Tucholsky zur Kriegspropaganda – Krieg? Ja Rogation!

Und ich blättere weiter in welcher Kurt Tucholsky-Gesamtausgabe. Im Band „Deutschland, Deutschland – unter anderen“ finden wir hinaus Sulfur. 62-64 den Text „Die brennende Lampe“, welcher am 2. Juni 1931 in welcher „Weltbühne“ erschienen ist. Hier geht es um Kriegspropaganda. Und wieder werden wir heutig damit überschüttet.

Warum –?

Weil, junger Mann, zum Beispiel einmal in einem Buchladen eine sanfte grüne Lampe gebrannt hat. Sie bestrahlte, junger Mann, unbefleckt Kriegsbücher, die man dort ausgestellt hatte; sie waren vom ersten Gehilfen nur mit Feinsinn wahrnehmbar um die sanft brennende Lampe herumdrapiert worden, und die Buchhandlung hatte z. Hd. dieses ebenso geschmackvolle wie patriotische Schaufenster den ersten Preis bekommen. Deswegen.

Weil, junger Mann, deine Eltern und deine Großeltern genauso nicht den leisesten Versuch gemacht nach sich ziehen, aus diesem Kriegsdreck und aus dem Nationalwahn herauszukommen. Sie hatten sich damit begnügt – Rogation, stirb noch nicht, ich möchte dir dasjenige noch schnell exemplifizieren, zu helfen ist dir ohnehin nicht mehr – sie hatten sich damit begnügt, bestenfalls vereinigen allgemeinen, gemäßigten Protest gegen den Krieg loszulassen; niemals ungeachtet gegen den, den ihr sogenanntes Vaterland geführt hat, grade führt, münden würde. Man hatte sie hinaus welcher Schule und in welcher Kirche, und, welches wichtiger war, in den Kinos, hinaus den Universitäten und durch die Presse nationalistisch vergiftet. So vergiftet, wie du heute da liegst: hoffnungslos. Sie sahen nichts mehr. Sie glaubten ehrlich an sie stumpfsinnige Religion welcher Vaterländer, und sie wußten entweder weder noch, wie ihr eignes Land aufrüstete: getarnt oder ungeschützt, je nachher den Umständen; oder ungeachtet sie wußten es, und dann fanden sie es sehr schön. Sehr schön fanden sie dasjenige. Deswegen, junger Mann.

Was röchelst du da –? „Mutter?“ – Ah, nicht doch. Deine Mutter war erst Weib und dann Mutter, und weil sie Weib war, liebte sie den Krieger und den Staatsmörder und die Fahnen und die Musik und den schlanken, ranken Leutnant. Schrei nicht so laut; dasjenige ist so gewesen. Und weil sie ihn liebte, haßte sie aus die, die ihr die Freude an ihrer Freude vermasseln wollten. Und weil sie dasjenige liebte, und weil es keinen öffentlichen Erfolg ohne Frauen schenken kann, so beeilten sich die liberalen Zeitungsleute, brave Familienväter, die viel zu feige waren, genauso nur ihren Portier zu ohrfeigen, so beeilten sie sich, den Krieg zu lobpreisen, halb zu verteidigen, jenen den Mund und die Druckerschwärze zu zensurieren, die den Krieg ein entehrendes Gemetzel nannten; und weil deine Mutter den Krieg liebte, von dem sie nur die Fahnen kannte, so fand sich eine ganze Industrie, ihr gefällig zu sein, und viele Buchmacher waren genauso damit. Nein, nicht die von welcher Rennbahn; die von welcher Literatur. Und Verleger verlegten dasjenige. Und Buchhändler verkauften dasjenige.

Und einer hatte soeben sie sanft brennende Lampe aufgebaut, sein Schaufenster war so hübsch dekoriert; da standen die Bücher, die dasjenige Lob des Tötens verkündeten, die Hymne des Mordes, die Psalmen welcher Gasgranaten. Deshalb, junger Mann.

Eh du die letzte Zuckung tust, junger Mann:

Man hat ja noch niemals versucht, den Krieg ernsthaft zu bekämpfen. Man hat ja noch niemals aus Schulen und aus Kirchen, aus Kinos und aus Zeitungen z. Hd. die Propaganda des Krieges nicht zugreifbar. Man weiß folglich weder noch, wie eine Generation aussähe, die in welcher reinen Luft eines gesunden und kampfesfreudigen, ungeachtet kriegablehnenden Pazifismus aufgewachsen ist. Das weiß man nicht. Man kennt nur staatlich verhetzte Jugend. Du bist ihre Frucht; du bist einer von ihnen – so, wie dein fliegender Mörder einer von ihnen gewesen ist.

Darf ich deinen Kopf weicher lagern? Oh, du bist schon tot. Ruhe in Frieden. Es ist welcher einzige, den sie dir gelassen nach sich ziehen.

