Wahlkampfthema Bildung: Das Land geht tatsächlich den Bach runter – in seinen Schulen

Englischunterricht nur alle zwei Wochen, insgesamt habe ihr Sohn in seiner 6. Klasse nur 20 Wochenstunden in allen Fächern: Was die Wählerin in einer TV-Debatte in Thüringen vor den Wahlen erzählte, das konnte fast jeder der versammelten Landespolitiker authentisch mit eigenen Erfahrungen ergänzen: Die Tochter von Katja Wolf (BSW) hatte in ganzen sechs Fächern von Naturwissenschaften bis Musik wegen Unterrichtsausfalls und Lehrermangels keine Note auf dem Zeugnis. Bei Thomas Kemmerichs (FDP) Jüngstem waren es zuletzt 50 Prozent Unterrichtsausfall über drei Wochen hinweg. Mario Voigt erlebt all das ebenfalls als Vater von zwei schulpflichtigen Kindern, der CDU-Spitzenkandidat wusste außerdem von einer Schule zu berichten, die jüngst einen kompletten Tag ausfiel, weil es an Personal fehlte.

Nur vier Schulstunden täglich in der 9. Klasse!

Ja, die Themen Ukraine-Krieg und Migration waren in diesen Wahlkämpfen Megathemen. Doch was fast allen Menschen von Bad Muskau bis Sonneberg alltäglich unter den Nägeln brennt, ist die Bildungspolitik.

Kein Wunder – die Schule ist eine der letzten Institutionen, in der Menschen aus so gut wie allen unterschiedlichen Milieus und Lebenslagen aufeinandertreffen und mit der alle zu tun haben, ob als Schülerinnen, als Eltern, Großeltern oder Lehrer. Und betrachtet man nur diese Institution, ist der Eindruck, diese Republik gehe gerade den Bach runter, kaum mehr von der Hand zu weisen. Gerade einmal noch vier Schulstunden täglich habe ihre Tochter in der 9. Klasse, sagte eine weitere Wählerin in jener TV-Debatte – und der Corona-Ausfall sei ja noch nicht mal aufgearbeitet!

Die tabuisierten Folgen der Corona-Politik

Das berührt einen wunden und tabuisierten Punkt: Ein Land, das seine Schulen über Monate hinweg schließt und die Kinder meist sich selbst überlässt – ist das ein Land, das auf Bildung und Nachwuchs Wert legt? Liegt womöglich in der Corona-Politik eine Antwort auf die Frage, warum dieser Nachwuchs heute in so großer Zahl mit Stimmabgabe für die AfD auf sich aufmerksam zu machen versucht?

Die unterbesetzten Schul-Bruchbuden der Gegenwart zu Lernpalästen mit ausreichend Personal zu machen, solcherlei Regierungspolitik könnte in Bad Muskau und Sonneberg genauso belohnt werden wie in Berlin-Kreuzberg. Denn dieses Problem betrifft alle, ob in der Großstadt oder auf dem Dorf.

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