert sie zusammenführen leeren Plastikbottich. „15 Monate nach sich ziehen wir uff selbige Nacht gewartet“, sagt sie. So stark dauert es, solange bis die Seegurken in ihren Gehegen die volle Größe erreicht nach sich ziehen. „Mit dem Geld, dass ich jetzt verdiene, kann ich endlich wieder Schulgebühren pro meine Kinder und Enkel zahlen.“ Am Strand wartet sie mit den anderen Frauen darauf, dass sich dasjenige Meer zurückzieht. Immer schwerer werde es pro die Familien, mit dem Fischen alleinig genug zu erzielen, sagt sie, immer weniger Fische gebe es. Aber die Zucht welcher Seegurken, eines mit Seestern und Seeigel verwandten Meerestieres, soll dasjenige Überleben ihrer Familie sichern.

Die Serie „Blue New Deal“ ist ein Projekt von drei freien ReporterInnen – Svenja Beller, Julia Lauter und Martin Theis – und einem Fotografen, Fabian Weiss. Im Freitag werden sie ein Jahr weit nachher Lösungen suchen, die sowohl die Ozeane schützen denn beiläufig deren Potenzial nutzen, die Erderwärmung zu stoppen.

Alle Artikel zur Serie finden Sie unter freitag.de/blue-new-deal

Das Projekt wird vom European Journalism Centre (EJC) gut den Solutions Journalism Accelerator finanziert. Dieser Fonds wird von welcher Bill & Melinda Gates Foundation unterstützt. Alle Reisen werden kompensiert.

Farmen im Meer sollen weltweit drängende Probleme losmachen: Mit Artensterben und Klimawandel nimmt die Biomasse im Ozean ab, außerdem sind rund ein Drittel welcher kommerziell genutzten Fischarten überfischt, 57 Prozent stillstehen an welcher Grenze dazu. Das Schwinden welcher Wildbestände bedroht Ökosysteme genauso wie dasjenige Einkommen von Millionen von Fischerfamilien. Gleichzeitig steigt die Nachfrage. Die Weltbevölkerung wächst – und seitdem den 1960er Jahren hat sich welcher Fischkonsum pro Kopf verdoppelt. Aquakulturen sind deswegen welcher am schnellsten wachsende Lebensmittelsektor weltweit. Mittlerweile kommt jeder zweite Fisch uff unseren Tellern aus welcher Zucht. Dabei werden mit Monokulturen, dem Einsatz von Chemikalien und Ausbeutung meist die Fehler welcher Landnutzung wiederholt. In Madagaskar soll unbedingt eine Aquakultur mit Seegurken den Weg in eine bessere Zukunft weisen.

Die Frauen stillstehen uff und pochen sich den Sand von den Kleidern. Mit schwimmenden Bottichen waten sie ins dunkle Meer hinaus. Vor ihnen liegen 16 Felder, je 4.500 Quadratmeter weithin, nicht angeschlossen durch Zäune unter Wasser. In gleichmäßigen Abständen ragen Hochsitze empor. „Wir zu tun sein die Seegurken Tag und Nacht schützen“, sagt Evelyne Razdwamalala. Immer wieder purzeln bewaffnete Banden aus dem Landesinneren gut die Küstendörfer her. Bei einem Raubzug vor einigen Monaten wurden ihr Vater und zwei ihrer Brüder durch Schüsse getötet. Seitdem trägt sie noch mehr Verantwortung pro die Großfamilie. Betet noch ein paarmal zu Jesus Christus. Ob ihr Einkommen wegbricht oder stabil bleibt, entscheidet gut die Lebensläufe welcher nächsten Generation.

