Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat Gedankenspiele von Außenministerin Annalena Baerbock heftig kritisiert, die Bundeswehr im Falle eines Waffenstillstands zur Friedenssicherung in der Ukraine einzusetzen. Er halte solche Spekulationen zum jetzigen Zeitpunkt für unverantwortlich, sagte der CDU-Vorsitzende in der ARD-Sendung Maischberger.
„Diese Frage stellt zurzeit niemand“, sagte Merz. Der Krieg in der Ukraine dauere an, Russland gehe unverändert mit brutaler Härte gegen die Zivilbevölkerung vor. „Wir ringen alle um die Frage, wie man diesen Krieg beenden kann.“ Die Frage sei, wie das gelingen könne. Merz hat angekündigt, in den nächsten Tagen in die Ukraine zu reisen.
Baerbock hatte mit Gedankenspielen über einen möglichen internationalen Friedenseinsatz eine Debatte ausgelöst. Die Grünenpolitikerin hatte am Dienstag am Rande eines Nato-Außenministertreffens in Brüssel ungefragt gesagt, dass verschiedene Elemente eines Friedens in der Ukraine im Raum stünden.
Nato bereitet sich auf Trumps Amtszeit vor
Als Beispiele nannte sie politische wie materielle Sicherheitsgarantien,
die Nato-Mitgliedschaft sowie „eine internationale Präsenz zur
Absicherung eines Waffenstillstandes„. Auf die Frage nach einer
möglichen deutschen Rolle dabei sagte sie, man werde „mit all unseren
Kräften unterstützen“, was dem Frieden in der Ukraine diene. Das wurde so verstanden, dass sie eine Beteiligung der Bundeswehr nicht ausschließt.
Die Nachrichtenagentur dpa berichtete unter Berufung auf Nato-Kreise, dass Baerbock das
Thema einer möglichen internationalen Präsenz nach einem
Waffenstillstand in der Ukraine auch am Mittwochvormittag in einer
Arbeitssitzung mit den anderen Außenministern der Nato-Staaten angesprochen habe.
Demnach machte sie dabei deutlich, dass sich im Fall der Fälle die Frage
einer Beteiligung auch für Deutschland und alle anderen Nato-Partner
stellen würde.
Hintergrund der Gespräche in der Nato ist, dass es für denkbar gehalten wird, dass Donald Trump direkt nach
seinem Amtsantritt als US-Präsident versuchen könnte, die Ukraine und Russland
in einen Waffenstillstand zu drängen.
Röttgen: „Weiß Frau Baerbock, worüber sie redet?“
Auch der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen kritisierte Baerbocks Überlegungen und nannte sie „gedankenlos“. Die Äußerungen seien Zeichen einer falschen
Sicherheitspolitik der Bundesregierung, sagte er der Augsburger
Allgemeinen. „Ich habe für dieses voreilige und leichtfertige Reden
über deutsche und europäische Militäreinsätze kein Verständnis.“
Baerbock berücksichtige
die schwierigen geopolitischen Gegebenheiten zwischen der Ukraine und
Russland nicht ausreichend, sagte Röttgen. „Weiß Frau Baerbock, worüber sie redet? Bei einer über 2.000 Kilometer langen Land- und Seegrenze zwischen der Ukraine und Russland?“
Scholz nennt Spekulationen „ganz unangemessen“
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am Mittwoch versucht, die öffentlichen Aussagen seiner Außenministerin in
einer Befragung im Bundestag herunterzuspielen. Sie sei gefragt worden,
was „in einer späteren Friedensphase“ Sache sei. „Und eigentlich hat
sie nur versucht, weder ja noch nein zu sagen.“
Scholz selbst
schloss die Entsendung deutscher Soldaten aber auch nur für den
jetzigen Zeitpunkt aus. „Ich halte es für ausgeschlossen, dass wir in
der gegenwärtigen Situation Truppen oder deutsche Soldaten in die
Ukraine schicken.“ Das sage er „durchaus im Einvernehmen mit der
Bundesaußenministerin.“
Scholz sagte aber auch, es sei „auch ganz unangemessen, jetzt darüber zu spekulieren, was später mal bei einem verhandelten Waffenstillstand und einer friedlichen Situation“ sein werde.
Unterstützung in SPD und Grünen
Der SPD-Politiker Michael Roth unterstützte Baerbocks Vorstoß dagegen. „Sollte es zu einem Waffenstillstand zwischen der Ukraine und Russland kommen, müssen wir vorab verlässlich klären, wie dieser nachhaltig abgesichert werden kann“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags dem Portal t-online. „Andernfalls besteht die Gefahr, dass Russland die Zeit nutzt, um erneut aufzurüsten und alsbald wieder anzugreifen.“
Der Grünenpolitiker Anton Hofreiter sagte, ein möglicher Waffenstillstand müsse durch möglichst viele Staaten sichergestellt werden. „Das kann ein robustes Mandat der Vereinten Nationen sicherstellen.“ Zu einer möglichen deutschen Beteiligung an einer bewaffneten UN-Friedensmission sagte er: „Selbstverständlich beteiligen sich daran dann auch die Europäische Union und Deutschland. Wichtig ist, dass wir all unsere Entscheidungen gemeinsam mit der Ukraine treffen.“