TikTok hat rechtliche Schritte gegen das jetzt rechtskräftig gewordene Gesetz angekündigt, das den Verkauf des amerikanischen Teils der Video-Plattform erzwingt oder alternativ in den USA gebannt wird. Präsident Joe Biden hatte das Gesetz am Mittwoch durch Unterschrift rechtsgültig gemacht.
„Dieses verfassungswidrige Gesetz ist ein TikTok- Verbot, und wir werden es vor Gericht anfechten. Wir glauben, dass die Fakten und das Gesetz eindeutig auf unserer Seite sind, und wir werden uns letztendlich durchsetzen.“, teilte das Unternehmen mit. Es habe Milliarden Dollar investiert, um die Daten in den USA zu schützen und seine Plattform frei von äußeren Einflüssen und Manipulationen zu halten. Dieses Verbot würde ansonsten sieben Millionen Unternehmen in den Ruin treiben und 170 Millionen US-Amerikaner zum Schweigen bringen.
Klage kann Erfolg haben
Tatsächlich ist eine Klage, die darauf baut, dass ein Bann vorliegt und damit der Verfassungsgrundsatz der Meinungsfreiheit eingeschränkt wird, nicht ohne Aussicht auf Erfolg. Der Bundesstaat Montana hatte eine Verbot TikTok in dem Bundesstaat beschlossen, wurde darin aber von einem Bundesgericht gebremst bis zu einer endgültigen Entscheidung. Bundesrichter begründete seine Verfügung damit, dass die Kläger – TikTok und Unternehmer, die TikTok als Marketingplattform nutzen – gegen das Gesetz gute Aussichten auf Erfolg hätten, weil Montana vermutlich seine Zuständigkeit als Bundesstaat überschritten habe und zudem vermutlich den Verfassungsgrundsatz der Meinungsfreiheit verletzt habe.
Dem Anliegen des Bundesstaates Montana hatte es nicht genutzt, dass der Autor des Verbotsgesetzes, Generalstaatsanwalt Austin Knudsen selbst in einer Anhörung gesagt hatte: Der beste Weg, seine Botschaft unters Volk zu bringen, sei über soziale Medien. Tatsächlich hatte ein Gericht den von der Trump verhängten Bann der chinesischen App WeChat in Amerika ebenfalls gestoppt mit der Begründung, er verletze die Meinungsfreiheit. Das gelte umso mehr, weil Chinesen in Amerika mit begrenzten Englisch-Kenntnissen keine alternative Medienplattform für ihre Meinungsäußerungen hätten. WeChat ist Experten zufolge stark geprägt und durch chinesische Regierungspropaganda und scheut sich nicht Beiträge, die nicht auf Pekings Linie sind zu zensieren. All das ändert nichts daran, dass WeChat mit immerhin knapp 20 Millionen Nutzern in den USA aktiv bleiben darf.
Die bekannte Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) unterstützte WeChat, und jetzt auch TikTok im Kampf um die Meinungsfreiheit. ACLU kommentierte die Verabschiedung des Gesetzes mit der Wertung, dass es äußerst besorgniserregende Klauseln beinhalte, die de facto TikTok in den USA bannten und die dem Präsident außergewöhnlich großen Entscheidungsspielraum gewähre, Soziale Medien-Plattform aus anderen Ländern zu bannen. Das Recht, Informationen ohne Einmischung des Staates zu bekommen und zu teilen, werde damit weiter untergraben.
Verkauf würde kompliziert werden
Die Frage, ob tatsächlich ein Bann vor liegt oder ein Verkaufszwang, wie Florian Ederer, der Wettbewerbsexperte und Ökonomie-Professor an der Boston University argumentiert, könnte einer der rechtlichen Streitpunkte werden. Klar ist aber, dass ein Verkauf nicht einfach wird. Die amerikanischen Internetgiganten Facebook und Google kommen dafür laut Ederer nicht in Frage, auch Twitter eher nicht. Er erinnerte daran, dass Twitter selbst einmal versucht habe, mit Vine eine vergleichbare Plattform für Kurzfilme an den Start zu bringen. Facebooks Chef Mark Zuckerberg spielte eine Rolle dabei, Vines Expansion zu stoppen, zeigten durchgestochene E-Mails. Er verweigerte Vine Zugang zu Facebook und deren Nutzern.
Dagegen durfte TikTok 2018 ungehemmt Werbung auf Facebook machen gegen eine Zahlung von mehr als einer Milliarde Dollar. Das berichtet zumindest Lucas Kunce vom American Economic Liberties Project, dass Monopolbildungen bekämpft. Facebook hatte damals gehofft, in China genehmigt zu werden – am Ende vergebens. Während Facebook vorgehalten wird, TikTok beflügelt und die amerikanische Konkurrenz Vine unterminiert zu haben, wird Apple vom amerikanischen Justizministerium vorgeworfen, das entstehen einer Super-App wie WeChat in Amerika unterbunden zu haben, indem es mit Absicht hohe Hürden bei der Nutzung des App-Stores errichtete. Das geht aus der Kartellklage hervor.
Wie es weiter geht, ist unklar. Ederer spekuliert, dass TikTok die USA aufgeben könnte. Als Käufer käme vermutlich ohnehin nur ein Konsortium in Frage, bei dem sich die Frage stelle, woher die ihr Geld haben. Der selbsterklärte Interessent Steven Mnuchin, unter Donald Trump Finanzminister, hat enge Verbindungen zu Saudi-Arabien.
Das Wahlkampfthema von Präsident Biden sagte unterdessen einem Sprecher der Medienplattform Axios, dass man TikTok weiter nutzen werde, aber besondere Sicherheitsmaßnahmen ergreifen werde.