Ein Kilo getrocknete Seegurken kann in Asien solange bis zu 1.500 Euro erwerben

Ob sie schonmal eine Seegurke gegessen hat? Evelyne Razdwamalala lacht: „Nein, dasjenige ist nichts pro uns. Wir wissen nicht einmal, wie man die zubereitet.“ Der Katalog bekannter Seegurken umfasst gut 1.700 Varianten unterschiedlichster Erscheinung. Meist andererseits sind sie zumindest in Größe und Form einer Gurke nicht unähnlich. Sie nach sich ziehen kein Skelett, ihre Organe sind umgeben von einem Hautmuskelschlauch sowie besonderem Bindegewebe, dasjenige zwischen strikt und weich schillern kann. Manche Arten leben am Grund welcher Tiefsee, andere in Küstenregionen. Nur wenige gelten denn genießbar. Vor Madagaskar ist die gräuliche Holothuria scabra heimisch, die in den tropischen Breiten des Pazifischen Ozeans vorkommt und dasjenige Pech hat, in Asien denn Delikatesse zu gelten.

Seegurken in ihrer ganzen Pracht

Foto: Fabian Weiss

Evelyne und die anderen madagassischen Aquafarmer hier funktionieren im Auftrag welcher Firma Indian Ocean Trepang (IOT). Trepang ist dasjenige indonesische Wort pro eine getrocknete Seegurke, wie sie in Asien rehydriert und in Suppen serviert wird. Es verweist uff eine stark Handelstradition: Im 18. Jahrhundert war die indonesische Insel Sulawesi welcher größte Umschlagsplatz pro Seegurken, die hauptsächlich nachher China verschifft wurden. Bei Westlern löste die gallertartige Speise stets Unverständnis aus. Der britische Naturforscher Alfred Russel Wallace etwa beschrieb sie dem Aussehen nachher denn „in Schlamm gewälzte und anschließend den Kamin hinuntergeworfene Würstchen.“ Doch ein Kilo getrocknete Seegurken kann in Asien, je nachher Art und Qualität, um die 1.500 Euro erwerben. Laut IOT werden die Exemplare welcher Zucht zwischen 400 und 700 Euro pro Kilo gehandelt.

Das Wasser steht Evelyne Razdwamalala solange bis zur Schulter, denn sie zu suchen beginnt. In den Gehegen wurden 3.500 Seegurken ausgesetzt, jede braucht irgendwas gut zusammenführen Quadratmeter Platz. Tagsgut graben die Tiere sich in den Sand, abends kommen sie wieder zum Vorschein. Mit den bloßen Füßen tasten die Frauen den Grund ab. „Mein Vater hat mit wilden Seegurken früher viel Geld verdient“, sagt Razdwamalala. „Wir nach sich ziehen sie gefangen und an französische Händler verkauft.“ Mit etwa neun Jahren habe sie die Schule verlassen und sei ihm zum Fischen gefolgt. Das Meer versprach eine Zukunft, solange bis die Seegurken weitestgehend verschwunden waren. Mit ihnen verschwanden beiläufig die Händler.

Sie kneift die Augen zu und taucht ab. Mit einer wasserspuckenden Seegurke – so weit wie ihr Unterarm – kommt sie wieder an die Oberfläche. Ein Tier nachher dem anderen landet in den Bottichen welcher Frauen. Morgen werden die Männer mit ihren Einbäumen uff dasjenige Feld hinausfahren und nachher den verbliebenen Seegurken tauchen. Zusammen werden sie die ausweiden, abkochen und schrubben, vorweg IOT sie abholt. Den Gewinn teilen die 45 Mitglieder welcher Kooperative von Ambolomailaka untereinander uff. Der letzte Zyklus habe ihr 150.000 madagassische Ariary eingebracht, sagt Evelyne Razdwamalala. Das sind etwa 30 Euro – genug, um ein Kind ein Jahr weit zur Schule zu schicken.

