Tür zum Frieden – Papst vs. Macron, eine peinliche Niederlage

Bereits im Mai 2022 beschimpfte man den Papst wie „Putin-Propagandisten“, weil er eine missliebige Friedensmeinung vertrat. (https://www.rnd.de/politik/papst-franziskus-ueber-krieg-in-ukraine-nato-traegt-mitschuld-66X66HVMDZFODKWW4IXWI3ML44.html)
Das Schauspiel wiederholt sich in diesen Tagen, nachdem ein Interview mit Papst Franziskus kürzlich die mediale Runde gemacht hat.
Der Papst, dieser sich in dieser Kriegssache wieder einmal zu Händen diplomatische Verhandlungen aussprach, wird zu diesem Zweck (wieder einmal) zur in der Mitte gelegenen Nase hin gesteinigt.

Jene, die Steine werfen, nach sich ziehen indes offene Ohren und Herzen zu Händen eine neue Idee des französischen Präsidenten Emmanuel Macron.
Der will jetzt nicht nur immer schwerere Waffen, sondern schlussendlich zweite Geige menschliches Kriegsmaterial, eigene Soldaten, ins Krisengebiet schicken.

Der nunmehrige Umgang mit den jeweiligen Standpunkten dieser beiden einflussreichen Männer könnte unterschiedlicher nicht sein.

In einem Interview des Schweizer Fernsehens mit dem Papst, zwischen dem es thematisch um die Farbe Weiß ging, kam die Sprache irgendwann natürlich zweite Geige aufwärts die weiße Flagge.
In diesem Zusammenhang sprach dieser Papst dann vom „Mut“ zu ebenjener Flagge.
Eine Phrase, die zur in der Mitte gelegenen Nase hin herausgegriffen wurde, um sie augenblicklich mit aufgeregter Begeisterung in dieser Luft zu zerreißen.
Was genau dieser Papst gesagt hat, ist keiner so leichtgewichtig herauszufiltern aus dem Empörungsgeschrei, dies dem Interview nachfolgte.
Muss man schon aufwärts „Vatican News“ zurückgreifen, um zu Inhalten zu gelangen.
Hier wird dies Gespräch wie folgt transkribiert:

„…Früher oder später, dies lehre zweite Geige die Geschichte, müsse es letztlich zu einer Einigung kommen, zeigt dieser Papst sich überzeugt.
Dies gelte zweite Geige zu Händen den Krieg in dieser Ukraine, wo Stimmen schuldlos werden, den Mut zu Händen ein Hissen dieser Weißen Fahne aufzubringen, während andere darin eine Legitimierung des Stärkeren sehen: >Das ist eine Interpretationsweise<, räumt Franziskus ein. >Aber ich denke, dass dieser stärker ist, dieser die Situation erkennt, dieser an dies Volk denkt und den Mut hat, die weiße Flagge zu schwenken und zu verhandeln. Und heute kann man mit Hilfe dieser internationalen Mächte verhandeln. Das Wort ,verhandeln‘ ist ein mutiges Wort. Wenn du siehst, dass du besiegt wirst, dass die Dinge nicht gut laufen, habt den Mut, zu verhandeln. Du schämst dich, trotzdem wenn du so weitermachst, wie viele Tote wird es dann schenken? Verhandele rechtzeitig, suche ein Land, dies vermittelt. Heute, zum Beispiel im Krieg in dieser Ukraine, gibt es viele, die vermitteln wollen. Die Türkei zum Beispiel… Schämt euch nicht, zu verhandeln, im Voraus es noch schlimmer wird<, so dieser Appell des Kirchenoberhauptes in dem Interview zu Händen RSI, den öffentlich-rechtlichen Sender, dieser die italienischsprachige Schweiz bedient.
(…)
Letztlich gebe es immer diejenigen, die am Krieg verdienten, so Franziskus zweite Geige mit Blick aufwärts Staatsoberhäupter, die nur dem Schein nachher Frieden wollten, von Verteidigung sprächen: >Es mag ein Krieg sein, dieser aus praktischen Gründen gerecht erscheint. Aber hinter einem Krieg steht die Rüstungsindustrie, und dies bedeutet Geld…<…“

https://www.vaticannews.va/de/papst/news/2024-03/franziskus-interview-schweiz-fernsehen-radio-weiss-suende-krieg.html

