Streit in dieser Ampel: Gegen dasjenige sozialdemokratische Rentenbollwerk

Das sozialdemokratische Rentenbollwerk steht. An Kanzler Scholz und Arbeitsminister Heil prallt jede Kritik an den von ihnen gesetzten rentenpolitischen Prioritäten ab, ob sie von Ökonomen, aus der Opposition oder vom Regierungspartner kommt. Die FDP hat spät begriffen, dass sie der SPD im Koalitionsvertrag fahrlässig einen Freibrief ausgestellt hat. Der erlaubt die Fortsetzung einer in den Jahren der großen Koalition begonnenen Politik, die sich einseitig an den Interessen der rund 21 Millionen Rentner ausrichtet. Diese mit dem Ruhestand der Babyboomer stark wachsende Wählerklientel wird mit dem geplanten Rentenpaket II abermals besser abgesichert, auf Kosten der viel dünner besetzten jüngeren Jahrgänge.

Mit dem neuen Gesetz bricht die Ampel mit einer Politik, die sich um eine gerechte Verteilung der demographischen Finanzlast zwischen den Generationen bemüht – eine Politik, für die vor gut 20 Jahren auch SPD und Grüne standen. Nun hebeln beide unter Mithilfe der FDP den damals vorausschauend in die Rentenformel eingebauten Überlastungsschutz ausgerechnet zu Beginn der demographisch schwierigsten Phase wieder aus, für die er eigentlich gedacht war.

In den nächsten 15 bis 20 Jahren wird sich das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentnern selbst nach günstigen Prognosen nochmals stark verschlechtern. Für den Fall, dass es so kommt, sollte der Nachhaltigkeitsfaktor dafür sorgen, dass die Renten langsamer steigen als die Löhne. Damit hätten die Rentner einen Teil der Alterungsrechnung übernommen. Der Wohlstandsverzicht hätte sich in einem niedrigeren Rentenniveau als die derzeit 48 Prozent ausgedrückt.

Die Jüngeren müssen wohl die volle Rechnung zahlen

Wird der Dämpfungsfaktor, wie nun vorgesehen, bis 2040 ausgesetzt, müssen die Jüngeren die volle Rechnung zahlen. Ihnen drohen noch höhere Beitragssätze als bisher kalkuliert, zugleich schultern sie den Löwenanteil der Steuerzuschüsse. Das ist ein harter Schlag gegen die von Liberalen betonte Generationengerechtigkeit. Ihr im Gegenzug ausgehandelter Kapitalfonds federt diesen Schlag in den kritischen Jahren nicht annähernd ab. Zwar ist das Ziel richtig, Kapitalerträge endlich auch in Deutschland zur Stabilisierung des gesetzlichen Rentensystems zu nutzen. Doch ist das Geld in einem staatlichen Fonds nur schlecht davor gesichert, von nachfolgenden Regierungen für anderes verbraten zu werden.

Die schiefe Rentenpolitik der Ampel bringt die FDP, die bei der letzten Bundestagswahl viele jüngere Wähler gewonnen hatte, in Erklärungsnöte. Sie passt auch nicht zur scharfen Kritik ihres Finanzministers Lindner am bedrohlichen Übergewicht der Sozialausgaben im Bundeshaushalt und zu seinem Ruf nach einem „Moratorium“ für neue Sozialleistungen. Dennoch hatte Lindner das teure Geschenk an die Babyboomer mit Arbeitsminister Heil im März noch lobend präsentiert. Zum Dank provoziert Heil den Finanzminister nun noch mit überhöhten Ausgabenwünschen für 2025.

Heil ist jedes Argument recht, um die FDP zu schwächen

Um Gesicht und Wahlchancen zu wahren, hat die FDP das Rentenpaket II blockiert und verlangt Korrekturen zugunsten der Jüngeren, alternativ die Abschaffung der „Rente mit 63“, die Lindner als „Stilllegungsprämie für qualifizierte Beschäftigte“ attackiert. Wie es aussieht, rennt sie wohl vergeblich gegen das SPD-Bollwerk an. Um die FDP zu schwächen, ist Heil jedes Argument recht. Die Garantie des Rentenniveaus stärke das Vertrauen der Jüngeren in die gesetzliche Rente, behauptet er frech. Ökonomen wirft er vor, mit dramatischen Prognosen schon früher falsch gelegen zu haben.

Das stimmt, unterschlägt aber, dass solche auf Fortschreibung aktueller Daten beruhenden Szenarien auch zu stabilisierenden Eingriffen geführt haben, neben dem Nachhaltigkeitsfaktor etwa zur Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre. Die Früchte dieser Reformen und einer unerwartet guten Arbeitsmarktentwicklung hat die SPD zusammen mit der Merkel-Union in Form von Mütterrente, Rente mit 63 und Anhebung der Erwerbsminderungsrenten aber längst verteilt.

Heils Optimismus, dank Zuwanderung, Qualifizierung von Arbeitslosen und mehr Arbeit von Frauen werde sich das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentnern schon bessern, widersprechen Wissenschaftler. Sie weisen darauf hin, dass die deutschen Arbeitsmarktreserven stärker als früher ausgeschöpft und gute Zuwanderer auch anderswo gefragt sind, während die Klimatransformation sichere Industriearbeitsplätze gefährde. Zugleich baut Heil nicht nur mit dem die Lohnnebenkosten treibenden Rentenpaket Beschäftigungshemmnisse auf. Höhere Mindestlöhne, attraktives Bürgergeld, starre Arbeitszeitregeln, Zeitarbeitsbremsen und bürokratische Liefergesetze gehen auf sein Konto.

Diese Rentenpolitik der Ampel verdient kein Vertrauen. Sie spielt Generationen gegeneinander aus und verniedlicht erkennbare Risiken. Die FDP sollte sich fragen, ob sie aus Treue zum Koalitionsvertrag einer Politik die Hand reichen will, die dem Land höchstwahrscheinlich schaden wird.

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