Insbesondere unter jüngeren Schwarzen und männlichen Latinos stößt Harris auf deutlich weniger Zustimmung als frühere demokratische Kandidaten. Diese Wählergruppen sind überdurchschnittlich von wirtschaftlichen Problemen wie hohen Preisen und Zinsen betroffen, und bei diesen Themen bescheinigen die Wähler Trump mehr Kompetenz. Hoch gebildete Weiße, die oft wohlhabender sind, halten dagegen Harris die Treue.
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Die aktuelle Lage
Die Umfragen zur Präsidentschaftswahl in den USA sind zwei Wochen vor dem Wahltag weiterhin extrem knapp. Doch nun haben sich die Vorzeichen gedreht: Erstmals seit Anfang August liegt Donald Trump in Führung. In zwei der entscheidenden Swing-States, Arizona und Georgia, liegt er jeweils um etwa zwei Prozentpunkte vorne. In den fünf übrigen Swing-States liegen beide Kandidaten um weniger als einen Prozentpunkt auseinander, was angesichts der Unschärfe von Wahlumfragen als Unentschieden zählt. In den bundesweiten Umfragen führt zwar weiterhin Kamala Harris, aber auf die kommt es nicht an. Die einschlägigen umfragebasierten Prognosemodelle sehen daher inzwischen Trump als leichten Favorit.
Insbesondere unter jüngeren Schwarzen und männlichen Latinos stößt Harris auf deutlich weniger Zustimmung als frühere demokratische Kandidaten. Diese Wählergruppen sind überdurchschnittlich von wirtschaftlichen Problemen wie hohen Preisen und Zinsen betroffen, und bei diesen Themen bescheinigen die Wähler Trump mehr Kompetenz. Hoch gebildete Weiße, die oft wohlhabender sind, halten dagegen Harris die Treue.
Seit Joe Biden angekündigt hat, sich nicht um eine weitere Amtszeit als Präsident zu bewerben, geht es für die Demokraten aufwärts. Die neue Kandidatin, Vizepräsidentin Kamala Harris, führt seit Anfang August (sehr knapp) in den nationalen Umfragen.
Es gehört jedoch zu den Eigenheiten des US-amerikanischen Wahlsystems, dass
ein Kandidat die meisten Stimmen bekommen und dennoch die Wahl verlieren kann. Denn der sogenannte Popular Vote, die Gesamtzahl der Stimmen im Bundesgebiet, ist für die Kür des Präsidenten oder der Präsidentin unerheblich.
Kamala Harris führt in den nationalen Umfragen
Nicht das Volk selbst wählt den US-Präsidenten, sondern eine Versammlung von Wahlleuten aus den einzelnen Bundesstaaten. Die Zahl der Wahlleute eines Staates richtet sich dabei nach der Einwohnerzahl. Gegenüber der Wahl vor vier Jahren gab es ein paar Verschiebungen, von denen unterm Strich Donald Trump profitiert hat: So haben republikanische Staaten wie Texas und Florida Einwohner und somit Wahlleute dazugewonnen, demokratisch geprägte Staaten wie Kalifornien und New York mussten welche abgeben. In fast allen Staaten werden diese Wahlleute nach dem Winner-takes-all-Prinzip verteilt: Schon eine hauchdünne Mehrheit der Stimmen führt zum Gewinn aller Wahlleute des jeweiligen Staates.
Wahlleute nach Bundesstaat
Swing-States sind eingefärbt nach aktuellem Vorsprung in den Umfragen.
Dabei sind viele der Bundesstaaten stark polarisiert und wählen konsistent entweder demokratisch oder republikanisch. Für einen republikanischen Präsidentschaftskandidaten ist es genauso aussichtslos, in Kalifornien um die Mehrheit zu kämpfen, wie für einen demokratischen Kandidaten in Tennessee. Deshalb konzentrieren beide Lager ihren Wahlkampf auf wenige Staaten, in denen der Ausgang offen ist: die Swing-States.
Insgesamt gibt es 538 Wahlleute. Harris und Trump brauchen also 270 Stimmen, um Präsidentin oder Präsident zu werden. Zählt man die Wahlleute jener Staaten zusammen, in denen eine Partei mit einer klaren Mehrheit rechnen kann, kommt Kamala Harris auf 226 Stimmen, Donald Trump auf 219 Stimmen. Das ist die Ausgangslage.
Nach Addieren derjenigen Staaten, die als sicher in der Hand einer Partei gelten, fehlen beiden Kandidaten entscheidende Stimmen für den Wahlsieg. Diese verteilen sich auf sieben umkämpfte Staaten, auf sie wird es ankommen.
Da sind zum einen die Swing-States im sogenannten Rostgürtel: Pennsylvania, Michigan und Wisconsin. Ehemals schlug dort das industrielle Herz der Vereinigten Staaten, von der vor Jahrzehnten erfolgten Verlagerung vieler Fabriken ins Ausland hat sich die Region bis heute nicht ganz erholt. Traditionell wählen die meisten Arbeiter demokratisch, doch 2016 profitierte Donald Trump von ihrer Unzufriedenheit. 2020 eroberte Joe Biden den Rostgürtel für die Demokraten zurück und sicherte damit seinen Sieg.
Alle drei Staaten des Rostgürtels haben bei den vergangenen vier Wahlen stets für den Sieger gestimmt: 2008 und 2012 gewann Barack Obama, 2016 Donald Trump, 2020 Joe Biden. Den Umfragen zufolge könnte Pennsylvania dieses Mal der tipping point state sein: Dort fällt womöglich die Entscheidung über Sieg oder Niederlage.
