Dass Schlachthöfe in Bayern vor unangekündigten Kontrollen gewarnt werden, ist nach Angaben einer amtlichen Tierärztin üblich. „Tatsächlich glaube ich, dass es gang und gäbe ist“, sagte die 28 Jahre alte Tierärztin vor dem Landgericht Aschaffenburg. Sie selbst habe so etwas allerdings nie gemacht. „Ich habe keine Kontrollen angekündigt. Das ist ein Systemproblem in Bayern.“
Die Staatsanwaltschaft wirft der früheren amtlichen Tierärztin von Aschaffenburg vor, den örtlichen Schlachthof vor einem unangekündigten Besuch der Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen gewarnt zu haben. Die Angeklagte bestreitet dies.
Vielmehr habe sie ihren damaligen Partner, einen wegen Beihilfe angeklagten Inhaber eines Zerlegebetriebes, gebeten, den Schlachthof über eine anstehende Prüfung einer Kontrolleurin zu informieren. Dies unterliege nicht der Geheimhaltungspflicht.
Kollegin ist geständig
Eine Kollegin der 28-Jährigen gestand zu Prozessauftakt, den Schlachthof Aschaffenburg über bevorstehende Kontrollen informiert zu haben. „Ihr ist bewusst, dass dies nicht richtig war“, sagte der Verteidiger der 51 Jahre alten Hauptangeklagten. Es tue ihr leid, sie bereue ihr Verhalten. Die Frauen stehen wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht vor Gericht.
Ausgangspunkt des Prozesses waren Aufnahmen der Tierschutzorganisation „Soko Tierschutz“. Diese im Sommer 2023 veröffentlichen Bilder und Videos zeigen, wie Beschäftigte – angeblich im Schlachthof Aschaffenburg – Schweine und Rinder mit Elektroschockern traktieren und offensichtlich noch lebende Tiere auseinandernehmen.
„Ich war selber schockiert, als ich die Videos gesehen habe“, sagte die 28-Jährige. Wenn sie bei den Schlachtungen dabei war, habe es so etwas nicht gegeben. Die Angeklagte sprach von einem großen Personalmangel sowohl im Schlachthof Aschaffenburg als auch auf der Behördenseite. „Das System ist schlecht.“