Italienische Banken wurden in Deutschland jahrelang mehr belächelt als bewundert. Vor weniger als zehn Jahren schleppten sie infolge der damaligen Bankenkrise und der grundsätzlichen Schwächen Italiens hohe Bestände an notleidenden Krediten in ihren Portfolios mit – 17 Prozent der Ausleihungen waren es 2015 ohne Berücksichtigung von Wertberichtigungen oder Rückstellungen.
Doch wenn sich die Fakten ändern, sollten die Meinungen folgen. Heute ist dieser Ballast auf etwas über zwei Prozent geschrumpft, was laut den Statistiken der Europäischen Zentralbank (EZB) praktisch dem Durchschnitt im Euroraum entspricht und vom niedrigen deutschen Wert kaum entfernt ist. Zuletzt sind die faulen Kredite wegen höherer Zinsen und abkühlender Konjunktur zwar wieder etwas gestiegen, doch nicht mehr als anderswo.
Der italienische Staat hatte beim Abbau der wackeligen Darlehen kräftig unter die Arme gegriffen, zudem half die EZB so wie im ganzen Euroraum. Die breite Gesundung zeigt sich auch in den Reserven. Die Kernkapitalquote CET1 lag bei den italienischen Banken im zweiten Quartal bei gut 16 Prozent ihrer risikogewichteten Aktiva und damit oberhalb des Euro-Durchschnitts – besser als Frankreich und kaum schlechter als Deutschland.
Investoren vertrauen in Zukunft der Banken
Besonders die beiden führenden Häuser stechen hervor, Intesa Sanpaolo als Marktführer bei Umsatz und Börsenwert sowie die Unicredit, die jetzt nach der Commerzbank greift. Dass die Anleger ihnen eine Marktkapitalisierung beimessen, die addiert mehr als dem Zweieinhalbfachen des Wertes von Deutsche Bank und Commerzbank entspricht, zeigt das Vertrauen der Investoren in die Zukunftsaussichten.
Als gewisser Makel bleibt lediglich die niedrigere Kreditwürdigkeit, ausgedrückt in den Ratings der internationalen Finanzagenturen. Sie notieren unter vielen Konkurrenten, weil Italien wegen seiner Staatsverschuldung als ein höheres Kreditrisiko gilt. Selbst bei niedrigeren Beständen von italienischen Staatsanleihen können die Banken nach der Mechanik der Ratingagenturen diesem Heimatrisiko nicht entgehen.
Dabei wird unterbelichtet, dass sich vor allem die Unicredit und teilweise auch Intesa Sanpaolo längst auf Auslandsmärkte diversifiziert haben und somit von Italien weniger abhängig sind als früher. Gleichzeitig ist das Kreditgeschäft in Italien ertragreicher als etwa in Deutschland.
Konsolidierung liegt schon hinter Instituten
Grundsätzlich hat Italiens Finanzsektor viele Hausaufgaben erledigt, die in Deutschland noch ausstehen. Die führenden Anbieter sind entstanden, indem sie sich durch Zusammenschlüsse mit kleineren Häusern in der Heimat gestärkt haben. In den Neunzigerjahren galt das Land mit rund 1000 vor allem kleinen Banken als „overbanked“, ähnlich wie Deutschland.
Durch Fusionen und Privatisierungen existieren heute jedoch nur noch weniger als halb so viele Anbieter, die dafür gesünder sind. Einige regionale Banken darben weiterhin, doch das Ausmaß hält sich in Grenzen. Selbst die alte Krisenbank Monte dei Paschi (MPS) findet wieder Investoren, wie der in zwölf Monaten mehr als verdoppelte Börsenwert zeigt.
Keine Frage, dass Italiens Banken in der Vergangenheit Fehler gemacht haben. Doch daraus wurden Lehren gezogen. Unicredit musste in der Finanzkrise 2008 und der folgenden Staatsschuldenkrise schwer Federn lassen. Trotz der Verdreifachung des Börsenwertes seit 2021 ist die Bank noch weit entfernt von früheren Höchstständen. Staatliche Eingriffe brachten oft Unheil.
Die Nähe zur Politik ist vorbei
Heute ist das Verhältnis ein anderes. Unicredit-Chef Andrea Orcel sagte die von der Regierung gewünschte Übernahme der MPS ab. Große Nähe zur Politik wird ihm niemand vorwerfen. Bei der Unicredit-Tochtergesellschaft HVB ist die Bilanzsumme als Ausdruck des Umfangs ihrer Geschäftstätigkeit seit der Übernahme vor fast 20 Jahren um rund ein Fünftel geschrumpft, doch sie ist immer noch die drittgrößte Bank Deutschlands.
Nicht zu vergessen ist, dass die HVB vor der Übernahme schwere Verlustjahre durchschritt. Heute ist die Bank aus München stabilisiert, wenn auch mit weniger Mitarbeitern. Der Ertrag wächst. Die Sorgen in Deutschland vor einer Übernahme der Commerzbank sind rational schwer begründbar.
Die italienische Regierung beklagte zu Recht, dass Bundeskanzler Olaf Scholz „feindliche“ Avancen kritisierte, während Rom die Lufthansa zur Übernahme von ITA Airways geradezu einlädt. Stattdessen könnte man es ja auch begrüßen, dass ein ausländisches Unternehmen Investitionschancen in Deutschland wittert – und das ohne deutsche Subventionen. Doch nötig wäre dafür eine wahrhaft europäische Geisteshaltung.