„Tatort“ Schwarzwald: Es gibt kein Aggressionszentrum

„Tatort“ Schwarzwald: Es gibt kein Aggressionszentrum

Der serialisierte Zwischensprint, den der Tatort
Schwarzwald seit dem letzten Jahr hinlegt, ist mit Die große Angst
(SWR-Redaktion: Katharina Dufner) bei Teil drei angekommen. In der Mitte also. Über fünf Folgen sollen
sich Motive und Konflikte ziehen, wie es in den Reihen, die Tatort und Polizeiruf
sind, eigentlich nicht üblich ist. Was für diese Form der Binnenerzählung
spricht – es lässt sich gut merken, was in den ersten
beiden
Folgen als wiederkehrendes Problemfeld markiert wurde: Kommissar Berg
(Hans-Jochen Wagner) hat irgendein Geheimnis mit dunkler Vergangenheit und könnte
mit Kommissarin Tobler (Eva Löbau) um einen offenen Leitungsposten
konkurrieren.

Mit Fragen, die Zwist befeuern, hat die letzte Folge
aufgehört (Wer könnte’s machen?). Mit Fragen, die den Zwist am Laufen halten,
geht Die große Angst weiter (Was würde aus dem anderen?), als das
Ermittlungsduo das erste Mal auftaucht. Vorher ist eine für Tatort-Verhältnisse
ziemlich lange Exposition zu sehen – ein Paar in einer vollen Seilbahn, in der
geschwitzt wird und die Luft schlecht ist.

Ein Passagier macht trotz Bitten des Mannes (Benjamin
Lillie) das Klappfenster nicht nur nicht auf, sondern auch wieder zu, als dieser
es öffnet, weil seine Frau (Pina Bergemann) schwanger ist. Die Situation wird
unerträglich, sodass die Frau zum Nothammer greift und beim Einschlagen eines
Fensters auch den destruktiven Passagier erwischt, der blutend über ihr
zusammensackt.

Was genau passiert ist, lässt sich nicht sagen, wie
die sich widersprechenden Zeugenaussagen zeigen. Eine hübsche Ausgangssituation
für eine Ermittlung, die aber nicht in die Geschichte führt, die der Film von Tatort-Debütantin
Christina Ebelt (Drehbuch und Regie) erzählen will – es ist relativ schnurz, ob
es ein Unfall war oder ein Gewaltakt gegen den Unsympath oder vielleicht noch
mehr dahintersteckt (Was ist das für ein Typ, der in der Hitze der Seilbahn das
Fenster wieder zuklappt?).

Die große Angst interessiert sich für Sven und Nina
Kucher, das Paar, das abhaut. Erst ins Krankenhaus, wo er als Pfleger arbeitet
und einen Arzt als Kindheitsfreund kennt (schön mit leichten Spuren rheinischer
Mundart: Sahin Eryilmaz); dann in
den Wald, in die Hütte vom Arzt. So was wie Fahrerflucht (wenn man bei Unfällen
in der Seilbahn davon sprechen kann), aus Angst vor Schuld und Sorge um die schwangere
Frau, die hat nämlich einen Hirntumor.

Der Film macht ziemlich wenig, bleibt aber durchaus
spannend. Der Dialogtext zum Auftakt besteht etwa aus sehr allgemeinem
Sprachmaterial – aus Schreien und „Alles wird gut“. Es ist die
körperliche Aktion, die hier viel mehr erzählt. Und die Musik (Jannik Giger,
Daniel Steiner), die das Unangenehme der Situation bestimmt: Sie macht auf
Maschinenkrach, reibt, scheuert oder brüllt wie ein nicht ganz so aufwendig
animierter Bär, bei dem man nicht weiß, wie nah die Höhle ist, aus der die
Sounds kommen.

Zwei sind weg, die anderen müssen sie finden, und die
Spannung entsteht daraus, dass die anderen nicht so genau wissen, was mit den
beiden ist. Ist das Jagdgewehr in der Hütte noch funktionstüchtig? Verursacht der Hirntumor Aggressionen bei
der Frau? Was Die große Angst zeigt: Es ist im Grunde einfach,
guten Dissens über das herzustellen, was die Polizei zu tun hat.

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