VW-Betriebsratschefin: „Das ist eine Bankrotterklärung“

Seit der Vorstand des Volkswagen-Konzerns am Montag seine verschärften Sparpläne vorgestellt hat, ist die Welt in Wolfsburg nicht mehr dieselbe. Als Reaktion auf die Krise droht VW auch in Deutschland mit Werksschließungen. Entlassungen im großen Stil sind nicht mehr ausgeschlossen. Auf einer Betriebsversammlung im VW-Stammwerk schlug die Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo jetzt vor mehreren Tausend Beschäftigten verbal zurück.

„Das ist Ihre Antwort auf die Krise? Ist das alles, was Ihnen einfällt?“, rief sie den versammelten Vorständen auf dem Podium in Halle 11 zu. „Ich sag Ihnen mal, was das ist: Das ist nicht nur ein Armutszeugnis. Das ist eine Bankrotterklärung.“ Cavallo warf dem Management vor, die Misere durch falsche Produktentscheidungen, chaotische Abläufe und Fehler in der Technologieentwicklung selbst verursacht zu haben.

In ihrer Rede schlug sie einen Bogen bis zur Dieselkrise und warnte davor, dass in Städten mit VW-Werken bald wieder das Geld für Schulen, Museen und Kultureinrichtungen fehlt, wenn Steuern des Konzerns wegbrechen. In der jetzigen Krise gehe es daher nicht nur um die 120.000 Beschäftigten der Volkswagen AG, sagte Cavallo. „Es geht um unsere Verantwortung als Standortregionen. Es geht um Niedersachsen. Es geht um Deutschland.“

Seit der Corona-Krise ging die Nachfrage zurück

Das Management hielt mit deutlichen Worten dagegen und verwies auf die schwache Nachfrage in Europa. Verglichen mit dem Absatz der Branche vor Corona von rund 16 Millionen Autos im Jahr fehlten den Herstellern auf dem Kontinent in Zukunft etwa 2 Millionen Fahrzeuge in den Fabriken, rechnete Finanzvorstand Arno Antlitz vor. Allein für den VW-Konzern errechne sich eine Lücke in den Verkäufen von rund 500.000 Autos, das Produktionsvolumen für etwa zwei Werke.

Vor allem in der renditeschwachen Stammmarke VW könne es nicht weitergehen wie bisher. „Wir geben in der Marke seit geraumer Zeit schon mehr Geld aus, als wir einnehmen. Das geht nicht gut auf die Dauer! Wenn wir so weiter machen, schaffen wir die Transformation nicht“, warnte der Manager. Markenchef Thomas Schäfer sagte, VW habe „Top-Produkte in der Pipeline“ und wolle sie jetzt erfolgreich im Markt positionieren. „Dafür brauchen wir jetzt Geld, um kräftig zu investieren“, begründete er den immer schärferen Sparkurs.

Cavallo warf dem Management vor, mit einer falschen Preispolitik hunderte Millionen Euro verpulvert zu haben. Es fehlten günstige Elektroautos und auch Hybride, die derzeit gut nachgefragt würden, hatte sie schon vor Tagen gewarnt. Nachdem die Software-Entwicklung über Jahre für immer neue Verspätungen gesorgt habe, investiere VW jetzt 5 Milliarden Euro in eine Technologiepartnerschaft mit dem US-Anbieter Rivian. „Können wir sicher sein, dass das nicht das nächste Milliardengrab ist?“, rief sie in Richtung der Vorstände.

Belegschaft soll nicht unter Fehlentscheidungen leiden

Der Betriebsrat teile die Einschätzung, „dass wir hier vor heftigen Problemen stehen“. Einschnitte in den Tarifverträgen und ein Ende der Beschäftigungssicherung seien aber der falsche Weg. „Mit mir, Daniela Cavallo, Gesamt- und Konzernbetriebsratsvorsitzende der Volkswagen AG, wird es hierzulande keine Werksschließungen geben.“

Auch an anderen Standorten hatte VW am Mittwoch zu Betriebsversammlungen geladen. Das Management und die Arbeitnehmervertreter stehen kurz vor dem Start der Verhandlungen für einen neuen Haustarif.

Gleichzeitig hatte sich in den Planungen für das 10 Milliarden Euro umfassende Sparprogramm der Marke VW schon vor Tagen eine Lücke von 4 Milliarden Euro aufgetan, weil der Markt sich nicht entwickelt wie erhofft. Vor allem Elektroautos verkaufen sich viel schlechter als erwartet, während Wettbewerber aus China mit ihren Autos auch in Europa angreifen.

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