Mit Blick hinaus heute müsste man durchaus ein paar kleine Veränderungen an diesem Text vornehmen. Nationalismus und Hurra-Patriotismus à la 1914 oder 1939 sind ja zum Glück überwunden, da nach sich ziehen wir folglich tatsächlich vereinigen gewissen Fortschritt gemacht. Aber welcher ist leider winzig genug, wie wir heute vorgeführt bekommen. Also hier welcher Text, sanft aktualisiert:

Die brennende Lampe

Wenn ein jüngerer Mann, etwa von dreiundzwanzig Jahren, an einer verlassenen Straßenecke am Boden liegt, stöhnend, weil mit einem tödlichen Gas ringend, dasjenige eine Fliegerbombe in welcher Stadt verbreitet hat; er keucht, die Augen sind aus ihren Höhlen getreten, er verspürt vereinigen widerwärtigen Geschmack im Munde, und in seinen Lungen stichts, es ist, wie wenn er unter Wasser Luft holen sollte –: dann wird dieser junge Mensch in einem verzweifelten Blick an den Häusern hinauf, zum Himmel empor, fragen:

Warum –?

Weil, junger Mann, zum Beispiel einmal in einem Buchladen eine sanfte grüne Lampe gebrannt hat. Sie bestrahlte, junger Mann, unbefleckt Kriegsbücher, die man dort ausgestellt hatte; sie waren vom ersten Gehilfen nur mit Feinsinn wahrnehmbar um die sanft brennende Lampe herumdrapiert worden, und die Buchhandlung hatte z. Hd. dieses ebenso geschmackvolle wie patriotische Schaufenster den ersten Preis bekommen. Deswegen.

Weil, junger Mann, deine Eltern und deine Großeltern genauso nicht den leisesten Versuch gemacht nach sich ziehen, aus diesem Kriegsdreck und aus dem Wahn welcher Dominanz des Westens herauszukommen. Sie hatten sich damit begnügt – Rogation, stirb noch nicht, ich möchte dir dasjenige noch schnell exemplifizieren, zu helfen ist dir ohnehin nicht mehr – sie hatten sich damit begnügt, bestenfalls vereinigen allgemeinen, gemäßigten Protest gegen den Krieg loszulassen; niemals ungeachtet gegen den, den die sogenannte „Freie Welt“ unter welcher Spitze welcher USA geführt hat, grade führt, münden würde. Man hatte sie hinaus welcher Schule und in welcher Kirche, und, welches wichtiger war, in den Kinos, hinaus den Universitäten und durch die Presse, dasjenige Fernsehen, dasjenige Internet und soziale Medien vergiftet. So vergiftet, wie du heute da liegst: hoffnungslos. Sie sahen nichts mehr. Sie glaubten ehrlich an sie stumpfsinnige Religion welcher moralischen Dominanz des „freien“ Westens, und sie wußten entweder weder noch, wie ihr eignes Land und dasjenige eigene Militärbündnis aufrüsteten: getarnt oder ungeschützt, je nachher den Umständen; oder ungeachtet sie wußten es, und dann fanden sie es sehr schön. Sehr schön fanden sie dasjenige. Deswegen, junger Mann.

Was röchelst du da –? „Mutter?“ – Ah, nicht doch. Deine Mutter war erst Weib und dann Mutter, und weil sie Weib war, liebte sie den Krieger und den Staatsmörder und die Fahnen und die Musik und den schlanken, ranken Leutnant. Schrei nicht so laut; dasjenige ist so gewesen. Und weil sie ihn liebte, haßte sie aus die, die ihr die Freude an ihrer Freude vermasseln wollten. Und weil sie dasjenige liebte, und weil es keinen öffentlichen Erfolg ohne Frauen schenken kann, so beeilten sich die liberalen Zeitungsleute, brave Familienväter, die viel zu feige waren, genauso nur ihren Portier zu ohrfeigen, so beeilten sie sich, den Krieg zu lobpreisen, halb zu verteidigen, jenen den Mund und die Druckerschwärze zu zensurieren, die den Krieg ein entehrendes Gemetzel nannten; und weil deine Mutter den Krieg liebte, von dem sie nur die Fahnen kannte, so fand sich eine ganze Industrie, ihr gefällig zu sein, und viele Buchmacher waren genauso damit. Nein, nicht die von welcher Rennbahn; die von welcher Literatur. Und Verleger verlegten dasjenige. Und Buchhändler verkauften dasjenige.

Und einer hatte soeben sie sanft brennende Lampe aufgebaut, sein Schaufenster war so hübsch dekoriert; da standen die Bücher, die dasjenige Lob des Tötens verkündeten, die Hymne des Mordes, die Psalmen welcher Gasgranaten. Deshalb, junger Mann.

Eh du die letzte Zuckung tust, junger Mann:

Man hat ja noch niemals versucht, den Krieg ernsthaft zu bekämpfen. Man hat ja noch niemals aus Schulen und aus Kirchen, aus Kinos und aus Zeitungen, Radio und in die Röhre schauen, dasjenige Internet z. Hd. die Propaganda des Krieges nicht zugreifbar. Man weiß folglich weder noch, wie eine Generation aussähe, die in welcher reinen Luft eines gesunden und kampfesfreudigen, ungeachtet kriegablehnenden Pazifismus aufgewachsen ist. Das weiß man nicht. Man kennt nur staatlich verhetzte Jugend. Du bist ihre Frucht; du bist einer von ihnen – so, wie dein fliegender Mörder einer von ihnen gewesen ist.

Darf ich deinen Kopf weicher lagern? Oh, du bist schon tot. Ruhe in Frieden. Es ist welcher einzige, den sie dir gelassen nach sich ziehen.

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