In Ambolomailaky gibt es eine Seegurken-Kooperative mit 45 Mitgliedern

Foto: Fabian Weiss

Entlang welcher Seeküste südlich welcher Stadt Toliara sind schon 570 Familien aus sechs Dörfern involviert. Die Firma IOT hat dort Unterwassergehege uff 670.000 Quadratmetern gebaut, setzt die Jungtiere darin aus und kauft den Einheimischen die erwachsenen Seegurken wieder ab. In einer Fabrik werden sie getrocknet, pro den Export nachher Hongkong und Singapur verpackt, von dort aus in ganz Asien verkauft. Sie gelten denn Superfood, sollen Krebs stoppen, für Bluthochdruck helfen und – ja – beiläufig die Potenz steigern. Weil sogar ein Fünfjähriger selbige Tiere fangen könnte, sind die begehrten Arten beinahe ausgerottet – wie die Holothuria scabra vor Madagaskar.

Damit die Art andererseits leben kann, muss manches Männchen sterben. In einer zum Labor umfunktionierten Militärstation in Toliara entnimmt ein IOT-Mitarbeiter Gewebeproben welcher Exemplare, die sich vor ihm in einem Becken winden. Gelbes Gewebe heißt weiblich, weißes heißt männlich. Fünf Männchen werden aufgeschnitten, ihre Samen mit einer Spritze abgesaugt. In einem Wasserbecken werden die Brutweibchen dann wechselnden Temperaturen ausgesetzt. Diese Simulation einer Lebensgefahr triggert ein uraltes Programm: Die Weibchen bäumen sich uff wie pummelige Kobras. Aus welcher Leck am Kopfende gefeuert sie nun ihre Eier, um im Falle ihres Ablebens die Population zu sichern. Im Wasser werden selbige von den beigemischten Samen befruchtet.

„Willkommen in welcher Brutstation“, sagt Loïc Gaumez, Produktionsmanager von IOT. Der 28-jährige Franzose führt uns durch die Hallen, in denen die Tiere in mehreren Becken verschiedene Lebensstadien iterieren, von welcher Larve zum Embryo, dann zum Jungtier. Aufgezogen werden die Seegurken hier mit leuchtend grünen Flüssigkeiten – frischem Meerwasser mit speziell gezüchteten Mikroalgen aus dem Labor. Das Verfahren welcher künstlichen Fortpflanzung und Aufzucht hätten Meeresbiologen von welcher Universität Toliara in Zusammenarbeit mit zwei belgischen Universitäten entwickelt, sagt Gaumez. Heute kämen Wissenschaftler und Unternehmer aus aller Welt, um von IOT zu lernen. In China, Indonesien oder Sri Lanka wollen sie – mit jeweils heimischen Arten – Brütereien nachher madagassischem Vorbild etablieren.

Die Brutstation welcher Firma Indian Ocean Trepang (IOT)

Foto: Fabian Weiss

Loïc Gaumez hat Meeresbiologie in Frankreich studiert und schreibt hier seine Doktorarbeit gut Seegurken. Er sagt, er sei von ihnen fasziniert. Davon, wie sie sich fortpflanzen in ihrer Kobraposition, in welcher in freier Wildbahn beiläufig Männchen ihre Samen sezernieren. Von ihrer Treibfähigkeit, dank welcher sie die Strömung nutzen. Davon, wie sie vor dem Hintergrund eines Fressfeindes ihre Innereien ausspucken, quasi zum Verzehr andienen – und wie die Organe dann im Falle ihres Überlebens nachwachsen. Einst kam Gaumez pro ein Praktikum zu IOT. Dann blieb er, überzeugt. „Die pflegeleichten Seegurken eignen sich hervorragend pro die Zucht“, sagt er. „Und welcher soziale Nutzen ist in dieser Dimension singulär.“

