Geht er oder geht er nicht – und wenn ja, wann? Elon Musk hält die Welt dieser Tage mal wieder in Atem. Er hatte Twitter -Nutzer abstimmen lassen, ob er Chef des Kurznachrichtendiensts bleiben soll. „Soll ich als Chef von Twitter zurücktreten? Ich werde mich an die Ergebnisse dieser Umfrage halten“, schrieb er in der Nacht zu Montag auf Twitter. Die Nutzer konnten mit „Ja „oder „Nein“ abstimmen. Das Ergebnis fiel eindeutig aus. 57,5 Prozent der insgesamt mehr als 17,5 Millionen Teilnehmer stimmten für einen Rücktritt, 42,5 Prozent dagegen.
Bis zum Wechsel dürfte es noch eine Weile dauern. Musk teilte nach der Abstimmung mit, dass er noch einen Nachfolger sucht: „Ich werde als CEO zurücktreten, sobald ich jemanden finde, der blöd genug ist, den Job zu übernehmen! Danach werde ich nur noch die Software- und Server-Teams leiten.“
Klar ist: Musk wäre auch ohne seinen Managerposten der mächtigste Mann bei Twitter, schließlich gehört ihm die Firma. Die ehemalige Führungsriege, die bis zu seinem Einstieg das Unternehmen geleitet hatte, hat das Unternehmen ohnehin freiwillig verlassen oder wurde rausgeworfen. Zweifellos hat Musk längst eigene Vertraute bei dem Kurznachrichtendienst installiert.
Da wäre zum einen Jared Birchall, der als rechte Hand Musks gilt und als Leiter seines Family-Offices mit dem Namen Excession das nicht gerade unbedeutende Vermögen des Milliardärs verwaltet. Vor knapp 6 Jahren hat Birchall es in das engste Umfeld Musks geschafft. Seit 2018 ist er zudem Geschäftsführer von Musks Unternehmen Neuralink, das an der Verbindung des menschlichen Gehirns mit Computern über Implantate forscht. Auch bei anderen Musk-Unternehmungen übernimmt Birchall Funktionen, schließlich steckt ein Großteil von Musks Kapital in den Unternehmen. Wie viel Einfluss er auf das operative Geschäft hat, ist aber nicht bekannt.
Musks Mädchen für alles
Der 48-Jährige war vor seinem Engagement bei Musk als Investmentbanker bei Goldman Sachs, Merrill Lynch und Morgan Stanley tätig. Seine Kontakte in amerikanischen Finanzkreisen sollen ihm dem Vernehmen nach wohl auch dabei geholfen haben, die Finanzierung für die 44 Milliarden Dollar teure Übernahme von Twitter aus dem Boden zu stampfen. Zudem agiert Birchall als Musks Botschafter in der Politik, spricht dort über die Ansichten seines Chefs zu Meinungsfreiheit und Zensur.
Birchall hält sich gern im Hintergrund, er gilt als ruhig und sachlich. Damit bildet er den Gegenpol zum Exzentriker Musk, der schon mehr als einmal seine Twitter-Follower über wichtige Entscheidungen abstimmen ließ oder plötzlich alle seine Häuser verkaufen wollte. Um Letzteres soll sich Birchall gekümmert haben, genauso wie um das Anheuern von Kindermädchen oder Sicherheitspersonal.
Posse um Privatdetektiv
Wie sehr Musk Birchall vertraut, lässt sich anhand von Gerichtsunterlagen nachvollziehen. Ein Höhlentaucher hatte 2018 im Fernsehen Musks Pläne als Unsinn bezeichnet, mit einem U-Boot eine damals in einer thailändischen Höhle gefangene Jugend-Fußballmannschaft zu retten. Musk reagierte mit einer Serie an Tweets und bezeichnete den Taucher unter anderem als „Pedo Guy“, als Pädophilen, woraufhin er wegen Verleumdung auf 190 Millionen Dollar Schadenersatz verklagt wurde.
Während des Prozesses sagte Birchall aus, dass er auf Musks Bitten unter einem Pseudonym einen vermeintlichen Privatdetektiv engagiert hatte, der sich später als Betrüger herausstellte. Der Betrüger hatte Birchall und damit Musk die Information weitergegeben, dass der Höhlentaucher pädophile Neigungen habe. Dem Taucher wurden eigentlich gute Chancen ausgerechnet. Musk gewann den Prozess letztendlich zur Überraschung vieler dennoch.
Musks Staranwalt
Ein weiterer enger Vertrauter Musks ist der Mann, der den Prozess für ihn gewann: sein persönlicher Anwalt Alex Spiro. Das hat Musk offenbar beeindruckt, danach arbeitete er noch öfter mit Spiro zusammen. Auch er soll bei Twitter eine wichtige Rolle spielen. Der 40-Jährige gilt als hervorragender Prozessanwalt, machte sich nach seinem Abschluss an der renommierten Harvard Law School als Staatsanwalt in Manhattan einen Namen, wo er die Verurteilung des als „Dating Game Killer“ bekannten Serienmörder Rodney Alcala erwirkte. Spiro wechselte auf die Verteidigerseite, das Scheinwerferlicht wechselte mit ihm. Er vertrat unter anderem Rapper Jay-Z, Rockstar Mick Jagger, Tennisspielerin Naomi Osaka sowie weitere US-Sportler. Mit großen Egos kennt sich Spiro also vermutlich aus.
Nach der gewonnenen Verleumdungsklage verteidigte Spiro Musk auch im Fall der Übernahme des Photovoltaikanbieters Solar City, der von Musks Cousin gegründet wurde. Tesla-Aktionäre hatten gegen den Deal geklagt. Erneut gewann Spiro vor Gericht. Allerdings konnte auch er nicht verhindern, dass Musk Twitter letzten Endes kaufen musste, obwohl der Milliardär den Deal eigentlich platzen lassen wollte.
Musks Investorenfreunde
Neben Spiro und Birchall gelten die Investoren David Sacks und Antonio Garcias als Vertraute von Musk. Sacks und Musk kennen sich schon seit ihren Tagen beim Bezahldienst Paypal , in den Sacks – der genau wie Musk aus Südafrika stammt – 1999 investierte, kurz bevor Musk dazustieß. Zudem hat er in Musks Weltraumunternehmen Space-X investiert. Private-Equity-Investor Antonio Garcia sitzt wiederum bei Space-X im Aufsichtsrat und war zwischen 2005 und 2010 über seine Investmentfirma Valor Equity Partners in Tesla investiert.
Musks Twittertruppe komplettieren Sriram Krishnan und Jason Calacanis. Krishnan ist Partner beim bekannten Risikokapitalgeber Andreessen Horowitz, war zuvor aber auch als Entwickler tätig: bei Snap, Facebook, Microsoft und zwischen 2017 und 2019 nicht zuletzt auch bei Twitter. Er dürfte Musk bei technischen Fragen bei Twitter beraten. Calacanis ist Seriengründer und Investor und hat mehrere Podcasts. Angeblich hat er Musk bei den Verhandlungen zum Twitter-Kauf beraten.
Calacanis und Sacks gelten als Kandidaten für den Twitter-Chefposten. US-Medien zufolge hat Musk schon vor der Twitter-Abstimmung angefangen, nach einem Nachfolger zu suchen. Vielleicht lässt er ja wieder die Twitter-Nutzer abstimmen.