Am Tag nach dem Sturm auf das Kapitol im Januar 2021 gab sich Nelson Peltz reumütig. Es täte ihm leid, bei den Präsidentenwahlen im vorherigen November für Donald Trump gestimmt zu haben, sagte der amerikanische Investor und Milliardär dem Fernsehsender CNBC. Es sei eine „Schande“, was in Washington geschehen sei, „als Amerikaner schäme ich mich“. Die damalige Empörung scheint aber nicht von Dauer gewesen zu sein, denn kürzlich sagte Peltz der „Financial Times“, er werde in diesem Jahr wahrscheinlich für Trump stimmen, also genauso wie 2020.
Einen ganz ähnlichen Sinneswandel erlebte offenbar David Sacks, ein Technologieinvestor, der sich einst in der Führungsriege des Bezahldienstes Paypal einen Namen gemacht hatte. Kurz nach dem Sturm aufs Kapitol fand er scharfe Worte für Trump. Er bescheinigte ihm, er habe sich „selbst disqualifiziert“, jemals wieder für ein nationales politisches Amt zu kandidieren. Heute aber gibt Sacks sich versöhnt. In der kommenden Woche wird er in San Francisco ein Abendessen mit dem früheren Präsidenten veranstalten und ihm damit beim Sammeln von Wahlkampfspenden helfen. Die Tickets dafür kosten mindestens 50.000 Dollar.
Peltz und Sacks sind nicht allein. Sowohl an der Wall Street als auch im Silicon Valley macht sich Unterstützung für Trump breit. Immer mehr Vertreter der Finanz- und der Technologiebranche schlagen sich öffentlich auf seine Seite. Darunter sind einige, die sich in den vergangenen Jahren von ihm abgewandt hatten. Nicht alle von ihnen geben sich als glühende Anhänger Trumps. Oft wird zur Begründung auf Vorbehalte gegenüber dem derzeitigen Amtsinhaber Joe Biden verwiesen, der als das größere Übel beschrieben wird.
Ärger über Bidens Steuerpolitik
Eines der Ärgernisse in diesen Kreisen ist Bidens Kurs in der Steuerpolitik. Erst kürzlich hat der Präsident wieder Pläne angekündigt, die vor allem auf die höchsten Einkommensschichten abzielen, etwa eine Mindeststeuer für Superreiche oder höhere Kapitalertragsteuern. Biden wird auch übermäßige Regulierung vorgeworfen, zum Beispiel auf Gebieten wie der Künstlichen Intelligenz. Die Kartellbehörden haben unter ihm einen deutlich strengeren Kurs eingeschlagen.
Erst vor wenigen Tagen konnte Trump wieder Stephen Schwarzman in seinem Lager willkommen heißen, den Vorstandschef der Beteiligungsgesellschaft Blackstone, der zu den prominentesten amerikanischen Finanzmanagern zählt. Schwarzman war in Trumps erster Amtszeit einer seiner sichtbarsten Verbündeten aus der US-Wirtschaft, ging aber nach den Ereignissen am Kapitol auf Distanz. Nach den Kongresswahlen 2022 sagte er, es sei Zeit für „eine neue Generation“ an der Spitze der Republikanischen Partei, die er auch bei den Vorwahlen unterstützen wolle. Nun aber, da Trump die Partei fester denn je im Griff zu haben scheint, beugt sich auch Schwarzman wieder. Er ließ verlauten, er wolle „für Wandel stimmen und Donald Trump unterstützen“. Wie die „meisten Amerikaner“ sei er der Auffassung, dass das Land gegenwärtig in der Wirtschafts-, Einwanderungs- und Außenpolitik „in die falsche Richtung“ gehe.
Auch das Valley nicht mehr fest in demokratischer Hand
Die „New York Times“ schrieb kürzlich, Dimons Kommentare hätten auch andere Finanzmanager ermutigt, Trump offen zu unterstützen. Kenneth Griffin, der als Amerikas reichster Hedgefonds-Manager gilt, sagte der Zeitung, er ziehe es „ernsthaft“ in Betracht, sich für Trump auszusprechen. Griffin ist ein wichtiger Geldgeber für Kandidaten der Republikanischen Partei, im Vorwahlkampf hat er allerdings noch andere Kandidaten unterstützt, und Trump hat er nach den Kongresswahlen 2022 als „Verlierer“ geschmäht.
Das Silicon Valley steht traditionell den Demokraten nahe. An sie spenden Mitarbeiter von Technologieunternehmen noch immer weit mehr als an Republikaner. Joe Biden war erst vor wenigen Wochen für einige Spendengalas in der Gegend, zu den Organisatoren gehörten der Investor Vinod Khosla und Marissa Mayer, die frühere Vorstandschefin des Internetkonzerns Yahoo.
