Verdi bereitet verschärfte Warnstreiks vor

Im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes haben die Gewerkschaften ein von den Arbeitgebern vorgelegtes Lohnangebot als „völlig unzureichend“ zurückgewiesen und planen deshalb nun eine Verschärfung ihrer Streiks. Das vorliegende Angebot sorge unter den 2,5 Millionen Tarifbeschäftigten von Bund und Kommunen für „Enttäuschung und Ablehnung“, teilte der Vorsitzende der Gewerkschaft Verdi, Frank Werneke, am Donnerstagabend nach zweitägigen Verhandlungen in Potsdam mit. „Die Konsequenz ist: Die Warnstreiks werden ausgeweitet.“ Der Vorsitzende des DBB Beamtenbundes, Ulrich Silberbach, warft den Arbeitgeber vor, eine „Mogelpackung“ präsentiert zu haben.

Wie die Präsidentin der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Karin Welge, nach dem Ende der Gespräche mitteilte, bieten die Arbeitgeber den Beschäftigten eine Tariferhöhung von 3 Prozent zum 1. Oktober 2023 an sowie eine weitere von  2 Prozent zum 1. Juni 2024 an. Vorab sollen die Beschäftigen dem Vorschlag zufolge als sofortigen Inflationspuffer eine steuer- und abgabenfreie Einmalzahlung von 1500 Euro erhalten; noch einmal 1000 Euro dann im Jahr 2024.

Außerdem sieht das Angebot eine teils kräftige Anhebung der Jahressonderzahlung für die Beschäftigten vor. Diese würde demnach bis 2024 auf einheitlich 90 Prozent eines Monatsgehalts angehoben. Bisher beträgt sie in den oberen Tarifgruppen knapp 52 Prozent, in den oberen knapp 80 Prozent. Damit verbinde sich folglich auch eine „Verbesserung im Fachkräftebereich“, in dem es besondere Personalengpässe gebe, so die VKA-Präsidentin.

„Kein Pappenstiel“

„Am Ende hat das Angebot ein Volumen von rund 12 Prozent und würde die Arbeitgeber mehr als 11,7 Milliarden Euro kosten“, erklärte Welge, die Verhandlungsführerin der Arbeitgeber ist. Dies sei „kein Pappenstiel“, sagte sie und warnte: „Vor dem Hintergrund des heute vorgelegten Angebots verbieten sich weitere Streiks und damit verbundene zusätzliche Belastungen unserer Bürgerinnen und Bürger.“

In den von den Arbeitgebern errechneten 12 Prozent sind allerdings auch die Einmalzahlungen enthalten. Die Gewerkschaften haben hingegen eine Erhöhung der laufenden Monatsgehälter um 500 Euro für die unteren Tarifgruppen gefordert und von 10,5 Prozent für die oberen Tarifgruppen – und das für eine Laufzeit von 12 Monaten. Bis zu einem Gehalt von 4762 Euro macht der geforderte Mindestbetrag von 500 Euro mehr als 10,5 Prozent aus. In der untersten Tarifgruppe sogar fast 25 Prozent. Im Durchschnitt aller Tarifgruppen beläuft sich die Forderung auf rund 15 Prozent.

Verdi-Chef kündigt weitere Streiks an

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die neben Welge die Arbeitgeberseite vertritt, nannte das vorgelegte Angebot „sehr gut und sehr fair“. Es sei „Ausdruck des Respekts vor dem, was die 2,5 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen tagtäglich für uns alle in Deutschland leisten“. Viele von ihnen hätten einen sehr harten und fordernden Job. „Es geht um Mitarbeiter in Entsorgungsbetrieben, um Reinigungskräfte, um Sachbearbeiterinnen in den Ämtern, die immer häufiger angefeindet werden, um Rettungs- und Polizeikräfte und viele weitere.“

Verdi-Chef Werneke warnte indessen: „Wenn wir davon ausgehen müssen, dass das Angebot so bleibt, dann wird es sowohl in Bezug auf die Dauer von Warnstreiktagen als auch die Zahl der betroffenen Bereiche eine Ausweitung geben bis zum dritten Verhandlungstermin.“ Offenbar hätten die zurückliegenden Aktionen und Proteste nicht ausgereicht, um die Arbeitgeber zum Umdenken zu veranlassen.

Eine dritte Verhandlung war schon im Vorfeld der Tarifrunde auf den 27. Und 28. März angesetzt worden. Dies dürfte damit eine für den aktuellen Konflikt entscheidende Runde werden. Sollte dann keine Einigung gelingen, könnte der Konflikt zunächst in ein Schlichtungsverfahren münden oder gleich in einen unbefristeten Arbeitskampf.

DBB-Chef Silberbach, dessen Organisation neben Beamten auch Tarifbeschäftigte vertritt, kündigte ebenfalls verschärfte Streiks an. „Was wir an erster Reaktion aus der Verhandlungskommission schon bekommen haben, zeigt, dass der Unmut groß ist“, berichtete er. Dieser Unmut müsse nun „weiter auf die Straße gebracht werden“. Zu den bisherigen  Streikaktionen der Gewerkschaften gehörte unter anderem ein ganztätiger Streik an den deutschen Flughäfen am vergangenen Freitag. Auch etwa Kita-Erzieher hatten sich schon nach der ersten Verhandlungsrunde in etlichen Regionen an Warnstreiks beteiligt.

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