Verkehrspolitik: Die deutsche Seele fährt nicht Auto

Blickt
man heute ins Land, beschleicht einen der Verdacht, dass der aussagekräftigste Text
der deutschen Sprache womöglich weder Faust noch Buddenbrooks ist,
auch nicht das Grundgesetz oder die Aspirin-Packungsbeilage, sondern: Henriette
Bimmelbahn
. „Henriette heißt die nette, alte kleine Bimmelbahn“, beginnt
die erste Strophe dieses Jahrhundertwerks von James Krüss und fährt fort: „Henriette,
Henriette, fuhr noch nie nach einem Plan“ – das kennt man doch.

Diesen
märchenhaft schlechten Zustand verdankt die Deutsche Bahn maßgeblich einer
Reihe an CSU-Verkehrsministern, die sie über die Jahre hinweg heruntergewirtschaftet
haben: Während 2016 die Schweiz pro Kopf 378 Euro in das Schienennetz
investierte und Österreich immerhin 198 Euro, lag Flächenland Deutschland unter
Alexander Dobrindt bei 64 Euro pro Kopf
. In den anliegenden Amtszeiten von
Peter Ramsauer oder Andi Scheuer waren die Verhältnisse ähnlich ärmlich. Ganz
zu schweigen von der Bahnreform von 1994: Seither ist die Deutsche Bahn zwar offiziell
dem Gemeinwohl verpflichtet, faktisch aber gewinnorientiert. Man beugte sich
also Markt- und Profitdruck, baute Personal, Weichen und Gleise zurück, schloss
Bahnhöfe, koppelte ganze Städte vom Netz und erging sich in noch allerlei
anderen Geschmacksrichtungen der Selbstaufgabe. Mit dem Ergebnis, dass die Bahn
heute weder Profite erwirtschaftet noch dem Gemeinwohl dient.

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