Fast jeder hatte sie schon in der Hand, die Hefte und Collegeblöcke aus Recyclingpapier der Venceremos GmbH & Co. KG aus Legden im Münsterland. Aber nur wenige kennen das Unternehmen. Das ist laut Geschäftsführer Paul Königsmann ein Vorteil, der zum Erfolg des Unternehmens beitrage. Venceremos gehört nach eigenen Angaben zu den größten Herstellern von Schulschreibwaren aus Papier. In ganz Europa sei man der größte Produzent, was die Verarbeitung von Recyclingpapier betrifft.
Alles fing Ende der Siebzigerjahre mit einer katholischen Jugendgruppe in Coesfeld an, deren Gruppenleiter der damals 23 Jahre alte Königsmann war. „Im Rahmen der Gruppenarbeit haben wir einmal im Monat Altpapiersammlungen gemacht“, erinnert er sich. Dies diente wohltätigen Zwecken. Außerdem hatten sie Kontakt zu einem Studenten aus Brasilien. So ergab sich die Möglichkeit, einen Dritte-Welt-Laden zu eröffnen. „In diesem Laden haben wir dann auch Recyclingpapier verkauft“, berichtet Königsmann. Das habe sich besonders stark gelohnt.
Irgendwann bedruckte die Gruppe mit einem ersteigerten Drucker selbst Recyclingpapier. Dies geschah in einer Zeit, in der das Umweltbewusstsein zunahm. 1982 wurde Venceremos mit acht Geschäftsführern gegründet, sie waren die einzigen Mitarbeiter und stammten alle aus der ehemaligen Jugendgruppe. Sie kauften Maschinen. Ende 1991 gab es nur noch zwei Geschäftsführer: Königsmann und seine Frau Ursula Horstmüller.
Die Konkurrenz schrieb einen bösen Brief
Der Weg zum Erfolg war nicht leicht, denn die Konkurrenz war groß. „Schon einen Monat nach unserer Gründung bekamen wir ein Schreiben von insgesamt acht Firmen, die die Auflösung von Venceremos forderten“, erzählt Königsmann. Man fand heraus, dass Deutschland inoffiziell schon unter den Unternehmen aus der alternativen Szene aufgeteilt worden war. „Wir haben dann hundert Stunden die Woche gearbeitet. Nach ungefähr zehn Jahren konnte sich Venceremos gegenüber 13 Wettbewerbern durchsetzen.“ Das damals noch dunkelgraue Recyclingpapier sei in Mode gewesen.
Anfang der Neunzigerjahre sank der Umsatz. Das lag an einem neuen Umweltpapier. Es bestand aus Frischfasern, doch war das Chlor gegen Chlordioxidgas austauscht worden. Bäume wurden zur Herstellung dieses Papiers aber weiterhin gefällt. „Das war ein wesentlich schwierigerer Kampf“, sagt Königsmann. Doch Venceremos schaffte es – als hätten es die Gründer bei der Wahl des Firmennamens schon geahnt, denn „venceremos“ ist Spanisch und heißt „wir werden siegen“.
Man muss weiterhin gegen starke Marken wie Brunnen, Oxford und Staufen bestehen. Laut Königsman ist der Vorteil von Venceremos, keine Marke zu haben. „Bei uns gibt es keinen Wiedererkennungswert. Wir stellen eben sehr kostengünstig her. Die Produkte haben aber eine ähnliche Qualität wie Markenprodukte.“ So verkauft Venceremos nach Angaben des Geschäftsführers jedes Jahr rund 20 Millionen Collegeblöcke, 30 Millionen Schulhefte und 5 Millionen Malblöcke an seine 15 Kunden, vor allem Supermärkte und Drogerien, zum Beispiel Rossmann, Edeka und Rewe.
Aldi und Lidl gehören zu den Kunden
Im vergangenen Jahr erwirtschaftete man nach eigenen Angaben knapp 40 Millionen Euro Umsatz. Die meisten Schulartikel werden im Juni und Juli verkauft. Bis dahin werden sie vorproduziert und gelagert. Kunden wie Aldi und Lidl verkaufen die Produkte dann zum Beispiel in „Back to School“-Verkaufsaktionen.
Venceremos beschäftigt sechzig Mitarbeiter, in der Hochsaison zehn mehr. Für die Produktion eines Spiralblocks läuft eine Papierrolle durch einen Vollautomaten. Sie wird mit Karos oder Linien beidseitig bedruckt. Anschließend wird das Papier zurechtgeschnitten, und es werden ein Deckblatt und unten ein Graukarton hinzugefügt. Dann werden die Löcher und die Spirale hineingedreht. „Die Maschine macht einen Block pro Sekunde“, sagt Königsmann. Ein Vollautomat kostet zwischen 3 und 5 Millionen Euro und ist 20 Meter lang.
Der Preis der Produkte variiert je nach Läden. So kostete ein DIN-A4-Schulheft in der letzten Schulaktion bei Rossmann 44 Cent. „Es gibt aber auch Kunden, die dasselbe Produkt für zum Beispiel 89 Cent verkaufen. Darauf haben wir keinen Einfluss“, sagt Königsmann.