Seitdem Elon Musk mit Donald Trump gemeinsame Sache macht und zahlreiche rechtsextreme Verschwörungstheorien verbreitet, gibt es immer mehr entsetzte Tesla-Besitzer, die sich für ihre eigenen Autos neuerdings schämen. Viele von ihnen zeigen nun öffentlich ihren Unmut über Musk auf ihren Fahrzeugen.
Die Verkäufe von Anti-Musk-Aufklebern sind in die Höhe geschnellt, nachdem der reichste Mann der Welt erklärt hat, dass er Trump unterstütze und ihm zum Sieg bei den US-Präsidentschaftswahlen verholfen hat. Viele Tesla-Fahrer versuchen inzwischen, sich von dem in Südafrika geborenen Multimilliardär zu distanzieren.
„Die Verkäufe sind wirklich in die Höhe geschnellt. Der Tag nach der Wahl war der mit Abstand erfolgreichste Tag“, sagt Matt Hiller, ein Aquarienarbeiter aus Hawaii, der online eine ganze Serie von Aufklebern verkauft, die Musk anprangern und kritisieren. „Die Menschen erkennen nun, wie sich ein milliardenschwerer Superschurke in die Regierung eingekauft hat, und viele irritiert das extrem.“
Space Clown
Im vergangenen Jahr startete Hiller das Aufkleber-Sortiment, nachdem er sich zunächst gegen den Kauf eines Tesla entschieden hatte. Unter anderem, weil Musk auf seiner Plattform X „schreckliche Menschen unterstützt und zugleich viele andere zum Schweigen bringt“. Inzwischen verkauft er täglich mehrere hundert Aufkleber, die meisten an Tesla-Besitzer. Auf ihnen stehen Slogans wie „Anti Elon Tesla Club“ oder „I Bought This Before Elon Went Crazy“, auf einem anderen ist ein Bild von Musk in Clownsschminke mit der Aufschrift „Space Clown“ zu sehen.
„Die Leute erzählen mir immer wieder, dass sie das Gefühl haben, dass sie dank dieser Aufkleber wieder mit ihren Teslas fahren können“, so Hiller, der einen Teil seines Hauses für seinen Stickerverkauf räumen musste. Hiller entwirft Slogans wie „Elon Ate My Cat“, eine Anspielung auf eine entlarvte Unwahrheit über Migranten, die in Ohio Haustiere fressen. Die Aufkleber verkauft er auf Etsy und Amazon. „Die Menschen sind aufgewühlt. Es ist wirklich eine Erleichterung zu sehen, dass sie aber langsam aufwachen“, sagt er über die steigende Nachfrage.
Musk, der über ein geschätztes Vermögen von 314 Milliarden Dollar verfügt, wurde von vielen US-Liberalen einst als Umweltheld und Technologiepionier gesehen. Auch weil er Tesla zum wertvollsten Automobilunternehmen der Welt gemacht und gleichzeitig davor gewarnt hatte, dass „der Klimawandel die größte Bedrohung für die Menschheit in diesem Jahrhundert ist, abgesehen von der künstlichen Intelligenz“.
Doch sein Ruf unter den liberalen Käufern von Elektroautos geriet ins Wanken, als er X nutzte, um rechtsextreme Verschwörungen zu verbreiten, über den „Woke Mind Virus“ schwadronierte und anfing, enthusiastisch für Trump zu werben, sogar auf Kundgebungen des designierten Präsidenten auftrat und Wahlkampfaktionen in für ihn wichtigen umkämpften Staaten finanzierte.
Vom Paulus zum Saulus
Elon Musk ist nun an Trumps neuer Regierung beteiligt und leitet das neue sogenannte „Department of Government Efficiency“, das unter anderem Massenentlassungen von Mitarbeitenden der US-Regierung plant. Tesla-Besitzer im ganzen Land sind konsterniert. „Ich dachte erst, Elon würde unser Land voranbringen, aber er hat sich viel mehr als eine Art Bösewicht entpuppt. Es ist beängstigend, dass jemand mit so viel Geld einem Politiker so nahe steht“, empört sich Mika Houston, eine Gymnastiklehrerin in Las Vegas, die seit drei Jahren einen Tesla Model 3 fährt.
„Ich liebe mein Auto zwar immer noch, aber ich denke ernsthaft darüber nach, ob ich dieses Verhalten in irgendeiner Form noch gutheißen kann. Es ist mir außerdem peinlich, nach der Wahl mit diesem Auto herumzufahren und ständig über den Mann dahinter nachzudenken“, sagt Houston, die einen „Anti-Elon-Tesla-Club“-Magneten für ihr Auto gekauft hat und in Erwägung zieht, ob sie es nicht doch verkaufen soll.
