USA | Trumpisten feiern Klima welcher Angst: Migranten „deportieren sich selbst“

Trumps Feldzug zeigt Wirkung: Mehr als 400.000 „Illegale“ seien bisher festgenommen und deportiert worden, behauptet das Heimatschutzministerium. Viele Migranten verlassen aus Angst das Land


Die Demonstranten protestierten gegen die jüngste Zunahme von Festnahmen durch die Einwanderungsbehörde ICE im Raum Chicago, die Teil einer von der Trump-Regierung als „Operation Midway Blitz” bezeichneten Offensive ist

Foto: Scott Olson/ gettyimages


Alles starrt auf Donald Trump. Stehen die USA an einem Scheideweg, und wie überhaupt bezeichnet man die politischen Zustände, die derzeit herrschen? Zeigen die Demokraten künftig politisch mehr Rückgrat und nähern sich der bisher fehlenden Einsicht an, dass eine Rückkehr zur Normalität bis auf Weiteres nicht absehbar ist? Die Republikaner halten zu Trump und seinem Feldzug gegen politische Gegner, gegen Institutionen und Migranten.

Mehr als 400.000 „Illegale“ seien festgenommen und deportiert worden, behauptet das Heimatschutzministerium. Die Zahl steht für ungemein viele Einzelschicksale sowie eine Effizienz, die Trump viele nicht zugetraut haben.

Vor Tagen wurde ein Mann zufällig Augenzeuge einer Aktion der Einwanderungsbehörde United States Immigration and Customs Enforcement (ICE) und filmte den Vorgang wie 2020 die junge Darnella Frazier in Minnesota, als Polizisten den Schwarzen George Floyd töteten. Schauplatz war Hyattsville, ein Vorort von Washington, wo man kostengünstiger wohnt als in der Hauptstadt. Vorzugsweise junge Familien leben hier, darunter Migranten aus El Salvador und Guatemala, die sich eine neue Heimat schaffen.

Man sieht auf dem Video, wie kräftige ICE-Typen einen jungen Mann zu Boden reißen, auf ihm knien und seinen Kopf nach unten drücken. Der Misshandelte schreit um Hilfe. „Ich bin Amerikaner, ich liebe Amerika!“ Zwei vom ICE, ein Weißer und ein Schwarzer mit Gesichtsmaske, ziehen ihre Revolver. Ersterer richtet seine Waffe zeitweilig auf Passanten, die auf Distanz bleiben und die Männer als „Nazis“ beschimpfen. Es dauert gut zehn Minuten, dann zerrt das ICE-Team den Festgenommenen in einen grauen SUV.

Zynische Sprache des Trumpismus

Derartige Vorkommnisse sind Alltag in Orten, in denen Menschen mit brauner und schwarzer Hautfarbe leben. Menschenrechtler berichten von katastrophalen Zuständen im Abschiebearrest mit begrenztem Zugang zu Anwälten. Was inzwischen Wirkung zeigt: Viele Migranten gehen nicht mehr aus, und viele verlassen aus Angst das Land. Sie „deportieren sich selbst“, heißt das in der zynischen Sprache des Trumpismus. Einer der ICE-Männer in Hyattsville droht Protestierenden: Willst du der Nächste sein?

Der Präsident hat in den vergangenen Tagen überwältigend viel Material geliefert für Gegner, die sich empören oder spotten wollen. Da waren seine bizarre Entrüstung über die defekte Rolltreppe in der UNO, der Befehl zum Militäreinsatz in der „kriegsverwüsteten“ Stadt Portland in Oregon und der Missbrauch des Justizministeriums, das den Auftrag hat, die Verfassung zu garantieren und nicht Werkzeug zu sein für einen Präsidenten.

Das FBI soll gegen linke Aktivisten und deren angebliche Geldgeber vorgehen. Und es wurde Anklage erhoben gegen den früheren FBI-Direktor James Comey (im Amt von 2013 bis 2017), wegen dessen Ermittlungen zum Verdacht, die Trump-Kampagne habe im Wahlkampf 2016 von russischer Hilfe profitiert. Weitere Anklagen gegen ehemalige Regierungsbeamte, die Trump in die Quere gekommen sind, werden erwartet.

Demokraten können MAGA-Bewegung nichts entgegensetzen

„Wenn Demokraten nicht kämpfen mit allem, was sie haben, geben sie im Grunde zu, dass der Autoritarismus gekommen ist, um zu bleiben“, stand jüngst im Magazin The Nation, einem Gradmesser für das Denken im liberalen, progressiven Amerika. Das – „mit allem, was sie haben“ – stößt schnell an Grenzen. Im Regierungsapparat haben die Demokraten keine Macht. Vor Tagen konstatierte die Opposition mit einiger Genugtuung, dass der Walt-Disney-Konzern den Trump-kritischen Late-Night-Moderator Jimmy Kimmel nach temporärer Suspendierung wieder auf Sendung ließ. Als sei die US-Verfassung mit ihrem verbürgten Recht auf Redefreiheit gerettet worden.

Die Parteiführung der Demokraten ist nach wie vor nicht in der Lage, der MAGA-Bewegung Paroli zu bieten. Es fehlt an geeigneten Vorstellungen. Kamala Harris’ Erinnerungen an den Wahlkampf 2024 mit dem Titel 107 Tage illustrieren das. Sie bleibt klare Aussagen zu jenem Sommer schuldig, als der sichtbar angeschlagene Joe Biden noch einmal kandidieren wollte. „Hätte ich Joe sagen sollen, er solle erwägen, nicht anzutreten? Vielleicht.“

Wird es einen Wendepunkt geben, wenn die Opposition in 13 Monaten bei den Zwischenwahlen ihrer Stärke Geltung verschafft? Derzeit jedoch hält Donald Trump seine Leute zusammen.

Die Zeitung Hyattsville Life and Times hat den Namen des Mannes in Erfahrung gebracht, der in dem Video von ICE-Leuten drangsaliert und festgenommen wird. Er heiß Job Arias-Mendoza, ist gebürtig aus El Salvador und soll laut ICE ohne Papiere in den USA gewesen sein. Zweieinhalb Wochen vor seiner Verhaftung hatte Arias-Mendoza selbst ein Video von einer ICE-Aktion in Hyattsville gepostet und mit dem Titel versehen: „Seid vorsichtig. Gott segne euch alle.“

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