2009 gab es einen US-Präsidenten, der eine atomwaffenfreie Welt anstrebte und dafür den Friedensnobelpreis erhielt: Barack Obama. Ein Vierteljahrhundert später kündigt Donald Trump, selbsternannter Kandidat für diesen Preis, Atomtests an
Donald Trump würde gerne auf einer Welle atomarer Aufrüstung reiten
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Seit 1990er Jahren haben acht der neun Nuklearwaffenstaaten auf unterirdische Versuche verzichtet. Nur Nordkorea testete noch zwischen 2010 und 2017. Sollte Donald Trump sein Vorhaben umsetzen, dürften andere Atommächte folgen.
Dabei würde es weniger um eine technische Notwendigkeit gehen. Nuklearwaffen können mittels „subkritischer“ Tests, bei denen keine Kettenreaktion ausgelöst wird, auf ihre Funktionsfähigkeit überprüft werden. Es geht vorrangig um die bloße Machtdemonstration. Allerdings hat US-Energieminister Chris Wright die Ankündigungen Trump insoweit relativiert, als er davon sprach, dass nicht daran gedacht sei, nukleare Explosionen auszulösen. Man denke an „Systemtests“.
Anreiz für potenzielle Newcomer
Doch auch die können dazu führen, das nukleare Wettrüsten zu verschärfen. Alle Kernwaffenmächte treiben bereits seit geraumer Zeit eine Modernisierung voran. Auf das Atomarsenal bezogene Drohungen werden wieder offen ausgesprochen, der Einsatz taktischer Atomwaffen wird in Manövern geübt.
Russland hat seine Nukleardoktrin verschärft, China baut seine Bestände mit hoher Geschwindigkeit aus und dürfte bis 2035 mit Washington und Moskau gleichziehen. Tests würden außerdem die Proliferation von Atomwaffen begünstigen. Wenn sich die großen Nuklearmächte nicht mehr zurückhalten, erhöht das den Anreiz für potenzielle Newcomer, es ihnen gleichzutun.
Iran steht schon lange im Verdacht, nach der „ultimativen Waffe“ zu streben. Saudi-Arabien hat mit der Nuklearmacht Pakistan, das Nordkoreas Entwicklung zur Atommacht ermöglichte, ein „strategisches Verteidigungsabkommen“ geschlossen. Die Türkei, Japan und Südkorea gelten als Staaten, die sich je nach geopolitischer Lage nuklear auf eigene Füße stellen könnten. Auch in Deutschland werden entsprechende Stimmen seit längerem laut.
Rund ein Viertel aller Staaten weltweit verfügt über zivile Nukleartechnologie. Allein deshalb wäre die Aufrechterhaltung des Nichtweiterverbreitungsvertrags (NPT) von 1968 dringend geboten. Fest steht: Eine Welt mit über einem Dutzend Atommächten wäre unsicherer denn je.
Schließlich hätte eine Wiederaufnahme unterirdischer Tests – ein umfassender Verbotsvertrag wurde 1996 abgeschlossen, ist aber immer noch nicht ratifiziert – negative Wirkungen auf die Umwelt. Nachdem die dafür verantwortlichen Mächte früher mit zahlreichen überirdischen Tests die Umwelt auf lange Zeit verseucht hatten, galt die Verlagerung des Testgeschehens unter die Erde als Fortschritt. Aber computergestützte Simulationen machten auch derartige Erprobungen überflüssig.
Gleichwohl gibt es Experten wie Robert O‘Brien, ein ehemaliger Sicherheitsberater Donald Trumps, die neue unterirdische Tests befürworten. Andere sehen darin eine Antwort auf Wladimir Putins jüngste Präsentation eines neuen atomgetriebenen Flugkörpers.
Dem atomaren Wahnsinn entschieden entgegentreten
Wie so oft bei Äußerungen von Präsident Trump, kann man sich nicht sicher sein, was daraus folgt. Möglicherweise war er auf einen Mediencoup bedacht, um Aufmerksamkeit zu generieren und Druck auszuüben. Auf jeden Fall gehorcht seine Ankündigung einer mal nationalegoistisch, mal imperialistisch gefärbten Politik der Stärke, die so oder so ähnlich auch andere Großmächte favorisieren.
Laut des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI war die Gefahr eines Nuklearkrieges noch nie so hoch wie im Augenblick. Es ist an der Zeit, rhetorisch und praktisch abzurüsten und dem atomaren Wahnsinn entschieden entgegenzutreten. Zunächst sollte Trump auf Putins Angebot eingehen, den im Februar auslaufenden New START-Vertrag um ein Jahr zu verlängern. Das böte Zeit, um ein neues Abkommen auszuhandeln.
Deutschland sollte sich in die Debatte einbringen, indem es die für 2026 vorgesehene Stationierung amerikanischer (konventioneller) Mittelstreckenraketen in ein Angebot zur Rüstungskontrolle einbettet: Verzicht auf die Stationierung, wenn Moskau seine landgestützten Atomraketen zurückzieht.