Sondervermögen: BDI uff Seite von SPD und Grünen

In knapp drei Wochen will das Kabinett den Haushalt für 2025 beschließen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) beraten täglich. Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), sonst eher auf der Seite von Union und Liberalen, stärkte am Mittwoch demonstrativ den Sozialdemokraten und Grünen den Rücken.

In einem Positionspapier fordert der Verband 400 Milliarden Euro Investitionen der öffentlichen Hand in die Infrastruktur und den Klimaschutz innerhalb ei­nes Zeitraums von zehn Jahren. Die Summe ergebe sich aus einem Abgleich der gesetzlichen Ziele mit den Haushaltsplanungen von Bund, Ländern und Kommunen. Ausdrücklich für „vertretbar“ hält der BDI Sondervermögen ne­ben dem regulären Haushalt, wenn diese inhaltlich und zeitlich „präzise definiert“ seien.

SPD und Grüne fordern seit Monaten, durch die Aufnahme von Schulden neue Ausgabentöpfe zu schaffen, um etwa die Kosten des Ukrainekrieges oder steuerliche Erleichterungen für Unternehmen zu finanzieren. Die FDP ist dagegen und argumentiert mit den Zins- und Tilgungskosten für die nächste Generation.

Lindner: Bund verfügt über genügend Einnahmen für Investitionen

Die Kritik des Finanzministers an dem Vorstoß des BDI ließ nicht lange auf sich warten. Es sei fraglich, ob es für neue Sondervermögen überhaupt eine verfassungsändernde Mehrheit mit CDU/CSU gebe, schrieb Lindner auf dem Netzwerk Linkedin. Aber auch in der Sache habe er Bedenken. „Die Schaffung von schuldenfinanzierten Sondervermögen ist kein Zaubertrick, der fiskalische und recht­liche Probleme löst.“ Der Bund verfüge über genügend Einnahmen für Investitionen. „Die bereits erheblichen Anstrengungen könnten weiter verstärkt werden, wenn Prioritäten in den Haushalten der kommenden Jahre verschoben würden.“ Auch flössen wegen begrenzter Bau­kapazitäten nicht alle eingeplanten Mittel ab, schrieb Lindner: „Mehr Haushaltsmittel führen also nicht zwingend zu mehr realisierten Investitionen.“

Zustimmung kam dagegen von den Grünen. Der BDI „stimme überein mit im Grunde allen wissenschaftlichen Gremien, auch den konservativen, also Bundesbank, OECD, EZB, Sachverständigenrat der Bundesregierung“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf einer Veranstaltung des Wirtschaftsrats der CDU. „Ich weiß, dass das hier in diesem Saal mehrheitlich wohl anders gesehen wird.“ Aber die Mehrheit der Verbände stelle sich gerade anders auf, betonte Habeck. Er hoffe auf einen „Raum der Diskussion“.

101 Milliarden für das Bildungssystem

158 Milliarden Euro zusätzlich hält der BDI für die Verbesserung der Verkehrswege für nötig, 101 Milliarden Eu­ro für das Bildungssystem und 56 Milliarden Euro gegen den Wohnungsmangel. 41 Milliarden Euro mehr seien für den Klimaschutz nötig, weitere 20 bis 40 Milliarden Euro für die Wirtschaftssicherheit (Resilienz).

„Wir müssen die Transformation zu einem klimaneutralen und digitalen Land beschleunigen, das fordert uns in den kommenden zehn Jahren gewaltig“, sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Die Finanzierung dieser und weiterer Bedarfe müsse jetzt dringend geklärt werden. Der Verband warnte davor, die Schuldenbremse abzuschaffen, und pochte auf Strukturreformen. Daneben brauche es aber „zusätzliche Spielräume“. Bei vollständiger Finanzierung der Investitionsbedarfe über Sondervermögen betrage die künftige Belastung für den Haushalt etwa 15 Milliarden Euro im Jahr.

In diesem Jahr stehen im Bundeshaushalt Ausgaben von 478 Milliarden Euro. Hinzu kommen rund 50 Milliarden Euro an Fördermitteln aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF). Für dieses Sondervermögen schuf einst die große Koalition aus CDU/CSU und SPD die Grundlage. Im vergangenen Jahr flossen von den geplanten Aus­gaben des KTF von knapp 36 Milliarden Euro nur 20 Milliarden Euro tatsächlich ab. Derzeit gibt es in der Ampelkoa­lition heftigen Streit. Viele Ministerien wollen ihre Ausgaben steigern. Die Steuereinnahmen entwickeln sich wegen der wirtschaftlichen Schwäche Deutschlands aber schlechter als erhofft.

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