Im Außenbereich welcher Brüterei liegen Pools, so weit dasjenige Auge reicht. Hier werden die Embryos zu Jungtieren herangezogen. Gaumez greift in ein Becken und holt eine Seegurke hervor, etwa so weit wie sein dicker Teppich Finger. „Wenn sie dieses Stadium erreicht nach sich ziehen, sind sie griffbereit pro die Gehege“, sagt er. Jährlich verlassen 400.000 Tiere die Anlage. Etwa ein Viertel davon geht in die Dörfer, welcher Rest wird in welcher Farm von IOT ausgesetzt. Die Kriminalität in welcher Region sei momentan die größte Herausforderung: „Von den Dörfern bekommen wir etwa die Hälfte welcher Seegurken mündig zurück. Der Rest wird gestohlen.“ An einigen Gehegen habe die Polizei jetzt Stützpunkte möbliert, um die Wachen zu unterstützen.

Die Firmenfarm, in welcher professionelle Techniker und Taucher funktionieren, ist mit mehr denn zwei Quadratkilometern viermal so weithin wie die Felder welcher Dörfer zusammen. Dank ihr ist die Seegurkenzucht ein wirtschaftlicher Erfolg. „In 2024 werden wir die Produktionsflächen unserer Farm sowie welcher Dörfer nahezu verdoppeln“, sagt Gaumez. Das bedeutet 100 zusätzliche Mitarbeiter, zu den 200, die jetzt schon pro IOT funktionieren. In fünf Dörfern entstehen weitere Gehege uff rund 600.000 Quadratmetern, finanziert durch US-amerikanische Entwicklungshilfe. Dadurch können noch einmal rund 500 Familien von den Farmen profitieren. Die Seegurken sind damit, eine ganze Region zu verändern.

Studien zeigen: Seegurkenzucht hat keine negativen Folgen pro die Umwelt

Der Boom in Madagaskar entspricht einem weltweiten Trend. In den vergangenen drei Jahrzehnten ist die Produktion von Meeres- und Süßwasserfarmen jährlich im Schnitt 6,7 Prozent gewachsen. In 2021 lieferten sie rund 91 Millionen Tonnen Tiere – die meisten davon Fische – und 35 Millionen Tonnen Algen. Auch wenn die Wachstumsrate langsam sinkt: Bis zum Jahr 2050 könnten zehn Milliarden Menschen uff welcher Erde leben, sie zu ernähren wird ohne weitere Meeresfarmen nicht möglich sein. Eine Studie in welcher Wissenschaftszeitschrift Nature kam zu dem Ergebnis, dass welcher gesamte heutige Wildfang von Meerestieren uff nur 0,015 Prozent welcher globalen Ozeanfläche in Aquakulturen produziert werden könnte. Soweit die Theorie.

In welcher Praxis sind Aquakulturen ein schmutziges Geschäft.

Ein Großteil welcher Produktion nicht zutreffend uff Länder des Globalen Südens, gut 91 Prozent alleinig uff Asien. Lasche politische und juristische Rahmenbedingungen resultieren zur Ausbeutung von Arbeitskräften, Wasserverschmutzung, Verbreitung invasiver Spezies sowie Krankheiten und dem Verlust mariner Ökosysteme an Küsten – etwa, wenn Mangrovenwälder abgeholzt werden, um Platz pro Fischgehege zu schaffen. Ein Teil des verabreichten Futters verbleibt im Wasser, welches zur sogenannten „Eutrophierung“ führt, einer Anreicherung von Nährstoffen, durch die manche Wasserpflanzen explosionsartig wachsen und anderen Organismen den Sauerstoff entziehen.

Der Meeresbiologe Gildas Todinanahary von welcher Universität Toliara im Südwesten Madagaskars arbeitet an alternativen Wegen, den Ozean zu nutzen. „Unsere Aquakulturen sind nicht die Ursache pro Umweltzerstörung“, sagt welcher 37-jährige. „Sie sind eine Art, ihr zu begegnen.“ Sein Institut pro Fischerei- und Meereswissenschaften hat die künstliche Befruchtung welcher Seegurken und ihre Aufzucht zu Jungtieren mitentwickelt und patentiert. Er nimmt uns in seinem Jeep mit Vierradantrieb mit, aus welcher Stadt die Seeküste vorwärts in Richtung Süden. Dorthin, wo dasjenige Verhältnis zwischen Mensch und Ozean neu ausgehandelt wird.

