Verbände fürchten strikte KI-Regeln

Die deutsche Wirtschaft schätzt das Innovationspotential der Künstlichen Intelligenz (KI) als hoch ein, es darf aber nicht durch eine zu strikte Regulierung gebremst werden. Davor warnen 14 deutsche Wirtschaftsverbände in einem der F.A.Z. vorliegenden Positionspapier zur KI-Verordnung der Europäischen Union. An diesem Dienstag findet dazu in Berlin eine Diskussionsveranstaltung statt, an der unter anderen Vertreter des Gesamtverbandes der deutschen Versicherer (GDV), des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) teilnehmen werden.

Nach Ansicht von GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen hat die EU mit der KI-Verordnung eine gute Grundlage geschaffen, um im globalen Wettbewerb um die besten KI-Entwicklungen bestehen zu können. Die Unternehmen hätten nun zwar Planungssicherheit, doch befinde man sich bei der Umsetzung der Verordnung an einem neuralgischen Punkt. „In der Umsetzung wird sich entscheiden, ob Unternehmen die Verordnung in der Praxis wirklich anwenden können“, sagt Asmussen auf Anfrage. „Innovationen aus Deutschland und Europa müssen vorangebracht werden, das Innovationspotential darf nicht mit einer zu restriktiven Umsetzung der Regeln erstickt werden.“

Es gibt nationalen Spielraum

Hier gibt es durchaus noch nationalen Spielraum, auch wenn die Verordnung grundsätzlich in den Mitgliedstaaten direkt gilt. Doch weisen die 14 Verbände darauf hin, dass es ein nationales Durchführungsgesetz für die Festlegung der Behördenstruktur und auch der Sanktionen geben wird. Zudem werde es Leitlinien der Europäischen Kommission und des Europäischen Amts für KI, des Kompetenzzentrums, geben, mit denen die Regelungen der Verordnung konkretisiert würden. Darüber hinaus wurden demnach die europäischen Normungskomitees mit der Erarbeitung von Standards beauftragt. Für die 14 Verbände ist es wichtig, dass Überregulierung die Innovationskraft von KI nicht hemmt.

Daher sei vor allem eine einheitliche, innovationsfreundliche und rechtssichere Umsetzung der neuen Vorgaben in der gesamten EU von großer Bedeutung. Es dürfe nicht passieren, dass Unternehmen – je nach Standort in der EU – aufgrund von unterschiedlichen Auslegungen der Vorgaben vor unterschiedliche Anfor­derungen gestellt würden. Ein „Flickenteppich“ wie bei der EU-Datenschutzgrund-Verordnung würde vor allem die Innovationskraft von kleinen und mittelständischen Unternehmen hemmen, warnen die Verbände.

Auf die Definition kommt es an

Wo Auslegungsspielräume bestehen, sollten diese nach Aussage von GDV-Hauptgeschäftsführer Asmussen so ausgefüllt werden, dass dies Innovationen nicht verhindert. Als Beispiel nennt er die KI-Definition: „Es ist aus Sicht der Wirtschaft zwar sehr erfreulich, dass sich die Definition in der Verordnung an der international anerkannten OECD-Definition orientiert. Allerdings muss die konkrete Anwendung der Definition in den zu erstellenden Leitlinien zur Verordnung nun auch angemessen präzisiert werden.“ Asmussen zufolge stellen konventionelle IT-Systeme und insbesondere Algorithmen, die keine Form des maschinellen Lernens oder der Selbstoptimierung enthalten, zum Beispiel keine Künstliche Intelligenz dar.

„Fortschritt nicht ohne unsere Unternehmen“

KI biete ein großes Potential für die Steigerung von Innovation, Wachstum, Produktivität und die Schaffung von Arbeitsplätzen, heißt es in dem Papier der 14 Verbände. Dennoch setzten deutsche Unternehmen KI nur sehr zögerlich ein. Die Verbände verweisen auf eine aktuelle Studie des Branchenverbandes Bitkom, nach der für 54 Prozent der deutschen Unternehmen der Einsatz von generativer, also selbst lernender KI, heute und in Zukunft keine Rolle spielt. Diese Zurückhaltung dürfe nicht durch bürokratische Hürden, die für Unternehmen eine hohe Kostenbelastung darstellten, verstärkt werden. Die Verbände warnen: „Der technische Fortschritt sollte nicht ohne unsere Unternehmen stattfinden!“

Gleichzeitig müsse dafür gesorgt werden, dass generative KI geistiges Eigentum nicht missbräuchlich verwerte. Medien- und Kreativinhalte tragen nach Ansicht der Wirtschaftsverbände erheblich zur Entwicklung und Funktionalität generativer KI bei. Entscheidend sei daher, das geistige Eigentum und die Urheberrechte der Schöpfer dieser Inhalte zu schützen, fordern die Verbände.

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