Anura Kumara Dissanayake ist als neuer Präsident Sri Lankas vereidigt worden. Der 55-Jährige gehört der marxistischen Volksbefreiungsfront JVP an und war Spitzenkandidat des Parteienbündnisses Nationale Volksmacht (NPP). Nachdem dieses die zweite Wahlrunde gewonnen hatte, war Dissanayake am Sonntag zum Wahlsieger erklärt worden. Er setzte sich gegen den Oppositionsführer Sajith Premadasa sowie 36 weitere Kandidaten durch. Der bislang amtierende Präsident wurde aufgrund der schweren Wirtschaftskrise des Landes abgestraft und erreichte nur Platz drei.
Laut Wahlkommission entfielen 42,3 Prozent der Stimmen auf den Wahlsieger, der sich damit deutlich von seinen Konkurrenten absetzte. Die JVP hatte sich im Vorfeld mit zivilgesellschaftlichen Kräften und Studierendenorganisationen zum Bündnis NPP zusammengeschlossen. Nach seiner Vereidigung hielt Dissanayake eine kurze Rede, in der er seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit betonte. „Wir glauben nicht, dass eine Regierung, eine Partei oder eine Einzelperson in der Lage ist, diese tiefe Krise zu lösen“, sagte er.
„Ich bin kein Zauberer, ich bin kein Magier, ich bin ein gewöhnlicher Bürger“, sagte der 55-Jährige. Seine Verantwortung bestehe darin, „Teil einer kollektiven Anstrengung zu sein, um diese Krise zu beenden“. Bei der Präsidentschaftswahl handelt es sich um die erste seit den Massenprotesten, die vor zwei Jahren auf dem Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise stattgefunden haben. Damals hatte der zu diesem Zeitpunkt amtierende Staatschef Gotabaya Rajapaksa das Land verlassen, nachdem Tausende Menschen seinen Amtssitz gestürmt hatten. Ein Hilfsprogramm des Internationalen Währungsfonds zur Abmilderung der Wirtschaftskrise brachte strenge Sparmaßnahmen mit sich. Im Wahlkampf hatte Dissanayake eine Lockerung versprochen.
Nach seinem Amtsantritt verkündete der neue Staatschef außerdem, „unabhängig von den Machtverhältnissen in der Welt“ mit anderen Ländern kooperieren zu wollen. Sowohl der indische Regierungschef Narendra Modi als auch Chinas Präsident Xi Jinping haben bereits ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit Sri Lankas neuem Staatschef signalisiert.