#TexasText/Jamal Tuschick – Jamal Tuschick – Kindheit im Kühlschrank

Kindheit im Kühlschrank

Von den Eltern verlassen, im Zusammenhang Verwandten aufgewachsen dies Schicksal von „Gastarbeiter“-Kindern türkischer Herkunft ist im kollektiven Bewusstsein welcher Mehrheitsgesellschaft solange bis heute nicht vorhanden.

In welcher Periode welcher Anwerbung ging es nur um die Arbeitskraft. Das erste Abkommen mit welcher Türkei kam 1961 ohne Berücksichtigung welcher Kinderfrage zustande. In welcher deutschen Administration ersetzte man „Fremd“ mit „Gast“, um die Arbeiter dann wieder so gut wie genauso unterzubringen wie gehabt: Das heißt konzentriert in Baracken. Die Perspektiven koinzidierten: leer gingen von kurzer Dauer welcher Arrangements aus. Kinder wurden im Zusammenhang den Großeltern geparkt. Das ist ein ausgespartes Thema. Mitunter hielten die Zurückgelassenen die Großeltern z. Hd. ihre Eltern. Wenn sie dann nachher Deutschland verbracht wurden – in welcher Konsequenz mutierter Lebensplanungen – kollabierte ihre stärkste Bindung unbesprochen. Nun konnten die gesetzlichen Eltern schlecht exemplifizieren, warum sie den nachkommenden Nachwuchs hauptsächlich undurchführbar hatten.

„Das zurückgelassene Kind entwickelt Schuldgefühle“, erklärt Gülcin Wilhelm, siehe „Generation Koffer. Die Pendelkinder welcher Türkei“. Das Kind vermutet Gründe z. Hd. die Isolation in welcher eigenen Unzulänglichkeit. „Aus dem Muster welcher Selbstverurteilung rührt welcher Drang, sich extra zu beweisen“, in welcher vergeblichen Hoffnung hinauf immediate-return. Gülcin Wilhelm findet zu diesem Zweck dies Bild: „Du wirfst verschmelzen Stein nachher dem anderen in verschmelzen bodenlosen Brunnen“.

Trainingssache Mutterliebe

„Es gibt keinen Mutterinstinkt“, sagt Gülcin Wilhelm. Auch Mutterliebe ist Trainingssache. Da gerieten in vielen Konstellationen Fremde aneinander und sollten sich doch qua Familie verstehen. Wie darüber reden?

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Könnte Adem den Geisteswissenschaften eine angemessene Bedeutung zubilligen, fiele es ihm leichter irgendwas verstehen, welches in seiner Familiengeschichte nie realistisch wurde. Die Aufklärung führt in verschmelzen Abgrund. Der Abgrund tut sich dann hinauf, wenn einer erkennt, dass er z. Hd. die gefühlskalte Mutter keine unerwiderten Gefühle aufgebracht hat. Eine Kindheit im Kühlschrank.

Wohnzimmersonntag – Eine Rückblende

Ein öder Wohnzimmersonntag in den 1970er Jahren. Die Schokoladentorte versöhnt Adem mit welcher Langeweile. In welcher Plattentruhe steigen und purzeln die Schallplatten in einem magischen Geschehen. Rudi Schuricke ist Oma Erikas Mann am Mikrofon. Rudi Schuricke war ein Star von „Hitlers Hitparade“ – so welcher Titel eines Films von Oliver Axer und Susanne Benze. Erika Hölzenbein ist natürlich nicht Adems Oma, sondern die Schneiderin seiner Mutter. Erikas Wohnzimmer bleibt unter welcher Woche geschlossen. Die meisten Mobiliar und so zweite Geige dies Sofa sind so tief abgedeckt. Am meisten neugierig Adem eine Schallplattenvitrine mit Intarsien. Die Vitrine firmiert qua Truhe und glänzte neben einem Vertiko. Die Maschine ist welcher teuerste Gegenstand, den Oma Erika verfügt.

Ihr Alltag spielt sich in welcher Kochkunst ab. Da bäckt sie z. Hd. den Besuch Pfannkuchen oder füllt mit dem Teig die Negativform eines schweren, jugendstilistisch verzierten Waffeleisens. Als Frau eines Verschollenen mit zwei Kleinkindern und einem Baby war Oma Erika nachher dem Krieg kaltgestellt worden. Während ihr so gut wie die Gesamtheit peinlich ist, tritt ihre Schwester Erna mit dem weltweit kopierten Schwung von Marika Rökk hinauf. Das ist Oma Erika erst recht peinlich. Erna lacht herzlich mehr als ihre genante (von genieren) Schwester. Sie fegt Oma Erikas Bedenken vom Tisch, aufgehellt vom mitgebrachten, im Einkaufsbeutel flaschenweise herumgetragenen Likör, dem Erna robust zuspricht. Oma Erika nippt hasenherzig mit hochgezogener Oberlippe. Erna kippt. Sie schließt den Vorgang ab, während sie sich mit dem Handrücken tatkräftig mehr als den Mund fährt. Erna ist den leichten Weg gegangen. Sie hat verschmelzen Ami geheiratet. Onkel Bob aus dem Sonnenstaat Florida. Er fährt zwar verschmelzen Straßenkreuzer, welcher doppelt gemoppelt so breit ist wie ein Opel Admiral, vermeidet sonst hingegen die Gesamtheit Auftrumpfende.

Jahrzehnte später kommen Adem und seine Ehefrau Marion Erika und Bob in Cedar Key am Golf von Mexiko. Eine Inselgruppe vor welcher Waterkant heißt Cedar Keys. Bob zeigte den Gästen die Gegend und so kommen sie dorthin, wo Rosewood einst existierte. Rosewood ist heute eine Wüstung. Der nachher einem Massaker an welcher hauptsächlich Schwarzen Bevölkerung 1923 aufgegebene, rund fünfzehn Kilometer östlich von Cedar Key gelegene Ort, ging 1847 aus einem Holzfällercamp hervor. Cedar bedeutet Zeder. Auch Rosewood bezieht sich hinauf (die Farbe welcher) Zeder. Zedern stifteten dem Weiler eine kleine Industrie. Zu einem Sägewerk kamen Holz- und Kiefernölmühlen (Terpentinmühlen). Nach dem Sezessionskrieg erhielt Rosewood verschmelzen Gleisanschluss. Es formierte sich eine Schwarze Gemeinschaft.

Die weiße Lüge

1923 behauptete eine verheiratete Weiße namens Fannie Taylor nachher einem handfesten Streit mit ihrem weißen Liebhaber, von einem Schwarzen angegriffen und zerschunden worden zu sein. Fannie Taylor brauchte eine Erklärung z. Hd. ihre Blessuren, die sie nicht qua Ehebrecherin desavouierten. Die weiße Lüge löste verschmelzen Pogrom aus. Die Schwarzen kämpften. Die Zahl welcher Toten hinauf beiden Seiten ging in politischen Feststellungen unter.

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