Es gibt Autoren, die sich für jeden Roman einen neuen Stoff suchen. Andere umkreisen ihr Lebensthema in jedem neuen Buch in immer neuen Varianten. Zu ihnen gehören die Literaturnobelpreisträger Imre Kertész, Jon Fosse, Herta Müller und Patrick Modiano. Und auch die diesjährige Literaturnobelpreisträgerin Han Kang.
Wie das kam, hat die 54-jährige südkoreanische Autorin schon oft erzählt. Im Jahr 1980 wurde ein Aufstand in ihrer Geburtsstadt Gwangju brutal niedergeschlagen. Zwei Jahre später brachte ihr Vater, der in Südkorea sehr bekannte Schriftsteller Han Seung Won, einen Bildband mit Aufnahmen von den verstümmelten Opfern des Aufstandes mit nach Hause. Im Nachwort zu ihrem bedeutendsten Roman Menschenwerk schreibt sie: „In diesem Augenblick zerbrach etwas in mir, etwas Zartes, von dem ich gar nicht wusste, dass es da gewesen war.“