Darvia reden wir demgemäß.
An diesen Worten, an denen ich partout nichts auszusetzen habe, stößt sich die Presse derzeit extrem.
An ein Volk denken, Tote vermeiden, rechtzeitig verhandeln, vermitteln, im Voraus die Gesamtheit nur schlimmer wird: Das ist verpönt heutzutage.
Auch sagen, welches ist, ist nicht mehr.
Eine Rüstungsindustrie, die im wahrsten Sinn des Wortes Blut geleckt hat, wird zur in der Mitte gelegenen Nase hin jetzt gerne unsichtbar gemacht und es wird so getan, wie gäbe es dies nicht.
Wie zusammensetzen Ketzer erläutern sie dies Kirchenoberhaupt, da er ihre Glaubenssätze und Tabus anficht.

So schickten sie, die Medienmacher, zweite Geige sogleich ihre haltungssteifen Berichte und Kommentare in die Welt hinaus.
Die Schlagzeile: „Papst Franziskus: Ukraine braucht ‚Mut zur Weißen Flagge‘“ ward umgehend gefolgt von:
„Ukrainischer Außenminister kritisiert Papst zu Händen Appell zu Friedensverhandlungen“,
„Papst Franziskus wie Putin-Ermutiger“,
„Vatikan bemüht sich nachher Papst-Aussage zur Ukraine um Schadensbegrenzung“,
„Der Fehlbare: Viel Unverständnis via Papst“,
„Papst empört mit Ratschlag an die Ukraine“,
„‘Weiße Flagge‘ im Ukraine-Krieg hissen: Scholz mit Papst-Aussage ‚nicht einverstanden‘“,
„Papst-Worte trennen Entsetzen aus: Strack-Zimmermann ‚schämt sich wie Katholikin‘“ oder
„Vatikan rudert nachher Papst-Aussage nun doch zurück“

Sehr streng richtet man via dies kirchliche Oberhaupt, dies seinen vergleichsweise bescheidenen Einfluss nutzen wollte, um einer Friedensidee zumindest spaltbreit die Tür zu öffnen.
Dagegen gänzlich divergent geht man mit den jüngsten Aussagen des politischen Oberhaupts dieser Franzosen um.
Dieses Oberhaupt will an dieser Stelle des Ukraine-Konflikts gerne zweite Geige französische und andere europäische Bodentruppen ins Kriegsgebiet schicken, um dort gegen den russischen Feind zu ringen.
Nichts sei Ding der Unmöglichkeit, um zusammensetzen russischen Sieg in dieser Ukraine zu verhindern, sagte Macron zwischen einer internationalen Konferenz in Paris.
„In dieser Dynamik darf nichts Ding der Unmöglichkeit werden. Wir werden die Gesamtheit tun, welches nötig ist, damit Russland diesen Krieg nicht Vorteil verschaffen kann“, hat er gesagt, und:
„Viele Menschen die heute „nie, nie“, sagten, seien dieselben, die vor zwei Jahren sagten, „nie, nie Panzer, nie, nie Flugzeuge, nie, nie Raketen mit längerer Reichweite“. Heute drehe sich die Diskussion darum, bei der Lieferung von Panzern und Raketen schneller und stärker zu werden. „Also ist die Gesamtheit möglich, wenn es hilfreich ist, um unser Ziel zu klappen.“