Die übrigen Swing-States liegen weiter südlich, im sogenannten Sonnengürtel: Arizona, Nevada, Georgia und North Carolina. Lange wählten insbesondere Arizona und Georgia verlässlich republikanisch; George W. Bush gewann sie vor 20 Jahren noch mit zweistelligem Vorsprung, selbst Barack Obama konnte dort nicht gewinnen, das gelang erst Joe Biden 2020, allerdings sehr knapp. Nevada, der Wüstenstaat im Westen, tendiert schon etwas länger zu den Demokraten, bleibt jedoch ebenso umkämpft.
Die Sunbelt-Staaten verändern sich stark, Zuwanderung lässt die Bevölkerung wachsen. Dazu tragen lateinamerikanische Einwanderer bei, aber auch viele US-Amerikaner, die von den hohen Lebenshaltungskosten an den Küsten fliehen oder von den kalten Wintern weiter nördlich. Gute Jobs, günstige Häuser, niedrige Steuern, mildes Klima und interessante Städte wie Phoenix in Arizona, Atlanta in Georgia oder Las Vegas in Nevada ziehen auch gut ausgebildete junge Leute an, davon profitieren die Demokraten.
Für den bestmöglichen Überblick zeigen ZEIT ONLINE und viele andere Medien Durchschnittswerte über alle verfügbaren Umfragen aus einem Bundesstaat. Die einzelnen Umfragen sind für Laien schwer zu interpretieren, da die Qualität der Institute stark schwankt und nicht alle Meinungsforscher unabhängig arbeiten, sondern teils einer der beiden Parteien nahestehen. Doch für alle, die es ganz genau wissen wollen: Hier sind alle verfügbaren Befragungen des laufenden Wahlkampfs.
Die Aufmerksamkeit der Wahlkämpfer und -beobachter konzentriert
sich auf einige wenige der insgesamt 50 Bundesstaaten der USA. Das liegt daran,
dass die Wahl in den meisten Staaten sehr vorhersehbar ist. In 16 Staaten hat sich bei den bislang sechs Wahlen in diesem Jahrhundert stets der Kandidat der Demokraten
durchgesetzt, in Massachusetts beispielsweise stets mit einem Vorsprung von weit
mehr als 20 Prozentpunkten. In 19 Staaten gewann derweil stets ein Republikaner
– in Wyoming mit jeweils mehr als 30 Punkten Vorsprung.
Eine polarisierte Nation
Vorsprünge der jeweiligen Kandidaten in den einzelnen Bundesstaaten bei den letzten sechs Präsidentschaftswahlen
Sicher
|
Tendenziell
|
Swing-States |
Tendenziell
|
Sicher
|
---|---|---|---|---|
Illinois 19 Wahlleute*
Delaware 3
Washington 12
Connecticut 7
Rhode Island 4
New York 28
Kalifornien 54
Hawaii 4
Massachusetts 11
Maryland 10
Vermont 3
District of Columbia 3
|
Minnesota 10 Wahlleute*
New Hampshire 4
Maine 4**
Virginia 13
New Mexico 5
Colorado 10
New Jersey 14
Oregon 8
|
Georgia 16 Wahlleute*
Arizona 11
Wisconsin 10
Pennsylvania 19
North Carolina 16
Nevada 6
Michigan 15
|
Florida 30 Wahlleute*
Texas 40
Ohio 17
Iowa 6
Alaska 3
South Carolina 9
Kansas 6
Missouri 10
Indiana 11
Montana 4
Mississippi 6
|
Louisiana 8 Wahlleute*
Nebraska 5**
Utah 6
Tennessee 11
Alabama 9
Kentucky 8
South Dakota 3
Arkansas 6
Idaho 4
Oklahoma 7
North Dakota 3
West Virginia 4
Wyoming 3
|
** Maine und Nebraska verteilen ihre Wahlleute nach der Mehrheit in jedem Kongresswahlbezirk.
US-Bundesstaaten sind angeordnet nach dem Wahlergebnis von 2020.
Ganz anders ist
die Situation in den Swing-States, wo der Vorsprung des Siegers oft weniger als
einen Prozentpunkt beträgt. Und dann gibt es noch ein paar Staaten dazwischen.
Sie sind nicht ganz so fest in der Hand einer der beiden Parteien, aber es wäre eine große Überraschung, wenn sie diesmal „flippen“ würden, also für den
Kandidaten der anderen Partei stimmen als noch beim vorigen Mal. Eine eindeutige
Abgrenzung zwischen den drei Kategorien gibt es jedoch nicht.
Neben dem komplizierten Wahlsystem gibt es einen zweiten Faktor,
der die Wahl schwer berechenbar macht: Die Wahlumfragen waren zuletzt nicht
besonders verlässlich. 2016 sahen die Meinungsforscher Hillary Clinton klar
vorn, die aber bekanntlich gegen Donald Trump verlor. 2020 bescheinigten die
Umfragen Joe Biden einen komfortablen Vorsprung, am Ende besiegte er Trump
ziemlich knapp.
So weit lagen die Umfragen bei der letzten Wahl daneben
Umfrageergebnisse in den 14 Tagen vor der letzten Wahl in 2020 verglichen mit dem Wahlergebnis.
USA
Arizona
Georgia
Michigan
Nevada
North Carolina
Pennsylvania
Wisconsin