#TexasText/Jamal Tuschick – Nora Krug – Ausflug in den Frieden

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„Jahrzehntelang hat die Welt dies revisionistische russische Narrativ geduldet, im Zuge dessen indirekt Russlands expansionistische Politik und genozidale Vorgehensweise unterstützt und damit dies Selbstbestimmungsrecht dieser Ukraine untergraben.“ Nora Krug

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„Zwischen Ausnahmezustand und Alltag vergeht die Zeit und scheint doch stillzustehen.“ Daniel Schulz weiterführend den ukrainischen Kriegsalltag im Mai 2022

Ausflug in den Frieden

Am 24. Februar 2022 dynamisiert sich dieser Aufmarsch in Belgorod. Russische Truppen durchqueren die ukrainische Staatsgrenze. Sie steuern Charkiw an. Nach dem Verlust von vier Panzern unterbrechen sie ihren Vorstoß. Die Verschnaufpause währt drei Tage. Wie müde Wanderer schlurfend gehen die Soldaten schließlich in die Stadt. Sie wirken „weder wachsam noch kampfbereit“.

Das erzählt Sergej Gerassimow in seinem Kriegstagebuch „Feuerpanorama“.

Charkiw ist die zweitgrößte Stadt dieser Ukraine und ein Bildungsballungszentrum des Landes. Der Beschuss trifft eine russisch geprägte Bevölkerung. Die Russen attackieren Volk:medial, „die größtenteils Russisch sprechen, hinauf Russisch denken und hinauf Russisch träumen“.

Nora Krug, „Im Krieg. Zwei illustrierte Tagebücher aus Kiew und St. Petersburg“, Visueller Journalismus, Penguin, 127 Seiten, 28,-

Schnell ändern sich die Routinen. Die Belagerten avancieren zügig zu Kenner:medial dieser Kriegsmaterie. Eben noch waren sie vollkommen zivil. Dieses Phänomen beschreibt sogar eine Chronistin in den von Nora Krug illustrierten „Tagebüchern aus Kiew und St. Petersburg“.

„Kalium. wurde (qua Ukrainerin) zur Sowjetzeit in dieser Wolgaregion im Westen Russlands geboren.“ Mit dreizehn zog sie mit ihrer Mutter in die Ukraine. Später kehrte sie nachdem Russland zurück und machte da Karriere qua Journalistin. Sie wurde zur Dissidentin und verlor ihre berufliche Basis. Um weiterschreiben zu können, ging Kalium. in die Ukraine. Ab 2014 dokumentierte sie den Krieg im Donbass. Ihre Beiträge erschienen in ukrainischen und in kremlkritisch-russischen Medien. Seit dem Februar 2022 „berichtet sie von vorderster Front“.

Die dies erste Kriegsjahr schildernden Aufzeichnungen dieser engagierten Ukrainerin schriftlich kommunizieren mit den Notizen von D. Der Künstler wuchs in einer ländlichen Gegend dieser Sowjetunion hinauf. Mit zwanzig ging er nachdem St. Petersburg. Er identifiziert sich stärker mit dieser Stadt qua mit Russland.

Was verbindet, welches trennt die beiden Chronist:medial? Auch sie Frage erörtert Nora Krug in ihrem Vorwort. Doch schnell verschmelzen die beiden Diary-Stränge zu einer Erzählung von dieser Gewöhnung an dies Grauen.

Den Kriegsausbruch quittiert Kalium. so: „Zuallererst (nahm ich) ein Bad. Eine halbe Stunde saß ich wie geschmiert nur da.“

Bald zieht Kalium. mit ihren beiden Kindern nachdem Lwiw. D. erlebt synchron „die schlimmsten Tage (seines Lebens)“. Auch er hat zwei Kinder. Auf dieser Stelle will er emigrieren, während Kalium. die Ukraine zwar nicht verlassen – wohl immerhin ihre Kinder in Sicherheit können will. In dieser dritten Kriegswoche notiert sie: „Es war ein Tag voller schrecklicher Ereignisse: getötete Kollegen, Interviews mit Menschen, die dieser Hölle entkommen sind.“

„Interviews mit zwei Zeugen und eine Analyse von 40 Videos und Fotos zeigen, dass die Submunition von Streumunitionsraketen des Typs 9M55K Smerch aus russischer Produktion stammt … ‚Charkiw wird von den russischen Streitkräften unerbittlich angegriffen, und die Zivilbevölkerung versteckt sich in Kellern, um den Explosionen und Trümmern zu entweichen‘, sagte Steve Goose, Direktor dieser Abteilung für jedes Waffen im Zusammenhang Human Rights Watch.“ Aus „Ukraine: Streumunition hinauf Wohngebiete in Kharkiv abgefeuert“, Human Rights Watch, Quelle