Gefährdete Lebensräume sichern

Todinanahary hat dasjenige Meer uff unzähligen Tauchgängen erkundet. Er sagt, er vermisse die atemberaubende Unterwasserwelt, seitdem er den wissenschaftlichen Nachwuchs in Toliara uff die Feldforschung vorbereite, statt selbst hinauszuziehen: „Madagaskar ist eines welcher artenreichsten Länder welcher Erde. Wir nach sich ziehen eine große Vielfalt mariner Ökosysteme, von Korallenriffen gut Mangrovenwälder und Seegraswiesen, solange bis hin zu Sumpfgebieten.“ Doch dasjenige Paradies ist bedroht. Erwärmung und Übersäuerung infolge des Klimawandels gefährden die Lebensräume. Großen Einfluss hätten andererseits beiläufig die Einheimischen: Etwa während sie den Urwald des Landes fällen, wodurch die Böden austrocknen und Flüsse immer mehr Sediment ins Meer waschen. Indem sie in empfindlichen Korallenriffen mit Harpunen nachher Fischen zur Strecke bringen. Und während sie dem Meer mehr Tiere schlussfolgern denn uff natürlichem Wege nachwachsen können.

Die Seegurke soll dasjenige ändern.

Bisherige Studien zu den Seegurken-Aquakulturen hätten keine negativen Umweltfolgen gezeigt. Mit weniger denn einem Tier pro Quadratmeter ist welcher Eingriff in dasjenige Natur minimal, die Beimischung von Chemikalien ist nicht nötig. Seegurken benötigen im Gehege kein Futter, so verschmutzen keine überschüssigen Nährstoffe im System. Die Tiere pflügen sich durch den Sand, schlucken ihn, ernähren sich von kleinen Organismen und zerfallenden Pflanzenresten darin, vorweg sie ihn gesäubert wieder ausscheiden. In marinen Ökosystemen gerecht werden sie eine wichtige Filterfunktion, essenziell pro dasjenige Überleben von Korallen. Die Seegraswiesen vorwärts welcher Seeküste sind dank welcher Aquakultur zu einem Schonraum geworden, in dem sich beiläufig andere Arten ansiedeln. „Ich glaube, es ist möglich, Ökosysteme mithilfe von Aquakulturen wiederzubeleben“, sagt Todinanahary.

Wir verbiegen uff eine Halbinsel und verkehren durch ein Sandbett. Dahinter liegt Sarodrano, wo welcher soziale Wandel seinen Anfang nahm. Das Dorf ist für Flut vom Meer umschlossen, Einbäume sind hier dasjenige einzige Fortbewegungsmittel. Die Einheimischen vom Fischervolk welcher Vezo leben mit dem Ozean wie mit welcher Luft, die sie Luft kriegen. Die Experimente mit Aquakultur begannen in den 1990er Jahren, denn die wilden Seegurken hier weitestgehend ausgerottet waren. Nachdem die Methoden pro Befruchtung und Aufzucht untermauert waren, überzeugten die Forschenden welcher Universität Toliara die Fischer von welcher Zusammenarbeit. Es blieb nicht für den Seegurken.

