Trump müsste weit vorne liegen – demgegenüber hier zeigt sich seine wahre Schwäche

Wachstum und Inflation ermöglichen historisch gesehen eine präzise Vorhersage über den Ausgang der US-Wahlen. Das spräche klar für Trump, er müsste längst haushoch in den Umfragen führen. Aber er kann seinen Vorteil nicht nutzen, was ihn als schwachen Kandidaten enttarnt.

„Die Wähler stimmen mit ihrem Bauch ab“, – so formulierte es Donald Trump jüngst bei einem seiner Wahlkampfauftritte. Der Präsidentschaftskandidat der Republikaner meinte damit keineswegs, dass die Amerikaner beim Ausfüllen des Stimmzettels auf ihr Bauchgefühl hören würden.

„Die Lebensmittelpreise sind in einem Maße gestiegen, wie wir es selten zuvor gesehen haben“, erklärte Trump – und gab US-Präsident Joe Biden die Schuld daran.

Trump hat recht. Viele Amerikaner wussten zuletzt nicht, wie sie ihren Supermarkteinkauf bezahlen sollten. Umso überraschender ist, dass es trotzdem nur für ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit seiner inhaltsleeren und unbekannten Kontrahentin Kamala Harris reicht – zumindest laut aktuellen Umfragen.

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Das lässt Trump als schwachen Kandidaten dastehen. Denn eigentlich müsste die gegenwärtige Zeit zu einem Selbstläufer für einen republikanischen Kandidaten werden.

Der Ökonom Robert Gordon hat dieses Phänomen in eine Formel gegossen. Der Wahlausgang ließe sich am besten mithilfe von zwei Kennzahlen vorhersagen: dem Wirtschaftswachstum, vor allem aber mit der sogenannten Überinflation.

Warum Ronald Reagan die Inflationsregel geschlagen hat

Letztere beschreibt die Teuerungsrate in den ersten dreieinhalb Amtsjahren einer Präsidentschaft im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorgängers. Die Differenz der abstrakten Inflationsraten spielt mit einem besonders simplen Eindruck: Geht es den Amerikanern heute besser oder schlechter als vor vier Jahren?

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Die Antwort der Wähler darauf ist heute so klar wie selten in den vergangenen Jahrzehnten. Während die Inflation zu Trumps Präsidentschaft durchschnittlich gerade einmal 1,9 Prozent betrug, kommt die Biden-Harris-Regierung auf einen Wert von 5,2 Prozent – und damit auf eine deutliche Überinflation.

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In Umfragen nennen Amerikaner die hohen Lebensmittelpreise immer wieder als größte Sorge und machen die amtierende US-Regierung dafür verantwortlich. Laut Gordons Formel müsste Trump die Wahlumfragen also eigentlich haushoch anführen und mit einem Erdrutschsieg ins Weiße Haus einziehen können.

Schlimmer noch für Trump: Auch die Historie lässt ihn schlecht aussehen. Denn bei 15 der 17 vergangenen Wahlen hat jene Formel das Wahlergebnis präzise vorhergesagt. Schon vor rund 40 Jahren wurde Ronald Reagan mit überwältigender Mehrheit wiedergewählt, obwohl die Inflation mit 5,9 Prozent in den dreieinhalb Jahren zuvor verhältnismäßig hoch war.

Dennoch holte Reagan in stolzen 49 von 50 US-Bundesstaaten die Mehrheit, weil die Inflation unter seinem Vorgänger Jimmy Carter mit 9,9 Prozent noch höher lag. Nebenbei stieg die Arbeitslosenquote während der Präsidentschaft von Reagan auf den höchsten Wert in der Zeit zwischen dem Zweiten Weltkrieg und der Corona-Pandemie.

Dass Trump das gegenwärtige Momentum nicht für sich nutzen kann, lässt aus ökonomischer Sicht nur zwei Möglichkeiten zu: Entweder, die Demoskopen liegen mit ihren Wählerumfragen katastrophal falsch, oder Trump ist schlicht ein schwacher Kandidat.

Laurin Meyer ist Wirtschaftskorrespondent der WELT in New York. Er berichtet vor allem über die amerikanische Wirtschaftspolitik, deutsche Unternehmen in den Vereinigten Staaten und Big Tech.

Source: welt.de

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