„System muss effizienter werden“Ökonomin Schnitzer wirbt für Praxisgebühr und hinterfragt Kosten für Hochbetagte
24.12.2025, 03:32 Uhr
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Ohne Reformen im Gesundheitssystem drohen Beitragssätze von 25 Prozent, warnt die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer. Statt Praxen könnten die Kassen selbst eine Praxisgebühr eintreiben. Doch für bestimmte Gruppen könnten Leistungen reduziert werden.
Die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, hat sich für eine höhere Selbstbeteiligung von Kassenpatienten und eine Praxisgebühr ausgesprochen. „Wir müssen die Prävention stärken. Aber wir werden auch die Selbstbeteiligung erhöhen müssen“, sagte Schnitzer angesichts steigender Kassenbeiträge der „Rheinischen Post“. „Eine Praxisgebühr ist sinnvoll, wenn es gelingt, sie bürokratiearm einzuziehen. Statt die Ärzte damit zu belasten, könnten die Krankenkassen sie einziehen“, sagte Schnitzer.
Die Ökonomin warnte vor weiteren Beitragssteigerungen. „Der Beitrag droht auf 25 Prozent zu steigen. Das Gesundheitssystem muss effizienter werden.“ Dafür sollten etwa Homöopathie und andere Kassenleistungen ohne Evidenz gestrichen werden.
Schnitzer regte auch an, Behandlungen im höheren Alter zu hinterfragen. „Wir werden immer älter und gerade im ganz hohen Alter steigen die Gesundheitskosten enorm an. Wir müssen diskutieren, ob es in einem solch hohen Alter sinnvoll ist, alle verfügbaren, aber häufig auch sehr belastenden Therapien anzuwenden“, sagte sie.
Bereits im November hatte der CDU-Gesundheitspolitiker und Drogenbeauftragte der Bundesregierung Hendrik Streeck für heftige Diskussionen gesorgt, als er die moralische Frage aufwarf, ob man sehr alten Menschen noch besonders teure Medikamente verordnen sollte. Es könne auch Fürsorge sein, auf Behandlungen zu verzichten, argumentierte der langjährige Arzt.
„Wer je erlebt hat, wie ein hochbetagter Mensch auf einer Intensivstation um sein Leben ringt, weiß: Nicht alles, was medizinisch möglich ist, ist auch menschlich vertretbar“, argumentierte Streeck und berichtete über persönliche Erfahrungen mit seinem Vater, der an Lungenkrebs erkrankte. „Wenn die Wahrscheinlichkeit zu sterben größer ist, als die zu genesen, dürfen weder Kosten noch theoretische Möglichkeiten entscheiden. Sondern der Wunsch des Menschen. Seine Würde. Sein Frieden“, sagte Streeck. Er erreichte als Virologe in der Corona-Pandemie größere Bekanntheit.
Millionen Versicherte müssen 2026 mit höheren Zusatzbeiträgen rechnen. Nach einer Auswertung des Vergleichsportals Verivox haben schon mindestens 31 Krankenkassen einen Anstieg für ihre Kunden angekündigt. Betroffen sind etwa Versicherte der zwei großen bundesweiten Krankenkassen. Bei der Techniker Krankenkasse (TK) steigt der Zusatzbeitrag von 2,45 Prozent auf 2,69 Prozent. Die DAK-Gesundheit erhöht ihn von 2,8 Prozent auf 3,2 Prozent.
Source: n-tv.de