Das Dorf Sarodrano im Südwesten Madagaskars

Foto: Fabian Weiss

Auf Drahtgittern am Strand trocknen Rotalgen, pro deren Anbau es nicht mehr braucht denn Pflanzenteile an Leinen, leere Plastikflaschen denn Bojen und irgendwas Geduld. Das aus Algen gewonnene Bindemittel Carrageen findet weltweit in welcher Industrie Anwendung, etwa um Eiscreme oder Zahnpasta geschmeidig zu zeugen. Außerdem wurde in Sarodrano eine Korallenzucht aufgebaut, mit deren Zöglingen die Forschenden und die Einheimischen beschädigte Riffe vor welcher Seeküste renaturieren. So vermehren sie indirekt beiläufig die wilden Fischbestände. „Wenn wir wollen, dass Menschen die Umwelt verschonen, zu tun sein wir ihnen Alternativen andienen“, sagt Gildas Todinanahary. Das Kultivieren verschiedener Pflanzen und Tiere in unmittelbarer Nähe zueinander sei ein zukunftsweisendes Prinzip: „Wir nennen es Polykultur. Dabei nehmen wir uns die Nährstoffkreisläufe welcher Natur zum Vorbild.“

Die Arten einer Polykultur sollten in welcher Gegend natürlich vorkommen – und uff unterschiedlichen Stufen welcher Nahrungskette stillstehen. „Algen wachsen durch Fotosynthese, Teile welcher Pflanze sinken zu Boden und zerfallen im Sediment, wo sie zum Futter pro Seegurken werden“, erklärt Todinanahary. „Die Fische wiederum ernähren sich unter anderem von Algen.“ Studien zeigen, dass Seegurken größer werden, wenn sie in welcher Nähe von Algen leben. Umgekehrt wirkt sich die verbesserte Wasserqualität durch Seegurken positiv uff dasjenige Wachstum von Algen aus. Und mehr Algen bedeuten mehr Fischfutter – demgemäß mehr Fische. Eine Win-win-win-Situation. Todinanahary betont, dasjenige sei die vereinfachte Darstellung eines hochkomplexen Systems: Die Forschung zu den zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten, mit Muscheln, Schalentieren und Fischkäfigen, stehe noch am Anfang. Im Dorf andererseits entfaltet die Polykultur schon ihre Wirkung.

Der Ozean ermöglicht den nächsten Generationen sozialen Aufstieg

Der Meeresbiologe begrüßt den Vorsitzenden des hiesigen Seegurkenkollektivs per Handschlag. Tesiraely Tovo ist Farmer, Fischer und welcher katholische Priester des Ortes, welcher sich seine Predigten uff langen Fahrten gut dasjenige Meer überlegt. „Zunächst waren die Leute skeptisch oppositionell welcher Aquakultur mit Seegurken“, erinnert er sich. „Sie hatten Angst, weil die Gehege leichtgewichtig ausgeraubt werden können.“ Weil es jedoch immer weniger Fische gab, stimmte so mancher zu. Mit dem ersten Geld wichen die letzten Zweifel: „Wir können unsrige Hütten aus Wellblech oder Stein zusammensetzen statt aus Palmblättern. Unsere Kinder in Betracht kommen länger zur Schule und wenn sie leiden sind, können wir uns die Medizin leisten.“ Heute könnte dasjenige Kollektiv weder noch mehr jedweder Interessenten einbeziehen, welches mitunter zu Konflikten führe.

Im Schatten welcher Palmen vor welcher Wellblechhütte fläzen Tovos 17-jähriger Sohn Filgance und die 10-jährige Tochter Françoise. Mutter Lizy knotet kleine Teile von Rotalgen an eine Leine, die sie später im Meer aufziehen wird. Mit dem letzten Seegurkenfang nach sich ziehen sie dank welcher Größe ihrer Felder zumindest 500.000 Ariary verdient, etwa 100 Euro. „Der Nachteil ist die stark Wartezeit, solange bis die Seegurken mündig sind und wir Geld bekommen“, sagt sie. „Doch dank welcher Aquakultur ist es pro uns leichter geworden, irgendwas zu leihen.“ Die Leute wüssten, dass die Familie dasjenige Geld irgendwann zurückzahlen kann. So zu tun sein die Kinder welcher Farmer nicht wie früher die Schule unterbrechen, wenn gut ein paar Wochen hinweg weniger Fische ins Netz in Betracht kommen. Die Algen, die von verarbeitenden Unternehmen eingekauft werden, helfen zusätzlich, dasjenige Einkommen zu stabilisieren.