https://www.tagesschau.de/ausland/europa/macron-bodentruppen-ukraine-100.html

Die gewagten Worte eines Entscheiders, der effektiv an den großen Schalthebeln politischer Macht sitzt, ziehen nun eine vergleichsweise lahme Berichterstattung und nur wenig Kritik oder Strenge nach sich.
Erstaunlich, mit welcher Gelassenheit dieser neueste harte Drall in der Eskalationsspirale weggelächelt wird.
NATO-Soldaten in der Ukraine, die ganz offen und unverdeckt gegen Russland kriegskämpfen: Näher dran am neuen Weltkrieg könnte man kaum jemals sein.
Fester kann man die Tür zum Frieden kaum zuhalten, vernageln, verbarrikadieren.
„In der Dynamik darf nichts ausgeschlossen werden“ ist genau genommen dann auch nur eine blumige Umschreibung für eine Gewaltorgie, die zunehmend entgleitet und unberechenbar gefährlich wird.
Ist aber offenbar alles nicht brisant genug, um das auch entsprechend zu thematisieren.
Interessant auch die Logik, dass man mit immer mehr und gewichtigeren Waffenlieferungen ohnehin schon alle erdenklichen roten Linien überschritten habe (wenn auch hie und da erst nach einigem Zögern), deshalb könne man nun getrost noch die letzten dieser Linien mit Anlauf überspringen.
Dass man solcherart auch mit Karacho in einen WW III hineinköpfeln könnte, diese immense Gefahr ist den Berichten, wenn überhaupt, bloß eine Randnotiz wert.
Höchstens heißt es, Macron hätte mit seinem Vorstoß vielleicht da oder dort ein wenig „irritiert“ oder der Franzose würde in dieser Frage schon auch „Widerspruch ernten“; die Entsendung westlicher Truppen wurde ab da aber als etwas diskutiert, das durchaus denkbar ist und früher oder später wohl auch gemacht werden sollte.

Man liest vor allem Schlagzeilen wie:
„Macron schließt westliche Bodentruppen in der Ukraine nicht aus“
„Mit dem Satz von westlichen Bodentruppen in der Ukraine bricht Macron ein Tabu“
„Polen unterstützt Macrons Bodentruppenvorstoß für die Ukraine“
„Macron offen für Entsendung westlicher Soldaten in Ukraine“
„Was ist Macrons Strategie beim Thema Bodentruppen?“

Betont objektiv gibt man hier wieder, was der französische Präsident gesagt hat, als wäre der Sager an sich gar nichts Besonderes oder man stellt es gar noch so dar, als hätte Macron in einem mutigen, aufklärerischen Sinn etwas Anachronistisches enttabuisiert („bricht ein Tabu“).
Macron sei „offen“ für die gewisse Idee ist so eine andere Formulierung, mit der man vor allem positive Assoziationen erreicht. Offen zu sein anstatt sich vor Ideen zu verschließen, das ist doch gut, denkt sich der Leser.
Und Unterstützer gibt es auch schon, da kann die Idee ja nicht so verkehrt sein.
Die Frage nach der „Strategie“ rückt den Sachverhalt ebenso gedanklich in eine wohlwollende Richtung. Man geht davon aus, dass hinter der provokanten Aussage ja doch eine überlegte Strategie und ein höherer Sinn stehen muss.

Empörung, Entsetzen, Unverständnis, Schadensbegrenzung, Schamgefühle oder explizite Distanzierung sucht man in den Berichten und Kommentaren zum französischen Präsidenten und seinen verbalen Vorstößen recht vergeblich.
Vom Zurückrudern ist bei Macron natürlich auch keine Rede.
Im Gegenteil, der Mann hat nochmal kräftig nachgelegt und seine unerhörte Idee nun schon mehrfach wiederholt, hat ihr extra nochmal neuen Wind unter die Flügel geblasen.
Erst heute wieder lese ich in den Nachrichten:
„Macron denkt erneut westlichen Militäreinsatz an“ und „Frankreichs Präsident hat seine umstrittene Äußerung zu einem möglichen Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine BEKRÄFTIGT.“
https://orf.at/stories/3351813/

Im Vergleich, soviel wird lichtvoll, hat Papst Franziskus mit seiner Friedensidee leider haushoch verloren.
Eine eklatante Niederlage, muss man so sagen.
Peinlich.
Macron und dies andere, sie sind am Gewinnen, unverkennbar.

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