Die amerikanische Zentralbank Federal Reserve (Fed) hat die geldpolitische Wende eingeleitet und die Leitzinsen um 0,5 Prozentpunkte gesenkt. Sie stellte weitere Zinssenkungen in diesem und im nächsten Jahr in Aussicht. Die Projektionen, in denen die Konjunkturdaten-Prognosen der Notenbanker zusammengefasst werden, lassen im Mittel ein Leitzinsniveau von 4,4 Prozent Ende dieses Jahres und 3,4 Prozent Ende nächsten Jahres erwarten.
Die Leitzinsen liegen nun zwischen 4,75 und 5 Prozent. Es ist die erste Zinssenkung seit März 2020. Die Notenbanker stimmten mit großer Mehrheit für den großen Zinsschritt bei einer Gegenstimme. Michelle Bowman votierte für eine Zinssenkung von nur 0,25 Prozentpunkten. Der Zinsschritt fiel größer aus als rund die Hälfte der Finanzmarktakteure erwartet hatten. Fed-Chef Jerome Powell widersprach der Deutung, dass sich die Fed in einer Aufholjagd befinde und deshalb einen größeren Schritt wage, als die konventionellen 0,25 Prozentpunkte. Gleichzeitig spiegele die Entscheidung die Entschlossenheit der Fed, nicht hinterher zu hecheln.
Er warnte gleichzeitig vor der Interpretation, dass nun Zinsschritte regelmäßig diese Größe haben würden. Er widersprach auch der Deutung, dass politische Motive in die Entscheidung eingeflossen sein könnten. „Wir gehen in unsere Sitzungen mit der Frage, was das beste für die Bürger ist, denen wir dienen.“ Nichts anders fließe in die Entscheidung ein. Zudem wirkten geldpolitische Entscheidungen mit großer Zeitverzögerung. Der ehemalige Präsident Trump hatte gefordert, dass die Fed die Zinsen so kurz vor der Wahl nicht anrühren solle.
Die Entscheidung stellt eine Zäsur in der Geldpolitik der letzten Jahre dar und signalisiert der Öffentlichkeit, dass die Notenbank die Inflation als weitgehend gebändigt ansieht. Powell sprach von substanziellem Fortschritt. Die Fed schätzt Powell zufolge die Inflationsrate für August auf 2,2 Prozent. Die Notenbanker halten 2 Prozent Inflation für erstrebenswert und sehen, dass sich die Inflation nachhaltig in diese Richtung bewegt. Schon nach der vorigen Fed-Sitzung hatte der Fed-Chef klargemacht, dass sich die Aufmerksamkeit der Notenbanker nun verstärkt auf den Arbeitsmarkt richte.
Der amerikanische Arbeitsmarkt zeigt laut Powell klare Zeichen der Abkühlung nach einer Phase der Überhitzung. „Das ist aber immer noch ein solider Arbeitsmarkt“, hob er hervor. Die Löhne für neu eingestellte Mitarbeiter fielen in den letzten zwölf Monaten bis einschließlich Juli inflationsbereinigt niedriger aus als im Vergleichszeitraum davor. Die Arbeitslosenquote stagnierte im August bei historisch niedrigen 4,2 Prozent, lag aber doch deutlich höher als vor einem Jahr mit 3,8 Prozent. Allerdings ging die Zahl der neu geschaffenen Beschäftigungsverhältnisse deutlich zurück. Jüngste Einzelhandelsdaten zeigten unterdessen robustes Wachstum und unterstrichen damit, dass der Konsum Amerikas wichtigste Konjunkturstütze bleibt. Die Notenbanker erwarten, dass sich die Arbeitslosenquote bei knapp um die 4 Prozent einpendelt.
Die Fed hat noch zwei weitere Sitzungen in diesem Jahr, um die Geldpolitik weiter zu lockern: Die nächste findet am 6. und 7. November direkt nach der Präsidentschaftswahl statt, eine weitere ist für den 17. und 18. Dezember terminiert.
Damit geht die Phase der pandemiegetriebenen Geldpolitik langsam zu Ende. Im Jahr 2020 hatte die Notenbank die Geldpolitik in Reaktion auf die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie gelockert. Im Februar 2022 begannen die Notenbanker dann von Sitzung zu Sitzung die Geldpolitik zu straffen, um die aufgekommene Inflation zu bändigen, bis die Leitzinsen im Juli 2023 in der Bandbreite zwischen 5,25 und 5,5 Prozent angekommen waren. Seitdem verharrten sie auf dem Niveau.