Aber der Wind scheint sich etwas zu drehen. Jacob Helberg, der im Softwareunternehmen Palantir eine Beraterrolle hat und noch 2020 Kandidaten der Demokraten unterstützte, gibt diesmal eine Million Dollar an Trumps Kampagne. Er sagte der „Washington Post“, er habe sich kürzlich in den früheren Präsidenten „verliebt“, als er ihn in seinem Privatklub Mar-a-Lago in Florida besucht habe. Trump habe auf entscheidenden Gebieten richtiggelegen, etwa mit seiner antichinesischen Haltung. Im Übrigen sei es im Silicon Valley weniger als noch vor vier Jahren mit einem negativen Stigma verbunden, Trump zu unterstützen.
Als Trump 2016 zum ersten Mal für das Präsidentenamt kandidierte, war der deutschstämmige Investor und Palantir-Mitgründer Peter Thiel einer der wenigen aus der Technologiebranche, die sich öffentlich auf seine Seite geschlagen hatten. Thiel gab Trump damals einen Millionenbetrag und sprach auch auf dem Parteitag der Republikaner. 2020 spielte er keine allzu auffällige Rolle, und obwohl er vor den Kongresswahlen 2022 Trump-nahen Kandidaten Geld gab, hat er gesagt, er wolle sich 2024 wieder heraushalten.
Alles schaut auf Musk
Diese Lücke wird nun aber von Helberg und anderen gefüllt. Zu den Gastgebern des Spenden-Dinners für Trump in San Francisco in der kommenden Woche gehört neben David Sacks auch Chamath Palihapitiya, ein prominenter Tech-Investor, der 2016 noch Hillary Clinton unterstützt hatte. Wenige Tage danach ist in Kalifornien eine weitere Veranstaltung mit Trump angesetzt, die von Palmer Luckey mitorganisiert wird. Luckey war Gründer des auf Computerbrillen spezialisierten Unternehmens Oculus VR und hat es für einen Milliardenbetrag an den heutigen Meta-Konzern verkauft.
Besonders aufmerksam wird beobachtet, wie sich Elon Musk positioniert. Der Vorstandschef des Elektroautoherstellers Tesla hat 2016 für Clinton und 2020 für Biden gestimmt, ist seither aber politisch nach rechts gerückt. Das unterstreicht er oft mit Äußerungen auf der Plattform X, die er 2022 gekauft hat. E rief auch schon bei den jüngsten Kongresswahlen dazu auf, Republikaner zu wählen. Bislang hat Musk noch keinem Kandidaten für das Präsidentenamt in diesem Jahr ausdrücklich seine Unterstützung ausgesprochen. Aber er hat wiederholt deutlich gemacht, dass seine Sympathien eher bei Trump als bei Biden liegen.
Musks scharfe Biden-Kritik
Musk schimpft oft über Bidens Einwanderungspolitik und stellt dessen geistige Verfassung infrage. Unlängst schrieb er: „Biden bekommt offensichtlich kaum mit, was passiert. Er ist nur eine tragische Fassade für eine linksradikale politische Maschine.“ Zu Trump ist Musk freundlicher. So stellte er sich mit Blick auf dessen diverse Rechtsstreitigkeiten auf seine Seite, nannte dessen gegenwärtigen Strafprozess um eine Schweigegeldzahlung in New York eine „Korruption des Gesetzes“ und sprach sich dafür aus, dass der Oberste Gerichtshof jene Strafzahlung in dreistelliger Millionenhöhe rückgängig macht, die kürzlich in einem zivilrechtlichen Betrugsverfahren in New York gegen Trump verhängt worden war.
Das „Wall Street Journal“ schrieb, Trump habe mit Musk über eine mögliche beratende Position gesprochen, falls er wieder ins Weiße Haus einziehe. Es sei diskutiert worden, dass der Tesla-Chef eine formelle Rolle auf Gebieten wie Wirtschafts- oder Einwanderungspolitik bekommen könnte. Trump und Musk hätten zuletzt mehrmals im Monat miteinander telefoniert, Musk rufe Trump direkt auf dem Handy an. Zusammen mit dem Investor Nelson Peltz habe Musk mit Trump auch über Pläne für ein „datengetriebenes Projekt zum Verhindern von Wahlbetrug“ gesprochen – ein Thema, für das der frühere Präsident nach seiner Niederlage 2020, die er bis heute nicht anerkennt, besonders empfänglich ist.
Musk und Peltz hätten Trump zudem von einer Kampagne berichtet, einflussreiche Führungskräfte aus der Wirtschaft zu Treffen einzuladen, um sie zu überzeugen, Biden nicht zu unterstützen. Ein solches Abendessen fand im April schon in den Hollywood Hills in Los Angeles statt, in einem Haus von David Sacks, der auch in die Spendengala mit Trump in San Francisco in wenigen Tagen involviert ist.