„Die Regierung beweist täglich, dass sie es nicht ernst meint“: Wirtschaftsweise Veronika Grimm stellt Schwarz-Rot ein verheerendes Zeugnis aus. Vor allem die „Schwachen“ würden Opfer der Politik der SPD.
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm gibt der bald startenden Rentenkommission keine Erfolgschancen. Das von der Regierung beschlossene Rentenpaket habe „viel vorweggenommen – und vor allem Ausgaben zementiert. Ich halte es für völlig unmöglich, dass die Kommission da nun noch gegensteuern kann“, sagte Grimm dem Magazin „Focus“.
„Von einem paritätisch besetzten Gremium, wie es geplant ist, ist eine Kehrtwende nicht zu erwarten“, sagte Grimm. „Es geistern ja jetzt schon wieder unausgegorene Vorschläge herum, etwa ein höheres Renteneintrittsalter für Akademiker. Gilt das dann auch für den studierten Volkswirt, der Taxi fährt?“
Unterdessen zeichnet sich die Besetzung der Rentenkommission ab. Für einen Co-Vorsitz will die CDU laut „Bild am Sonntag“ den früheren Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, nominieren. Die SPD wolle demnach die Sozialrechts-Professorin Constanze Janda (Verwaltungshochschule Speyer) für den zweiten Vorsitzendenposten benennen.
Das Bundeskabinett will die Personalien am Mittwoch beschließen und die Rentenkommission dabei formell einsetzen. Die Kommission soll noch im Dezember ihre Arbeit beginnen – und bis Ende Juni 2026 Vorschläge für eine Rentenreform vorlegen.
Insgesamt soll die Rentenkommission aus 13 Mitgliedern bestehen: zwei Vorsitzenden, drei Vizes aus den Reihen der Bundestagsabgeordneten sowie acht Wissenschaftlern. Eine der Vize-Posten soll laut „Bild“ an den CSU-Abgeordneten Florian Dorn gehen, ein weiterer an den CDU-Parlamentarier Pascal Reddig.
Inhaltlich soll die Kommission nach Koalitionsvertrag die Alterssicherung „für alle Generationen“ stabilisieren und eine neue Kenngröße für ein Gesamtversorgungsniveau über gesetzliche, betriebliche und private Vorsorge prüfen. Als mögliche Stellschrauben gelten unter anderem ein an die Lebenserwartung oder Beitragsjahre gekoppeltes Renteneintrittsalter, eine Ausweitung des Kreises der Beitragszahler sowie eine stärker arbeitsmarktorientierte Zuwanderungspolitik. Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) hatte zuletzt erklärt, es brauche „ein ganz neues System“.
Grimm attackiert Bundesregierung
Im Gespräch mit „Focus“ äußerte die Wirtschaftsweise auch für weitere Reformprojekte wenig Hoffnung: „Die Renten-Entscheidung macht wenig Mut. Selbst beim Bürgergeld habe ich Sorge“, sagt Grimm weiter. „Der jüngste Reformentwurf wurde ja noch mal gestoppt. Auch da wird völlig inkonsequent agiert. Das Arbeitsministerium baut lieber neue Schlupflöcher ein, als endlich bei wirksamen Reformen mitzugehen. Mir fehlt aktuell der Glaube, dass strukturelle Veränderungen gewollt sind.“
Die Ökonomin sieht beide Koalitionspartner in der Verantwortung: „Die heutige SPD macht nur vordergründig Politik für die Schwachen, die in Wahrheit Opfer dieser Art von Sozialdemokratie werden“, sagte sie weiter. „Leidtragend“ seien die Ärmeren, „denen viel versprochen wird, was am Ende nicht eingehalten werden kann. Wir erleben also eine extrem unsoziale Politik.“ Was da geschieht, sei „Effekthascherei auf Kosten der Schwachen“.
Aber auch die CDU mache „keinerlei Anstalten, etwas wirklich Grundlegendes ändern zu wollen“. „Die Regierung beweist bislang tagtäglich, dass sie es nicht ernst meint.“
rct
Source: welt.de