Ihre Kinder hält dasjenige Ehepaar von welcher Arbeit weg. „Das Leben welcher Fischer und Farmer ist strikt“, sagt sie. „Unsere Kinder sollen irgendwas anderes lernen.“ In einem Alter, in dem die Vorfahren längst mitverdienen mussten, geht welcher 17-jährige Filgance uff die höhere Schule im nahen Saint Augustin und schreibt die besten Noten seiner Klasse. Er sagt, er wolle später Polizeichef werden. Seine kleine Schwester kann sich ein Leben denn Hebamme vorstellen. Der älteste Sohn welcher Familie hat die Schule schon dicht und arbeitet im Hotel des Nachbarortes. Die Aquakulturen markieren eine Zäsur in welcher Geschichte welcher Vezo: Weil welcher Ozean den nächsten Generationen zusammenführen sozialen Aufstieg ermöglicht, ist die Arbeit mit dem Meer nur noch eine Option unter vielen.

Seegurkenzüchterin Evelyne Razdwamalala und welcher welcher katholische Priester Tesiraely Tovo

Foto: Fabian Weiss

Die Forschung an neuen Formen von Aquakulturen läuft weltweit uff Hochtouren. Das Prinzip Polykultur ist etwa die Basis pro die „Integrierte Multitrophe Aquakultur“ (IMTA), für welcher solange bis zu vier Arten uff unterschiedlichen Stufen welcher Nahrungskette kultiviert werden. Dabei werden gefütterte Arten wie Fische oder Shrimps mit filternden Arten wie Muscheln, Seegurken oder Makroalgen zusammengehalten, welche die Ausscheidungen welcher gefütterten Art einbeziehen. In Laboren gelingt so schon eine nahezu optimale Nutzung hinzugefügter Nährstoffe, ohne dass Rückstände dem Natur schaden oder toxisches Abwasser produzieren. Die IMTA eignet sich vor allem pro kleinbäuerliche Betriebe wie in Sarodrano und könnte Familien im Globalen Süden helfen, sich aus welcher Armut zu entlasten.

Die gesellschaftlichen Hürden scheinen damit ungleich höher denn die technischen: „Der Ozean wird denn Allgemeingut verstanden“, sagt Gildas Todinanahary. „Es ist schwergewichtig, bestimmte Bereiche pro Aquakulturen zu reservieren und pro Fischerei zu zeitweilig ausschließen.“ Die neue Praxis stünde oft jahrhundertealten Traditionen entgegen und es fehle an rechtlichen Grundlagen. Um ein neues Bewusstsein zu schaffen, müssten Wissenschaft, Politik und die beteiligten Gemeinschaften innig zusammenarbeiten. „Es ist höchste Zeit, dass die internationale Gemeinschaft handelt, anstatt nur zu reden“, sagt er. „Sie sollte mehr in lokale Projekte investieren. Dort werden Lösungen pro globale Probleme entwickelt.“

Auf dem Rückweg in die Stadt liegt die Forschungsstation seines Instituts. Derzeit wird sie renoviert, die Pools und Aquarien stillstehen leer. Hier begannen einst die Versuche mit den Seegurken. Und von hier aus will Gildas Todinanahary sein Wissen ab diesem Jahr in die Welt hinaus tragen: Fünf Jahre hintereinander werden je 20 Stipendiaten aus dem Globalen Süden hier lernen, wie sie in ihren Heimatländern Zuchten von Seegurken, Algen, Korallen und anderen Arten etablieren können. Wie sich Ökosysteme dank Polykulturen regenerieren. Und wie die Dorfbevölkerung an den Küsten neue Wege in Betracht kommen kann.

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