TV-Duell zur Bundestagswahl: Scholz kritisiert „Wortbruch“, Merz sieht „Realitätsverlust“

TV-Duell zur Bundestagswahl: Scholz kritisiert „Wortbruch“, Merz sieht „Realitätsverlust“

Die TV-Debatte zwischen Bundeskanzler Olaf
Scholz
(SPD) und Friedrich Merz, dem Kanzlerkandidaten der Union, hat sich zunächst auf das Verhältnis von CDU/CSU zur AfD gerichtet. Scholz warf Merz einen „Wortbruch und Tabubruch“, den er sehr bedrückend finde, im Zusammenhang mit zwei Abstimmungen im Bundestag vor. Er könne sich nicht mehr sicher sein, dass es keine Zusammenarbeit der Union mit der AfD nach der Bundestagswahl geben werde, sagte Scholz. Merz habe noch 2024 eine Zusammenarbeit mit der AfD
abgelehnt: „Und jetzt hat es eine gegeben“, sagte Scholz.

„Wir werden das nicht tun“, antwortete Merz, „uns trennen in den Sachfragen Welten.“ Es gebe keine Gemeinsamkeiten zwischen Union und AfD: „Es wird diese Zusammenarbeit nicht geben.“ Olaf Scholz beharrte auf Nachfrage: „Nein, ich glaube ihm nicht. Jetzt hat er das gemacht – und für gar nichts!“ Merz konterte: „Wenn Sie das nicht glauben, Herr Scholz, dann ist es Wahlkampf.“

Merz verteidigte seinen Kurs trotz Parteiaustritten von Prominenten wie dem Publizisten
Michel Friedman, bei den Abstimmungen im
Bundestag AfD-Stimmen für eine Mehrheit in Kauf genommen zu haben. „Es
hat in derselben Zeit Hunderte von neuen Eintritten in die CDU gegeben.“

In der Sache berief sich Merz auf sein Entsetzen nach der Mordtat von Aschaffenburg: „Ich kann es mit meinem Gewissen nicht verantworten, dass wir eine Regierungserklärung hören, die die Verantwortung für den Vollzug den Ländern zuschiebt.“ Scholz sagte: „Wir können uns niemals abfinden mit solchen Verbrechen.“ Die Ampelregierung sei aber in den vergangenen Jahren in der Migrationspolitik „auf die richtige Straße eingebogen“.

Merz will weniger 400.000 Bürgergeld-Empfänger

Merz bekräftigte seine Absicht, das Bürgergeld grundlegend zu reformieren. Er rechnete vor, dass der deutsche Staat mit 100.000 Bürgergeldempfängern, die auf den Arbeitsmarkt zurückkämen, mindestens 1,5 Milliarden Euro sparen könne. In Deutschland gebe es 1,7 Millionen Bürgergeld-Empfänger, die arbeiten könnten. „Wenn wir nur ein Viertel von denen zurückholen in den Arbeitsmarkt, sind wir bei 400.000, die wir im Arbeitsmarkt gut gebrauchen könnten“, sagte Merz. Das entspreche auch vier Mal so viel Ersparnis für den deutschen Staat. So könnten sechs Milliarden Euro beim Bürgergeld eingespart werden.

Merz warf Scholz bei der Beurteilung der wirtschaftlichen
Lage in Deutschland Realitätsverlust vor: „Wir sind jetzt im
dritten Jahr einer Rezession, das hat es in Deutschland noch nie
gegeben.“ Es gebe eine
Insolvenzwelle und steigende Arbeitslosenzahlen. Allein in der
Industrie seien 300.000 Arbeitsplätze verlorengegangen. „Das ist
Deindustrialisierung“, sagte Merz.

Scholz sagte, er sei dafür,
dass der Spitzensteuersatz um zwei Prozentpunkte steige, dann
aber später greife. Spitzenverdiener in Deutschland müssten mehr
Steuern bezahlen. Merz sagte, wenn die SPD ihren Plan
umsetzen wolle, 95 Prozent der Beschäftigten bei der
Einkommensteuer zu entlasten, müsste der Spitzensteuersatz auf
60 Prozent steigen. Da könne er nur sagen „gute
Reise“ – dann werde Deutschland privat geführte Unternehmen des
Mittelstands endgültig verlieren.

Scholz und Merz waren sich auch in der Frage einer Reform der
Schuldenbremse uneins. Merz sagt, dass es im Rahmen der
Schuldenbremse schon jetzt in den Jahren 2024 und 2025 möglich
sei, jeweils 50 Milliarden Euro Schulden zu machen. Scholz
betonte dagegen, dass die finanziellen Herausforderungen für
Investitionen und Sicherheitsausgaben eine Reform erfordern.
„Das werden wir nicht schaffen ohne eine Reform der
Schuldenbremse, und die können wir uns auch leisten“, sagt
Scholz. Er verweise hier auf deutlich höhere Schuldenstände
aller anderen G7-Staaten.

Die TV-Debatte im Liveblog

AfDArbeitslosenzahlenArbeitsmarktAschaffenburgBundeskanzlerBundestagBürgergeldCDUCSUDeutschlandEinkommensteuerEuroFriedmanFriedrichFriedrich MerzG7HörenIndustrieInvestitionenMerzMichelMigrationspolitikOlafOlaf ScholzReiseRezessionScholzSchuldenSchuldenbremseSparenSPDSpitzensteuersatzSteuernUnionUnternehmenWahlkampfZeit