Sexarbeit: Heute kein Foto zum Besten von dich

Irmgard Keun schrieb mal, wie lustig sie sich das Leben vorstellte, wenn sie tot sei und nur noch tanzender Staub. Der Staub tanzte an diesem Nachmittag vor dem Sofa im Sonnenlicht, und ich dachte an all die toten Leute, die da jetzt mittanzten, mein Vater zum Beispiel. Es hatte keinen Sinn, ich schlug mit meinem Arm durch den Staub und stand auf. Es war an der Zeit, die Dinge endlich anzupacken, aber mein Therapeut Wolfgang G. war ja mal wieder im Urlaub, also buchte ich mir schnell einen Termin zum Waxing. Das war produktiv und tat angeblich sauweh. Ich hatte gelernt, dass gute Dinge wehtun, und da war ich bestimmt nicht die Einzige in Deutschland. Heidi Klum war ja genauso drauf, und wahrscheinlich hatte sie das von ihrem Vater, der es von seinem Vater hatte. Alle meine Freundinnen waren gerade dabei, irgendwie ihre Haare loszuwerden, weil der Sommer kam, aber sie gingen zum Lasern, nicht zum Waxing. Beim Waxing werden die Haare rausgerissen, beim Lasern an der Wurzel verödet, und dann kommen sie auch nicht wieder, sagt man. Jedenfalls redeten meine Freundinnen plötzlich alle davon, wie sie sich alles weglasern ließen, mit diesem wahnsinnigen Blick von jemandem, der kurz glaubt, die Lösung gefunden zu haben, die Lösung für alles. Für Lasern kriegte ich jetzt aber so schnell keinen Termin, nur für Waxing.

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