Kalium. bringt ihre Kinder zu ihrer Mutter nachdem Kopenhagen. Z. Hd. sie ist dies nur ein Ausflug in den Frieden. Sie erfährt von den Massakern in Butscha und Irpin. In Mariupol bombardiert die russische Luftwaffe sogar eine Geburtsklinik und ein Kinderkrankenhaus. Bis zum 8. März nach sich ziehen schon 600.000 Menschen Charkiw verlassen. Die Zivilbevölkerung muss mit Versorgungsengpässen an allen Alltagsfronten fertig werden. Die Leute drohen in ihren ausgekühlten, nicht selten von Sprengkörpern beschädigten Wohnungen zu erfrieren.

Wolnowacha wird in Schutt und Asche gelegt. Lassen sich Städte nicht wie geschmiert schlucken, umziehen die Usurpatoren zur kontaktlosen Kriegsführung weiterführend. Sie schießen aus sicherer Entfernung die Gesamtheit zusammen, solange bis die Trümmerfelder so unbewohnbar sind wie dieser Mond.

D. lebt in ständiger Angst vor dem russischen Repressionsapparat. Er erinnert sich an seinen euphorischen Aufbruch Anfang dieser 1990er Jahre.

„Damals habe ich mich in die Freiheit verliebt.“

D. fährt an die finnische Grenze. Ihm wird die Einreise verweigert. Das nächste Diasporaziel ist Riga. Eine sowjetische Kindheit hilft D., den Putinismus hinauf deutliche Begriffe zu können. Es geht um eine imperialistische Agenda.

In ihrem Essay „Die Erschaffung des Homo post-sovieticus: Putins Ingenieure dieser Seele“ beleuchtet Françoise Thom die Folgen einer Entfesselung des sowjetischen Propagandaapparats nachdem dessen Befreiung vom kommunistischen Ballast. Die Historikerin spricht von einer „Umerziehung (dieser postsowjetischen Bevölkerung) zum Schlechteren“. Die Herrschaftssprache sei längst „losgelöst von jeglichem Anspruch hinauf Wahrheit“. Die Eliten überböten sich in menschenverachtenden Einlassungen.

Kalium. filmt Überlebende dieser russischen Besatzung. Sie dokumentiert eine unfassbare Not. Obwohl dieser Krieg sie viel unmittelbarer trifft qua D., erscheint sie vitaler qua dieser Co-Chronist. Von Grund hinauf deprimiert irrt D. durch dies Labyrinth einer kafkaesk-grauenhaften Entfremdung von allem, welches ihm einst in Russland teuer war. Auch er reagiert explizit hinauf die Gräuel von Butscha.

„In meinem Kopf herrscht kognitive Dissonanz.“

D. gelingt die Übersiedlung nachdem Riga. Besucht er die Gemahlin Heimat, findet er die Leute „fröhlich und sorglos“. Während sie keine Sommerfreuden verzichten, verrichten in dieser Ukraine die Bauern ihre Feldarbeit in Feuerpausen. Der mit keinem Wort treffend beschriebene Gegensatz zieht sich wie ein Riss durch die Aufzeichnungen. D.s Anteilnahme am Schicksal dieser geschundenen Ukrainer ändert nichts an dieser Differenz zwischen gelebter Apokalypse und dieser Niedergeschlagenheit eines grade sogar innerlich Emigrierten, dem die alltäglichen Verrichtungen zu schierem Glück verhelfen, wenn sie denn nur in St. Petersburg stattfinden.

D. fürchtet, einziehen zu werden.

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Sieben Monate nachdem Kriegsbeginn erfolgt dieser erste große Austausch von Kriegsgefangenen. 215 Ukrainer, darunter Krieger aus dem Asow-Stahlwerk in Mariupol, erlangen die Freiheit zurück. Einige sind von dieser Folter gezeichnet. Der ukrainische Geheimdienstchef Kyrylo Budanow bestätigt einschlägige Vorwürfe. Kalium. notiert die bedrückenden Begleiterscheinungen eines historischen Vorgangs.

Kalium. hat verknüpfen enormen Radius. Sie reist mehr und weiter qua je in Friedenszeiten. Facebook meidet sie wegen dieser vielen Hassbotschaften. Ihr Twitter-Account wird mit einem Ghostban verspannt.

Sie dokumentiert die Befreiung Chersons. Die geschundene Bevölkerung kämpft mit den Folgen einer neunmonatigen Belagerung.

