Silvio Witt: „Man nannte mich dasjenige Mädchen“ – Neubrandenburgs Oberbürgermeister rechnet mit Parteien ab – WELT

Neubrandenburgs scheidender Oberbürgermeister kritisiert die politische Kultur in der Stadtvertretung. Er sei beleidigt worden. Besonders das Verbot der Regenbogenflagge habe seinen Entschluss zum Rücktritt bestärkt. Er spricht von einer „langen Kette von Ereignissen“.

Der scheidende Neubrandenburger Oberbürgermeister Silvio Witt (parteilos) hat nach seinem angekündigten Rückzug Kritik an den Parteien in seiner Stadt geäußert. Gegen ihn sei mit Unterstellungen, Schmähungen, Beleidigungen und Vorwürfen gearbeitet worden, sagte Witt der FAZ

„Man nannte mich das Mädchen, den Kleinen, das Männchen – und das alles im höchsten Gremium der Stadt, in der Stadtvertretung. (…) Da ist eine Stimmung kreiert und von allen Parteien zugelassen worden, die mit einer konstruktiven Zusammenarbeit nichts zu tun hat“, sagte Witt.

Vergangene Woche hatten die Neubrandenburger Stadtvertreter das Hissen der Regenbogenflagge vor dem Bahnhof der Stadt untersagt, nachdem die Flagge zuvor mit einer Hakenkreuzflagge ersetzt worden war. Einen Tag später hatte der homosexuelle Witt seinen Rückzug angekündigt.

Oberbürgermeister brachte Beleidigungen zur Anzeige

Das Verbot der Regenbogenflagge habe „am Ende einer langen Kette von Ereignissen“ zu seinem Rückzug beigetragen, sagte Witt. Eine zentrale Rolle spielten dabei soziale Netzwerke, da sei „der Teufel los“, so Witt. Auf Facebook habe er extreme Beleidigungen in Form von Sprachnachrichten erhalten, die er dutzendfach zur Anzeige gebracht habe.

Lesen Sie auch

Witt rief zum Kampf gegen die AfD auf, die im Stadtrat Neubrandenburgs stärkste Kraft ist. Die demokratischen Parteien dürften sich der AfD nicht anbiedern, sagte Witt. „Ihr dürft sie nicht als Verhandlungspartner akzeptieren. Das ist schon einmal schiefgegangen und das wird wieder schiefgehen. Die AfD wird damit nicht schwächer, sondern stärker.“

Insbesondere im kommunalen Bereich heiße es oft, AfD-Vertreter seien auch gewählt und normale Menschen, mit denen könne man doch verhandeln, sagte Witt. Doch das sei falsch. „Die stellen unseren Staat infrage. Die stellen meine Lebensweise infrage, das, was Artikel eins des Grundgesetzes schützt, die Unantastbarkeit der Menschenwürde. Die wollen mir sagen, Du darfst Dich in der Öffentlichkeit nicht so zeigen, wie Du bist. Die bringen Extrembeispiele von Menschen in Fetischklamotten und sagen, so sei das normal bei Homosexuellen. Und die Leute glauben das“, sagte Witt.

con

Source: welt.de

DiskriminierungNeubrandenburgNewsteamParteientexttospeech