Worte des Zuspruchs haben nicht gefehlt, als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Montag in Rom nicht nur den Papst besucht hat, sondern auch die drei auf Ernährungsfragen spezialisierten UN-Organisationen. In Rom befinden sich die Hauptquartiere des Welternährungsprogramms (WFP), das als größte humanitäre UN-Organisation der Welt vor allem für die Schnellhilfe gegen Hunger zuständig ist, sowie die stärker längerfristig arbeitende Welternährungsorganisation (FAO) und der kleinere Internationale Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD).
Alle drei Organisationen sind mit drastischen Budgetkürzungen konfrontiert, die vor allem die Vereinigten Staaten unter Donald Trump eingeleitet haben. Neben der Schließung der Behörde USAID, die viele Projekte zum Stillstand bringt, weil die Amerikaner als Partner-Organisation ausfallen, fließt aus Washington auch direkt weniger Geld zu den UN-Organisationen. Wer indes glaubte, dass andere Nationen die Lücke zumindest teilweise schließen, hat sich getäuscht. Die Bundesregierung ist zusammen mit etlichen anderen Staaten auf den gleichen Zug aufgesprungen. Am stärksten fallen die deutschen Einschnitte beim WFP aus. Im Jahr 2022 beliefen sich die Beiträge Deutschlands noch auf 1,7 Milliarden Euro. In diesem Jahr werden sie nach Auskunft aus diplomatischen Kreisen auf weniger als 500 Millionen Euro fallen.
Von 14 auf sechs Milliarden Euro
Es war der erste Besuch eines Bundespräsidenten bei den römischen UN-Organisationen, seit vor siebzehn Jahren Horst Köhler an den Tiber gekommen war. Damit will Deutschland ein Zeichen zugunsten der multilateralen Zusammenarbeit setzen, sagte Steinmeier vor Journalisten in Rom. Angesichts der Budgetkürzungen, auch der deutschen, hofft er auf das Verständnis der Organisationen. „Ich glaube, dort wird auch gesehen, dass sich das finanzielle Umfeld für die starken Unterstützer-Staaten wie Deutschland verändert. Wir leiden mit, unsere Ökonomie leidet mit und da natürlich auch unsere öffentlichen Budgets“, sagte Steinmeier. Er plädierte für internationale Handelsregeln, durch die Deutschland eines Tages auch wieder mehr Geld für Entwicklungshilfe mobilisieren könne.
Das WFP rechnet damit, dass es in diesem sowie in den nächsten beiden Jahren mit jeweils rund 6,4 Milliarden Euro auskommen muss. Das vergleicht sich mit mehr als 14 Milliarden Euro, wenn man das Rekordjahr 2022 heranzieht, doch auch im vergangenen Jahr standen der UN-Organisation noch knapp 10 Milliarden Euro zur Verfügung. Davon kam eine knappe Milliarde Euro aus Deutschland.
In Jemen wird besonders gekürzt
Das WFP ist nicht nur von seinem Budget her die größte UN-Organisation, sondern auch in Bezug auf seine logistischen Strukturen mit eigenen Flugzeugen, Schiffen und Lagerhäusern, denn wo die Menschen hungern, muss schnell Hilfe kommen. Das geschieht oft entweder über direkte Nahrungsmittellieferungen oder über die Bereitstellung von Bargeld oder Lebensmittel-Vouchern, damit die Menschen vor Ort einkaufen und so lokale Märkte fördern. Die nun einsetzenden Kürzungen werden nach Angaben des WFP dazu führen, dass viele Millionen Menschen mehr hungern müssen. Am stärksten betroffen ist der Jemen. Dort sollen die Zuwendungen voraussichtlich für 4,8 Millionen Menschen gekürzt oder gestrichen werden, ein Rückgang von zwei Dritteln. Der Terror der Huthi-Rebellen spiele dabei eine Rolle, heißt es in WFP-Kreisen. In Afghanistan können 2,5 Millionen Menschen von den Kürzungen betroffen sein, in Somalia, wo das Budget um 43 Prozent sinkt, 1,6 Millionen Menschen. Auch in der Ukraine soll gekürzt werden, wodurch wahrscheinlich eine halbe Million Menschen weniger Hilfe bekommen. Insgesamt könnten nach WFP-Angaben 13,2 bis 16,7 Millionen Menschen von der Not-Ernährungshilfe abgeschnitten werden. Die WFP-Büros vor Ort stehen vor der Wahl, die Rationen für viele zu kürzen oder eine Gruppe von Menschen ganz leer ausgehen lassen, heißt es. Daher sind die Zahlen nur Schätzungen.
FAO unter chinesischem Einfluss
Das 1961 gegründete WFP ist seit langem eine Hochburg der Amerikaner, die nicht nur größter Geber sind, sondern auch den Posten des Exekutivdirektors und mehrere andere Führungsstellen besetzen. Anders als die FAO lebt das WFP nur von freiwilligen Zuwendungen von Regierungen und privaten Spenden. Beim WFP gehen sie davon aus, dass in diesem Jahr rund 6000 Stellen gestrichen werden, 25 bis 30 Prozent der Gesamtbelegschaft. Hinzu kommt, dass die Exekutivdirektorin Cindy McCain ist, die Witwe des republikanischen Senators und Trump-Gegners John McCain, die im Wahlkampf auch selbst in offene Opposition zu Trump getreten ist. Viele haben ihre rasche Abberufung erwartet, doch noch hält sie sich. Ihre Amtszeit läuft bis 2028.
Die FAO dagegen wird seit 2019 von dem Chinesen Qu Dongyu geführt, ein Arrangement, durch das mit dem damaligen Einverständnis der Amerikaner auch den Chinesen die Führung einer UN-Organisation überlassen werden sollte. Die Amerikaner haben den wachsenden Einfluss Chinas beklagt, gleichzeitig liegen sie seit der Wahl von Trump inhaltlich häufiger auf gleicher Linie, wenn es etwa um Massentierhaltung, genveränderte Lebensmittel oder Agrarchemie geht; all das wird als wenig problematisch angesehen. Kürzlich hatte Quo Dongyu versucht, seine Macht zulasten des mit den Botschaftern der Mitgliedsländer besetzten Aufsichtsrates auszuweiten und sich ein höheres Gehalt sowie eine längere Amtszeit zuzugestehen. Dieser Vorstoß wurde unter Führung Deutschlands und anderer europäischer Länder abgewehrt.