Pamela Perkins, eine Fotografin, die in der Tesla-Hochburg Silicon Valley in Kalifornien lebt, fährt Model Y. Sie gehört zu einem Freundeskreis, in dem mittlerweile alle darüber nachdenken, ihre Teslas loszuwerden.
„Ich werde im Januar 80 Jahre alt und dachte, ich hätte endlich ein sportliches Auto, mit dem ich es beim Ampelrennen mit jedem aufnehmen kann“, so Perkins über ihren Kauf. „Früher hielt ich Elon Musk für ein Genie, aber er zeigte schnell seine dunkle Seite. Ich erinnere mich, wie ich meinen Mann fragte, ob es nicht doch besser sei, das Auto zu verkaufen, um eine Botschaft zu senden. Ich will auch mein eigenes Gewissen beruhigen. Viele haben mich gefragt, ob ich das Auto verkaufen werde. Ich habe einen Freund, der sich einen Tesla kaufen wollte, sich aber wegen Musk dagegen entschieden hat. Aber Musk sind wir egal, er hat Wichtigeres zu tun. Er will den Mars kolonisieren.“ Es ist unklar, ob diese Gegenreaktion Tesla als nach wie vor dominierendem Elektroautohersteller in den USA schaden wird.
Tesla nicht mehr „to the moon“?
Die Verkäufe haben in diesem Jahr etwas gelitten, mit einem prognostizierten Rückgang von sieben Prozent im vergangenen Quartal im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2023. Analysten führen das aber auf den verstärkten Wettbewerb durch andere Autohersteller und die etwas abgestandene Produktpalette von Tesla zurück, die sich bis auf den gehypten Cybertruck kaum verändert hat. „Tesla ist jetzt nicht mehr der einzige Player in der Stadt, und sie haben nicht offensiv genug neue Produkte auf den Markt gebracht“, sagt Stephanie Valdez Streaty, Director of Industry Insights, beim Branchendienstleister Cox Automotive.
„Elon ist Tesla: Seine Persona hat definitiv Einfluss auf die Wahrnehmung der Marke, und er polarisiert. Ich glaube nicht, dass sich das auf die Verkaufszahlen ausgewirkt hat – noch nicht. Ich gehe davon aus, dass es passieren wird, aber es bleibt abzuwarten, welche Kunden er anzieht und welche er verliert.“ Ebenso ungewiss ist, wie Tesla von Trumps Politik betroffen sein wird. Der neue Präsident hat die Umstellung auf Elektroautos als „Wahnsinn“ bezeichnet und gesagt, dass die Befürworter solcher Fahrzeuge „in der Hölle verrotten“ sollten, und versprochen, die Kaufanreize für diese Fahrzeuge zu streichen.
Trump hat seine Tiraden gegen Elektroautos nach der Unterstützung von Musk etwas abgemildert, plant aber immer noch, eine wichtige Steuererleichterung für neue Käufer zu streichen. Im Moment profitieren jedoch erstmal die Verkäufer von Anti-Musk-Merchandise „Ich habe das Gefühl, dass die Leute sich auf irgendeine Weise Gehör verschaffen wollten, auch wenn das noch so passiv ist“, sagte Stacey Davis, die vor einem Jahr mit dem Verkauf von Musk-Autoaufklebern begann. Davis, die einen Tesla besitzt, sagte, sie habe seit der Wahl einen 800-prozentigen Anstieg der Verkäufe ihrer Autoaufkleber auf Etsy verzeichnet. „Elon war immer weniger mit dem im Einklang, woran ich glaube. Hinzukam, dass er wirklich schräg wurde“, sagt Davis.
„Zuerst dachten wir, OK, er ist einfach einer dieser exzentrischen Menschen. Aber als er dann zu diesem politischen Zeug überging, dachte ich: Oh nein, das allein ist es nicht.“ Angesichts dessen, dass den USA vier Jahre Trump-Präsidentschaft dräuen, ist Musks Engagement für einige Verkäufer eine bittersüße Aussicht. „Ich wäre froh, wenn er aus dem öffentlichen Diskurs verschwinden würde und einfach nur ein reicher Mann unter vielen wäre“, sagt Hiller. „Für mich wäre es völlig in Ordnung, nie wieder einen Elon-Aufkleber zu verkaufen. Mir wäre es lieber, er verschwände, um des Landes willen, und ich könnte wieder Aufkleber mit Fischen drauf machen.“