Die US-Regierung hat sich einer Routineprüfung der Menschenrechtslage in den USA durch die Vereinten Nationen (UN) verweigert. Bei einer Sitzung der zuständigen Arbeitsgruppe in Genf ist keine Delegation aus den USA erschienen. Zuvor hatte die US-Regierung bereits keinen Bericht dazu vorgelegt. Nach dem Boykott der Sitzung stellte die UN-Arbeitsgruppe formell die sogenannte „Nicht-Kooperation“ fest und forderte die USA auf, sich spätestens 2026 dem Verfahren zu unterziehen.
Einer Prüfung der Menschenrechtssituation im jeweiligen Land müssen sich seit 2008 alle UN-Mitglieder im Fünf-Jahres-Rhythmus unterziehen. Dabei berichten sie über die Umsetzung von Menschenrechtsstandards, während andere Staaten Nachfragen stellen und Empfehlungen aussprechen können. Sich der Prüfung zu verweigern, hat jedoch keine direkten Konsequenzen.
Das Verfahren ist als Universal Periodic Review (UPR) bekannt. Als einziges Land hatte sich bislang Israel im Jahr 2013 der Prüfung entzogen, nahm die Kooperation mit der UN-Arbeitsgruppe jedoch mehrere Monate später wieder auf.
US-Botschaft erhebt Vorwürfe gegen Menschenrechtsrat
Die US-Regierung von Präsident Donald Trump wirft den Vereinten Nationen vor, Interesse für Menschenrechtsfragen nur vorzutäuschen. Die UN erlaube bekannten Menschenrechtsverletzern, UN-Strukturen zu nutzen, um sich selbst vor Untersuchungen zu schützen. Das kompromittiere den Überwachungsmechanismus. „Die Beteiligung am UPR-Prozess wäre eine Billigung des Mandats und der Aktivitäten des UN-Menschenrechtsrats und würde dessen anhaltendes Versagen ignorieren, die schlimmsten Menschenrechtsverletzer zu verurteilten“, teilte die US-Botschaft in Genf mit.
Die USA waren wenige Wochen nach Trumps Amtsantritt aus dem Menschenrechtsrat ausgetreten – was allerdings kein Land von der Vereinbarung, sich dem UPR-Prozess zu unterziehen, entbindet. Der UN-Menschenrechtsrat steht unter anderem wegen seiner jährlich wechselnden Zusammensetzung unter Kritik, da ihm regelmäßig auch Staaten mit desolater Menschenrechtslage angehören. Autoritär regierte Staaten bilden in dem Gremium häufig die Mehrheit gegenüber einer Minderheit an demokratischen Rechtsstaaten.
Human Rights Watch kritisiert Menschenrechtsverstöße der US-Regierung
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) kritisierte den US-Boykott. „Die Entscheidung der USA, sich aus diesem wichtigen Prozess zurückzuziehen, ist besonders angesichts der sich verschlechternden Menschenrechtslage in dem Land besorgniserregend“, teilte die Organisation mit. „Seit ihrem Amtsantritt hatte die Trump-Regierung eine Politik verfolgt, die für die Menschenrechte in den USA und weltweit signifikante Risiken erzeugt.“
So kritisierte HRW die „rechtswidrigen“ Angriffe der US-Streitkräfte auf Boote in der Karibik, denen die USA vorwerfen, Drogen zu transportieren – und sie inmitten von Spannungen um einen befürchteten US-Angriff auf Venezuela attackiert haben. Zudem warfen die Menschenrechtler der US-Einwanderungsbehörde ICE eine „gewaltsame Kampagne von Razzien und Festnahmen“ und den US-Sicherheitsbehörden „exzessive Gewalt“ gegen Protestierende vor.
„Die US-Regierung scheint zu glauben, dass sie eine Ausnahme“ sei, für die „der universelle Prüfungsprozess“ nicht gelte, beklagte HRW weiter. Letztendlich schade sie jedoch dem eigenen Land: „Die Trump-Regierung mag diesen formellen Prüfungsprozess vorerst umgehen, doch dies wird nur weitere internationale Kritik hervorrufen und ihren Platz auf der Weltbühne weiter schwächen.“