Der ehemalige US-Präsident Joe Biden hat bei einer Rede zum ersten Mal seit Ende seiner Amtszeit die Regierung seines Nachfolgers Donald Trump offen kritisiert. „In weniger als 100 Tagen hat diese neue Regierung so viel Schaden angerichtet und so viel zerstört“, sagte Biden auf einer Konferenz über Rechte von Menschen mit Behinderung in Chicago.
„Wir können so nicht weitermachen, so gespalten wie wir sind“, sagte Biden. Die USA seien noch nie so gespalten gewesen. In seiner Rede ging der Demokrat auch auf das Sozialversicherungssystem ein und kritisierte die Kürzungen der neuen Regierung. „Es ist ein heiliges Versprechen, das wir als Nation gegeben haben. Wir wissen, wie wichtig die soziale Sicherheit für das Leben der Menschen ist“, sagte Biden. Trump habe die Sozialversicherungsbehörde (SSA) „mit der Axt angegriffen“, sagte Biden.
Die Social Security Administration zahlt jährlich 1,4 Billionen Dollar an Leistungen an 73 Millionen ältere und behinderte Amerikaner aus. Trump hat während seiner Wahlkampagne wiederholt versprochen, die Leistungen nicht anzutasten. Nun lässt die neue Regierung dort Einsparmöglichkeiten prüfen.
Trump will Gewaltenteilung und Rechtsstaat untergraben
Trump hat seit seinem Amtsantritt am 20. Januar in rascher Folge radikale Schritte unternommen, um sein Land und die gesamte Weltordnung drastisch zu verändern. Viele seiner politischen Entscheidungen haben antidemokratischen, antipluralistischen, nationalistischen und protektionistischen Charakter. Flankiert werden sie durch einen beispiellosen Rückbau des Staatsapparates und die Entlassung Zehntausender Behördenmitarbeiterinnen und –mitarbeiter. Dies treibt insbesondere eine neu geschaffene sogenannte Behörde für Regierungseffizienz (DOGE) unter dem maßgeblichen Einfluss von Trump-Berater und Tech-Milliardär Elon Musk voran. Auch tausende Mitarbeiter der Sozialversicherungsbehörde sind betroffen.
Trump versucht, die Gewaltenteilung und den Rechtsstaat zu untergraben, indem er Entscheidungen von Gerichten infrage stellt oder ignoriert und Richterinnen und Richter persönlich diskreditiert. Er regiert zum großen Teil mittels Dekreten – ein legitimes, aber in diesem Ausmaß umstrittenes Vorgehen, da sich die so vollzogenen Anpassungen bestehender Gesetze oder Anordnungen an Behörden weitgehend der parlamentarischen Kontrolle entziehen.
Demokraten sahen den Auftritt teils kritisch
Vor der Rede Bidens hatte die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, sich über das Alter des ehemaligen Präsidenten lustig gemacht. „Ich dachte, seine Schlafenszeit sei viel früher als seine Rede heute Abend“, sagte Leavitt über den 82-jährigen Biden. Trump ist 79 Jahre alt.
Seit seinem Ausscheiden aus der US-Regierung hat Biden zwar öffentliche Auftritte absolviert, seinen Vorgänger allerdings nicht verbal angegriffen. Wie der Sender CNN in einem Artikel berichtete, blicken führende Demokraten teils kritisch auf den öffentlichen Auftritt des ehemaligen Präsidenten.