Für den Wandel der Bürowelt steht stellvertretend ein Umzug, der noch gar vollzogen ist. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG will ihre Büros in Frankfurt statt am Flughafen künftig lieber in der Innenstadt haben. Das Unternehmer verlässt als Ankermieter den Prestigebau „The Squaire“, der auf Stelzen oberhalb des Fernbahnhofs am Flughafen errichtet und im Jahr 2011 eröffnet wurde. 2800 Mitarbeiter verlegen ihren Arbeitsplatz damit in den Opernturm und den Park Tower, in denen das Unternehmen künftig zentral sitzen wird.
Büroflächen in zentraler Lage in den Großstädten sind gefragt. In Frankfurt hat das neue Hochhausquartier „Four“ in der Innenstadt viele Büromieter angelockt, weitere Hochhäuser werden errichtet oder saniert. KPMG-Regionalvorstand Ralf Baukloh spricht davon, den Mitarbeitern eine „hochmoderne Arbeitswelt, hervorragende Erreichbarkeit und ein attraktives urbanes Umfeld“ zu bieten. Der Gang aus dem Büro kann schnell in die umliegenden Geschäfte führen, zu Ärzten, in Restaurants oder auch in eine Buchhandlung.
Der Platz im Stadtkern kostet allerdings mehr als in Randlagen. Die genauen Preise hängen vom Standort, von der jeweiligen Ausstattung und dem Stockwerk ab: Je höher der Schreibtisch steht und je besser der Ausblick erscheint, desto teurer wird es. Für das kommende Jahr erwarten Branchenkenner nun noch höhere Mieten für die besten Büroflächen in München, Frankfurt und Hamburg. Nach einer Umfrage unter Marktbeobachtern steigen die Spitzenmieten für Büros in München auf 56,70 Euro je Quadratmeter und in Frankfurt auf 51,45 Euro bis zum Jahresende. Das ist ein Plus um jeweils fünf Prozent im Vergleich zum Jahresanfang, wie aus der neuen Consensus-Büromarktprognose für die fünf wichtigsten Büromärkte in Deutschland hervorgeht.
Anstieg in Düsseldorf erwartet
Die Auswertung von der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung (Gif) und dem Immobilieninstitut CRES der Steinbeis Hochschule soll kommende Woche veröffentlicht werden und liegt der F.A.Z. vorab vor. An der Umfrage beteiligten sich mehr als ein Dutzend Immobilienunternehmen mit ihren Einschätzungen. Aus allen eingereichten Prognosen berechnen die Autoren jeweils Medianwerte. In Düsseldorf erwarten die Befragten einen Anstieg um 2,5 Prozent auf 44,33 Euro je Quadratmeter im Durchschnitt (Median). In Berlin mit 45 Euro und Hamburg mit 35,40 Euro verbleiben die Werte dieses Jahr unverändert.
Studienautor Felix Schindler erkennt, dass sich die Büromärkte immer stärker teilen. „Die Unternehmen sind weiterhin bereit, für erstklassige Objekte mit einer hohen Ausstattungsqualität in den zentralen Innenstadtlagen hohe Mietpreise zu bezahlen“, sagt der Immobilienökonom, der für den Immobilieninvestor HIH Invest Real Estate arbeitet. Vor allem diese Objekte in zentralen Lagen sind gefragt, dort wird die Leerstandsraten weiterhin niedrig sind. „Bei älteren Objekten in peripheren Lagen zeigt sich ein ganz anderes Bild.“ Hier werden Vermietungen herausfordernd mit steigenden Leerständen.
