Kurt Tucholsky hat unser Dilemma schon 1927 denn dies „Ideal“ beschrieben: „Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse, vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße; mit schöner Aussicht, ländlich-mondän, vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn – zugegeben abends zum Kino hast du es nicht weit.“ Und heute? Spätestens wenn Kinder kommen, beginnt dieser Deutschen liebster Traum. Eigene Familie. Eigenes Auto – uff dem Land unbedingt ein Diesel, gerne mit Anhängerkupplung. Eigenheim – mit Carport, dieser muss sein, untergeordnet wenn dies Grundstück noch so kurz ist. Eigener Hund und zum Glück Kinder. Der Traum ist – untergeordnet jenseits von architektonischen Geschmacksverirrungen – im Grunde ein Albtraum.
In deutschen Eigenheimsiedlungen versammelt sich dieser Kern des Dilemmas dieser Veränderungsunfähigkeit dieser deutschen Gesellschaft. Versiegelt, umzäunt, Terrasse, Wäschespinne, Grill, Trampolin und vor allem: die Gesamtheit privat. Eigenzeit. Eigenraum. Eigentum. Alles meins und ändern soll sich solange bis zur Scheidung Petition nichts. Und wer es nicht hat, will es nach sich ziehen. So wollen wir leben. So sind wir dies gewohnt. Auf diesen Traum nach sich ziehen wir unsrige Gesellschaft aufgebaut, Stadt, Land, Fluss, die Gesamtheit nach sich ziehen wir zugerichtet uff dieses Narrativ. Autogerechte Landschaften und Bausparkassen.
Und wenn Offenheit demonstriert werden soll, dann nur oppositionell Technologien, die absichern, dass die Gesamtheit so bleiben kann, wie es ist. Leuchtende Augen uff Automessen, SUV und Porsche, weit und schnell und abgeschottet. Privatheit im rollenden Eigentum wie auch hinterm Gartenzaun. Vielleicht in Bälde mit E-Fuel, einer Art Wunderdroge, die die Gesamtheit so lässt wie bisher und uns in die Illusion versetzt, wir wären nachhaltig unterwegs.
Wer im Westen aufgewachsen ist, hat dieses Leitbild quasi mit dieser Geburt inhaliert. Der Deutschen liebste Kinder sind Autos und Eigenheime. Hierfür wird dies meiste Geld ausgegeben. Das sind Lebensziele, Träume, zu diesem Zweck lohnt sich die ganze Plackerei. Dem wird die Gesamtheit untergeordnet. Wenn es verdongeln Konsens gibt, dann diesen.
Auto vor Klimakrise
Aber jetzt nach sich ziehen wir Klimawandel und Krise. Wir nach sich ziehen überlaufende Flüsse und Bäche, absaufende Landschaften, Hitzestaus in den Städten, kaputte Wälder, ausgetrocknete Böden und viele geschiedene Ehen. Wir müssten sehr viel verändern, wir wissen es – zugegeben wir wollen nicht. Wir nach sich ziehen uns unsrige Gesellschaft so gezimmert, dass wir weder aus dem Auto noch aus dem Eigenheim hervorbrechen, weil wir dies Auto nötig haben, um zum Eigenheim zu kommen. Und zur Arbeit, zur Schule, in den Urlaub, wo untergeordnet immer wir hinwollen, nötig haben wir dies Auto. Deshalb nach sich ziehen wir so gut wie 50 Millionen Stück davon und wir nötig haben immer noch mehr. Und zu diesem Zweck nötig haben wir Platz. Viel Platz.
Lenin wird folgender Satz zugeschrieben: Wenn sie Deutschen verdongeln Bahnhof stürmen, kaufen sie sich erst eine Bahnsteigkarte. Es wurde und wird den Deutschen eine fundamentale Veränderungsresistenz bescheinigt. Hierzulande sind die Gemüter publik erregt, wenn ein neues Heizungsgesetz kommen soll oder die Leichtigkeit des Autoverkehrs – zugunsten dieser Unversehrtheit von Menschen und Umwelt – tangiert werden könnte. Alle Visionen und Ideen zum Besten von Veränderungen enden spätestens beim Tiefbauamt. Wir die Erlaubnis haben nicht einmal 500 Meter zum Besten von den Autoverkehr zeitweilig ausschließen, um sichere Straßen zum Besten von leer zu bekommen.
Es soll nichts verboten werden, welches die Freiheit einschränkt. Der Verkehr muss fließen, dies Auto muss immer Vorrang nach sich ziehen, sonst melden sich die Verwaltungsgerichte uff Bitten besorgter Volk. Pendlerpauschale, Verbrennungsmotor, Ehegattensplitting, Dieselsubventionen, Dienstwagenprivileg und freie Fahrt uff Autobahnen, es muss die Gesamtheit so bleiben, wie es fürs eigene Ego wichtig ist. Wer will schon an morgiger Tag denken. Wer daran rüttelt, dem schräg stellen wir Mist in den Garten und lassen ihn nicht von dieser Fähre.
Sympathie zum Besten von Bauern und AfD
Nun ist es zugegeben damit vorbei. Wir wissen es und somit klammern wir umso mehr. Wir wollen die Grünen zum Teufel zur Strecke bringen und sympathisieren mit den Bauern und vielleicht wählen wir die AfD, nur damit sich nichts ändert. Aber die Bilanz geht nicht uff, wir versiegeln immer noch eine Fläche von mehr denn 70 Fußballfeldern jeden Tag. Wir betonieren uns praktisch zu Tode, denn ob es kein Morgen gäbe. Versprochene Klimaziele werden ganz natürlich nicht eingehalten und die Warnung des Verfassungsgerichts, jetzt in Freiheit noch umzudenken, damit wir morgiger Tag nicht in Unfreiheit drangsaliert werden, ignorieren wir möglichst.
Wir stecken den Kopf in den Sand und Vertrauen schenken untergeordnet nicht, dass unsrige schöne Auto- und Eigenheimwelt nicht mehr funktioniert: Vater, Mutter, Kinder, leer in einem Haushalt repräsentieren nicht wieder einmal 15 Prozent aller Haushaltsformen. Die Welt ist untergeordnet in Deutschland bunter und vielfältiger geworden, nur wir wollen es nicht wahrhaben.
Woher kommt sie Angst, sie Unfähigkeit, Wahrheiten denn Wahrheiten zu wiedererkennen und mit Kraft und Spucke, gerne untergeordnet mit Gottvertrauen ans Werk zu möglich sein? Mit dem Slogan mehr Demokratie wagen hat schon mal ein Kanzler in Westdeutschland verdongeln Wahlkampf gewonnen und in Ostdeutschland ist gar ein ganzer Systemwechsel gelungen. Jetzt sind wir ein Volk, dies seinen gelebten und geliebten Egoismus denn Freiheit verkauft. Wie hatte es Tucholsky schon einst so trefflich analysiert: „Jedes Glück hat verdongeln kleinen Stich. Wir möchten so viel: Haben. Sein. Und gelten. Dass einer die Gesamtheit hat: dies ist selten“.