350.000 Briefe wird das Willy-Brandt-Haus demnächst verschicken, und auf die Antworten wird man in der SPD-Zentrale sehr gespannt sein. Denn mit den Briefen befragt die Partei ihre 350.000 Mitglieder, ob sie dem
Koalitionsvertrag mit CDU und CSU zustimmen. Erst dann kann eine
Bundesregierung zustande kommen. Mit der Post erhalten alle Mitglieder einen
Zugangscode, um binnen einer Woche digital abzustimmen.
Leicht wird es vielen Sozialdemokraten bestimmt nicht fallen,
Friedrich Merz zum nächsten Bundeskanzler zu machen. Schließlich haben sie
gegen den CDU-Chef eben noch Wahlkampf geführt. Weniges hat so sehr mobilisiert,
wie die Aussicht, diesem Mann ein schlechtes Ergebnis zu bescheren. In vielen
SPD-Kreisen gilt Merz als Populist, als Macho oder Wirtschaftslobbyist. Auch
seine Abstimmung mit der AfD im Bundestag, entgegen vorheriger anderslautender
Beteuerung, hat kein Sozialdemokrat vergessen.