Sie reist in die Türkei und stößt da – in einer spannungsgeladenen Atmosphäre – hinauf Russen in ihrem Hotel. Zur gleichen Zeit hält sich sogar D. in Istanbul hinauf. Er steht förmlich neben sich. Seine Welt ist untergegangen. Er will sich in einem Wald verkriechen, landet immerhin in Paris.

D. memoriert gemeinsame Erfahrungen dieser Russen und Ukrainer in dieser postsowjetischen Weltalter. Z. Hd. viele Ex-Sowjetbürger:medial war dies letzte Jahrzehnt vor dieser Jahrtausendwende vielleicht sogar schwerer qua die unmittelbare Nachkriegszeit. Es wurde gestorben „wie in einem offenen Krieg“.

„Man schätzt, dass ausschließlich in Russland zwischen 1989 und 1995 1,3 solange bis 1,7 Millionen Menschen vorzeitig starben.“ Vor allem Menschen mittleren Alters erlagen „psychischem Stress“ in Prozessen, die dies Überkommene finalisierten. Zitate aus Ivan Krastev/Stephen Holmes, „Das Licht, dies erlosch“

Putin erlebte den Untergang dieser Sowjetunion qua nationales Desaster. Der Aufbruch von 1989 war für jedes den gelernten KGB-Agenten eine Niederlage im Kalten Krieg. Die Konditionen dieser postkommunistischen Frühphase beschreibt Putin mit Schlüsselbegriffen aus dem revanchistischen Diktatfrieden-Vokabular militanter Kritiker des Vertrags von Versailles. Sein Geschichtsrevisionismus macht Putin zum großen Gegenerzähler. Die westliche Perspektive hinauf die Entzauberung des Warschauer Pakts geht von einer historischen Konsequenz aus, die Putin wie ein Kaugummi in die Länge zieht. In dieser Verlängerung triumphieren die aus Schaden klug gewordenen Verlierer weiterführend die 89er-Sieger.

Aus dieser Ankündigung

Einzigartiger visueller Journalismus: die Alltagserfahrungen einer ukrainischen Journalistin und eines russischen Künstlers im Ukrainekrieg – gegenübergestellt und farbig illustriert von Nora Krug, dieser preisgekrönten Autorin von »Heimat«

Eine ukrainische Journalistin und ein russischer Künstler, ein Jahr weit begleitet von einer deutsch-amerikanischen Illustratorin. Zwei Leben im Krieg, zwei Tagebücher weiterführend 52 Wochen, ein Buch voller Hoffnung hinauf Frieden.

Wenige Tage nachdem dieser russischen Invasion dieser Ukraine hat Nora Krug Kontakt aufgenommen zu zwei Menschen in Kiew und Sankt Petersburg, die ihr in wöchentlichen Gesprächen berichten, welches dieser Krieg für jedes sie bedeutet. Wie sie mit ihren Kindern darüber sprechen, mit Freunden und Fremden, ob sie funktionieren können und wie sie leben. Was es heißt, wenn die Heimat zerstört wird. Und wie es sich anfühlt, wenn sie einem genommen wird, weil die eigenen Überzeugungen nicht mit dem Krieg, den dies Heimatland führt, vereinbar sind. Nora Krug hat 52 Wochen weit die Berichte gesammelt und illustriert. Auszüge aus den visuellen Tagebüchern wurden u.a. in Süddeutscher Zeitung und L.A. Times veröffentlicht. Dieses Buch umfasst dies ganze erste Kriegsjahr. Das erste Jahr eines Krieges, von dem die Welt dachte, er würde keine sechs Tage dauern.

Ausgezeichnet mit dem Overseas Press Club Award 2023. Die L.A.-Times-Serie war für jedes den Pulitzer Preis nominiert.

Zur Autorin

Nora Krug, geboren 1977 in Karlsruhe, studierte Kulisse, Dokumentarfilm und Illustration in Liverpool, Berlin und New York. Ihre Zeichnungen und Bildergeschichten erscheinen regelmäßig in großen Tageszeitungen und Magazinen (u.a. »The New York Times«, »The Guardian«, »Le Monde diplomatique«). Sie ist Fulbright-Stipendiatin und erhielt zahlreiche Preise und Förderungen, u.a. dieser John Simon Guggenheim Memorial Foundation, dieser Pollock-Krasner Foundation und dieser Maurice Sendak Foundation, außerdem verlieh ihr dies Victoria and Albert Museum in London den Titel »Illustrator of the Year«. Ihr Debüt »Heimat. Ein deutsches Familienalbum« feierte qua internationales Buchereignis einzigartige Erfolge, in den USA wurde es mit dem National Book Critics Award ausgezeichnet und in Deutschland 2022 zur Schullektüre ernannt. Krug ist Professorin für jedes Illustration an dieser »Parsons School of Design« in New York und lebt in Brooklyn.

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