Der Trend zum Homeoffice hat mit und nach der Corona-Pandemie für einen Wandel in den Büros gesorgt. Um Mitarbeiter stärker ins Büro zu locken, setzen größere Unternehmen weniger auf Einzelbüros und stattdessen öfter auf moderne Gemeinschaftsflächen und mehr Besprechungsmöglichkeiten, um die Zusammenarbeit zu verbessern. Dazu zählen Angebote wie Sportkurse, eine Kaffeebar und Gemeinschaftsaktivitäten. Zudem ist der Modernisierungsgrad des Büros oft ein Punkt in Nachhaltigkeitsberichten. Zu hören ist, dass sich Unternehmen bei einem Umzug zwar kleinere Flächen beziehen, aber diese dafür in einem besseren Zustand als zuvor sind. Auch dadurch erhöhen sich die Quadratmeterpreise.
Im kommenden Jahr soll laut der Büroumfrage die Spitzenmiete in München um 1,9 Prozent auf 58,78 Euro steigen, in Frankfurt um 1,5 Prozent auf 52,22 Euro je Quadratmeter und in Hamburg um 2,0 Prozent auf 36,11 Euro. In Berlin und Düsseldorf bleiben die Werte unverändert. Für die Spitzenrenditen erwarten die befragten Analysten ähnliche Werte wie bislang, die zwischen vier und fünf Prozent liegen.
Insgesamt nimmt jedoch auch der Büroleerstand zu. Zu Beginn des Jahres erreichte die Leerstandsrate schon mehr als zehn Prozent in Frankfurt und Düsseldorf, rund sieben Prozent in München und Berlin sowie etwa fünf Prozent in Hamburg. Die Befragten rechnen mit einem Anstieg in diesem Jahr und im kommenden Jahr mit einer weiteren Zunahme in Berlin und Düsseldorf. Für Schindler sind in Büromärkten, die wie in Frankfurt-Niederrad oder Eschborn nicht zentral liegen, kreative Nachnutzungskonzepte für ältere Bürohäuser gefragt. „Insgesamt befinden sich im Markt aktuell sehr wenig spekulative Büroneubauten, und es bestehen zumindest für einen Großteil der neu errichteten Flächen Vorvermietungen“, sagt er.
Büros als beste Renditebringer
Henning Koch setzt als Vorstandsvorsitzender der Commerz Real, einer Tochtergesellschaft der Commerzbank , weiter auf das Büro als Anlageobjekt. „Viele schimpfen über das Büro, aber das kann ich nicht unterschreiben“, sagt er. „Unsere Büroinvestitionen zählen zu den besten Renditebringern der vergangenen Jahre.“ Es kommt auf die Lage und die Qualität der Bewirtschaftung an. Damit das Bürohaus läuft und gefragt ist, muss es am besten Platz in der Großstadt stehen. „Wir haben in München Spitzenmieten von 65 Euro und mehr“, sagt Koch. Das liegt noch einmal ein Stück oberhalb der Medianwerte aus der Umfrage. Allerdings ist es auswärts in schlechten Lagen oder weg von der Großstadt schwierig. „Andere Bürohäuser liegen wie Blei im Regal, die will keiner haben.“
Dabei entwickeln sich die Immobilienmärkte eher langsam, weil Mietverträge für Büros meist länger laufen. Dadurch nimmt auch die Untervermietung zu. Bis zu einem Umzug mit günstigeren Mietkonditionen oder einem besseren Platz in der Innenstadt vergehen Jahre. Für KPMG läuft der Mietvertrag am Flughafen noch bis 2028. Der neue Standort Park Tower soll vor dem Einzug umfassend nach Nachhaltigkeitsstandards modernisiert werden. Dazu wird die Beratungsgesellschaft auch Teile im Opernturm mieten. Diesem Bürohochhaus steht selbst noch ein Eigentümerwechsel bevor. Für die zentrale Immobilie am Opernplatz sollen sich nach Medienberichten mehrere Bieter gefunden haben. Selbst ein Kaufpreis von rund einer Milliarde Euro erscheint möglich. Wie gut das Bieterverfahren am Ende gelingt und wie hoch die Kaufsumme ausfällt, gilt als ein Zeichen für die künftige Entwicklung der Büromärkte.