TV-Duelle: Einer wirr, jener andere ungeil

Natürlich können wir nicht verlässlich in die Zukunft schauen, die Sonne blendet doch arg im Juli. Außerdem sind gerade unsere Fenster beschlagen, weil selbst sie das dampfige Fernsehduell zwischen Joe Biden und Donald Trump mitangesehen haben, wo einer wirr war und der andere doof. Ohnehin hörten wir hinterher sehr erregt „Duell, Duell, Duell, Duell“, es kam von überallher, als seien wir im Frankreich des späten 17. Jahrhunderts gelandet und müssten auf der Straße über ehrenvoll erschossene Offiziersjünglinge steigen, wenn wir bloß mal wieder zur Maniküre wollen. Im Frankreich des 21. Jahrhunderts wünschen sich Leute schon das nächste Fernsehduell herbei, zwischen dem Rechten Jordan Bardella und dem Linken Jean-Luc Mélenchon. Der Mensch guckt offenbar nichts lieber als einen Zweikampf. Die neue öffentliche Duellleidenschaft wird zweifellos in alle Bereiche der Gesellschaft sickern, erste trostlos verkrachte Ehepaare schreien sich bald im Fernsehen an wegen der Sache mit der Praktikantin auf der Weihnachtsfeier und der Frage, wer nun den Hund behalten darf. Wegen großen Erfolgs gründet sich bald Duell-TV, wo sich zum Beispiel Vertreter der allgemeinen Wutgruppe „Anwohner“ und ein amerikanischer Tourist über Themen wie Nachtruhe anbrüllen dürfen, ebenso kann man sich künftig auf der App Duellandoüberall in deutschen Großstädten verabreden, falls man was mit jemandem wirklich klären will, was wiederum ein paar hagestolze Traditionalisten stark kritisieren, da anständige Duelle hinter Kirchen, im Schnee, in welken Rosengärten, bei Mondschein oder Morgengrauen abzuhalten seien, außerdem sei eine strikte Kleiderordnung zu wahren, und altmodische Schusswaffen müssten zumindest symbolisch mitgeführt werden, was aber wegen erweiterter Waffenverbotszonen in Deutschland unmöglich sei. Auf die modischen Verwirrungen reagieren einige Junge-Leute-Medien mit sogenannten Nutzwertartikeln („So bist du der Hotteste in jedem Duell!“), und Reiseblogger posten die schönsten und coolsten „Duellspots“ auf Instagram, an denen man sogar als Leiche nicht weiter stört, sollte es tatsächlich zum Äußersten kommen. Währenddessen denkt die Fifa über die umfangreiche Regeländerung nach, jedes Spiel gleich im Elfmeterschießen zu entscheiden. Und die Deutsche Bahn, immer an neuen jungen Trends interessiert, ersetzt das Fahrgastrechte-Formular durch einen Fehdehandschuh aus Papier, den man einem Schaffner (erkennbar an der schneidigen Uniform) vor die Füße werfen und hinterher folgenlos im Reisezentrum abgeben darf, aber erst bei einer Verspätung von 120 Minuten oder mehr, was ungefähr der Sendezeit des nächsten groß angekündigten, vorab mit 37 Vorberichten eskortierten Fernsehduells entspricht, in dem Fuchs und Hase sich selbst und auch einem Millionenpublikum am Bildschirm enttäuschend einträchtig „Gute Nacht“ sagen.

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