In puncto Bürgergeldsanktionen scheinen sich die Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU) und Olaf Scholz (SPD) einig zu sein: Im TV-Duell von Bild und Welt forderten beide mehr mögliche Leistungskürzungen. Scholz sagte, Menschen, die eine mögliche Beschäftigung ablehnten, sollten mit härteren Sanktionen rechnen müssen. Der Bundeskanzler schlug außerdem
vor, Betroffenen öffentlich geförderte Jobangebote zu
machen. Letzteres lehnte Merz ab.
Merz forderte eine Umbenennung der Sozialleistung. „Das gibt
ein falsches Gefühl“, sagte der Unionskandidat zum aktuellen Namen. Es
werde als „bedingungsloses Grundeinkommen empfunden“. Stattdessen schlug
er die Bezeichnung der Grundsicherung vor. Er sagte, man müsse einem Menschen, der arbeiten könne, aber nicht wolle, sagen, „dass der Staat nicht bereit ist, das länger zu akzeptieren“.
Auch in einem weiteren Punkt herrschte Einigkeit: Sowohl Scholz als auch Merz nannten auf die Frage, was sie nachts nicht
schlafen lasse, den Krieg in der Ukraine. Da das BSW und die Linkspartei
die „Ukraine alleine lassen wollen“, sei eine Koalition mit diesen
Parteien für Scholz „außerhalb aller Debatten“, sagte er.
Scholz bleibt optimistisch
Mit Blick auf die Bundestagswahl am Sonntag zeigte sich Scholz erneut betont optimistisch: Der SPD-Politiker setzt nach eigener Aussage auf die zahlreichen noch unentschlossenen Wählerinnen und Wähler. Er sei überzeugt, dass viele Menschen am Sonntag in die Wahlkabine gingen, „und sich erst dann entscheiden, wen und welche Partei sie wählen“. Letztlich glaube er an einen weiteren Regierungsauftrag für ihn selbst.
Die SPD lag in Umfragen zuletzt bei 15 bis 16 Prozent. Das Politbarometer des ZDF hatte vor einigen Tagen ergeben, dass noch 28
Prozent der Wahlberechtigten unentschlossen sind. Im Wahltrend von ZEIT ONLINE liegt die Union stabil bei etwa 30 Prozent in den Umfragen.
Doch auch Merz zeigte sich in dem TV-Duell siegessicher. Es sei nicht selbstverständlich, dass die Union nach der „Wahlniederlage von 2021“ wieder da sei, wo sie jetzt ist. An Scholz gerichtet fuhr er fort, in den kommenden Tagen werde „jetzt kein Wunder mehr passieren“. Er glaube nicht an einen Sieg der SPD angesichts der aktuellen Umfragen.
Bei der Mehrwertsteuer bleibt Merz uneindeutig
Um die Lebensmittelpreise zu senken, will Scholz die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel senken. Das sei eine Unterstützung für die Menschen, die „sehr genau rechnen“ müssten beim täglichen Einkauf. Auf die Frage nach einer möglichen Erhöhung der Mehrwertsteuer antwortete auch Merz: „Ich möchte die Mehrwertsteuer nicht erhöhen.“ Auf eine klarere Aussage wollte er sich nicht festlegen.
Um die kriselnde Wirtschaft zu unterstützen, setzt Scholz auf Steuerprämien für private Investitionen und auf eine „kluge Reform unserer Schuldenbegrenzungsregel“, um staatliche Investitionen in die Infrastruktur zu ermöglichen.
Vor dem Duell sagte Merz der ARD, er schließe eine Reform der Schuldenbremse nicht aus – nachdem zuvor umfassende Reformen auf der Ausgabenseite getätigt wurden. Auch beim Duell sagte er, höhere Staatsausgaben seien „nicht die Lösung“. Der CDU-Kandidat will stattdessen Steuern für Unternehmen senken und einen „richtig harten Rückbau der Bürokratie“.
Härte in der Migrationspolitik
In der zweiten Hälfte des Duells wandte sich die Moderation dem Thema Migration zu, das den Wahlkampf zuletzt dominiert hatte. Bei Abstimmungen für eine härtere Migrationspolitik hatte die Union vor wenigen Wochen Stimmen der AfD in Kauf genommen, was von verschiedenen Seiten kritisiert wurde. In der Debatte mit Scholz sprach sich Merz weiterhin für ein hartes Vorgehen in der Migration aus. Er werde „nur einen Koalitionsvertrag unterschreiben, in dem die Migrationswende“ enthalten sei.
Auch wenn Merz zunächst auf einen „Dissens über die Grenzkontrollen und über die Zurückweisungen an den Grenzen“ hinwies, zeigten sich beide Kandidaten auch in der Migrationspolitik an mehreren Stellen einig. Scholz sprach von ersten Erfolgen bei Zurückweisungen, die Zahl der Abschiebungen sei jedoch derzeit noch zu gering. „Die Steigerung, die ich erreicht habe seit Beginn meiner Kanzlerschaft um 70 Prozent, reicht bei weitem nicht aus, weil es immer noch viel zu wenige sind“, sagte der Kanzler.
Vor dem Hintergrund der zurückliegenden Anschläge in Magdeburg, Aschaffenburg und München nannte Merz die Zahl von „ungefähr 500 amtlich bekannten Gefährder“, die „überwiegend aus Afghanistan und Syrien“ stammen würden. Die Politik habe „kein Instrument in der Hand, um diese Leute festzunehmen, in Abschiebegewahrsam zu nehmen und sie auch abzuschieben“.
Zwar stufen die deutschen Sicherheitsbehörden die Zahl der islamistischen Gefährder Stand August 2024 in dieser Höhe ein, allerdings hat ein Großteil dieser Menschen nach Angaben der Bundesregierung nur die deutsche oder sowohl die deutsche als auch eine andere Staatsbürgerschaft. Diese Personen können nicht abgeschoben oder ausgewiesen werden.
Merz schließt eine Regierungsmehrheit mit der AfD erneut aus
Schon früh im TV-Duell kam das Gespräch auch auf die AfD. Scholz sagte, die SPD brauche ein starkes Ergebnis, sodass „verhindert werden kann, dass auch nur denkbarer Weise eine Zusammenarbeit zwischen CDU und AfD in irgendeiner Form stattfindet“. Merz schloss dagegen mehrfach eine Zusammenarbeit mit der AfD aus, das sei „klar und endgültig“.
Gegen Ende des TV-Auftritts forderte Scholz von Merz, dieser solle ausschließen, sich mit Stimmen der AfD zum Kanzler wählen zu lassen. Merz antwortete darauf: „Ich möchte eine stabile Mehrheit im Deutschen Bundestag für eine neue Regierung haben, und die wird es nicht mit der AfD geben, weder direkt noch indirekt.“
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Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters und AFP.