Der Strafprozess gegen Martin Winterkorn endet vorerst wegen gesundheitlicher Probleme des Angeklagten. Die am 3. September 2024 begonnene Hauptverhandlung wird ausgesetzt, alle schon geplanten Fortsetzungstermine sind aufgehoben, teilte das Landgericht Braunschweig am Dienstagmittag mit.
Die zuständige 16. Strafkammer begründete ihre Entscheidung mit einem medizinischen Sachverständigengutachten zur Reise- und Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten. Laut Gutachten ist Winterkorn aus gesundheitlichen Gründen „mindestens in den nächsten Monaten“ nicht in der Lage, an den Gerichtsverhandlungen in Braunschweig teilzunehmen.
Winterkorn befindet sich nach einem Unfall in seiner Münchener Villa derzeit in stationärer Behandlung. Die Möglichkeit einer Videoverhandlung, an der er aus der Ferne teilnehmen könne, sieht die deutsche Strafprozessordnung nicht vor. Auf Nachfrage wollte ein Sprecher von Winterkorn die aktuelle Entwicklung nicht kommentieren.
Wird der Prozess für Anfang 2025 neu angesetzt?
Die Hauptverhandlung könne deshalb nicht binnen der gesetzlich vorgeschriebenen Unterbrechungsfrist fortgesetzt werden, betonte das Gericht. Ursprünglich waren 90 Verhandlungstage mit zahlreichen Zeugenaussagen angesetzt. Die 16. Strafkammer prüft nun, ob eine Neuansetzung im ersten Quartal 2025 möglich ist, hieß es weiter in einer Erklärung.
Nach nur wenigen Tagen steht so das lang erwartete Strafverfahren im Abgasskandal von Volkswagen gegen den früheren Konzernchef Martin Winterkorn vor dem Neuanfang. In Braunschweig musste sich der mittlerweile 77 Jahre alte Winterkorn wegen des Vorwurfs des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs, der Markmanipulation sowie der Falschaussage verantworten. Winterkorns Verteidiger hatten im Prozess erklärt, ihr Mandat habe nicht betrogen und niemanden geschädigt. Im Falle einer Verurteilung drohen Winterkorn mehrere Jahre Gefängnis.
Ursprünglich hätte Winterkorn schon von September 2021 neben weiteren VW-Managern im ersten Diesel-Strafprozess in Braunschweig auf der Anklagebank Platz nehmen sollen. Aufgrund mehrerer Hüftoperationen wurde sein Verfahrensteil aber abgetrennt.
Im Abgasskandal der deutschen Automobilindustrie gibt es somit weiterhin nur ein Urteil des Landgerichts München II, unter anderem gegen Rupert Stadler, den früheren Vorstandsvorsitzenden von Audi. Das Urteil ist aber nicht rechtskräftig, es ist eine Revision beim Bundesgerichtshof anhängig.