Schwarz, Rot, Geld – da hakt es im Zusammenhang Union und SPD

Schwarz, Rot, Geld – da hakt es im Zusammenhang Union und SPD

Gestern Kontrahenten – morgen Koalitionspartner? Im Fernsehduell stritten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und sein Herausforderer Friedrich Merz (CDU) über die Aufstellung des Landes, moderat im Ton, divergent in der Sache. Der Kanzlerkandidat der Union liegt derzeit in den Um­fragen klar vorn. Und da die CSU ein Bündnis mit den Grünen kategorisch ausschließt, spricht viel dafür, dass Union und SPD nach dem Wahltag in zwei Wochen sondieren müssen, ob sie genügend Gemeinsamkeiten für eine Koalition haben; nur dann vermutlich ohne Scholz.

Schwer zur Deckung zu bringen sind die Konzepte in der Finanzpolitik. Amtsinhaber Scholz drang im Fernsehduell wie schon lange seine Partei auf eine Öffnung der Schuldenbremse. Merz argumentierte, das Grundgesetz erlaube schon eine erhebliche Kreditaufnahme. Hier kam er allerdings ins Schwimmen: Er sprach über einen Nachtragshaushalt 2024, der noch nicht verabschiedet sei. Scholz schaut ihn daraufhin irritiert-fragend an – verständlicherweise. Nachdem das Bundesverfassungsgericht auf Betreiben der Unionsfraktion den zweiten Nachtragshaushalt 2021, den die Ampel-Koalition erst Anfang 2022 verabschiedet hat, verworfen und damit letztlich kräftig dazu beigetragen hat, dass das Dreierbündnisvorzeitig endete, ist klar, dass so etwas nicht mehr geht.

Schuldenregel reformieren? Merz zeigt sich aufgeschlossen

Eigentlich müsste Merz das klar gewesen sein. Er mag an den Entwurf der Ampel aus dem vergangenen Jahr gedacht haben, mit dem die Neuverschuldung auf gut 50 Milliarden Euro gestiegen wäre, auch für dieses Jahr hatte diese mit mehr als 50 Milliarden Euro zusätzlichen Krediten geplant; insgesamt wären das also mehr als 100 Milliarden Euro in zwei Jahren gewesen. Beide kamen wegen des Ampel-Endes nicht mehr durch den Bundestag. Unabhängig davon zeigte sich Merz aufgeschlossen, später die Schuldenregel zu reformieren – wenn andere Reformen unter Dach und Fach seien.

Scholz stellte die Lockerung der Schuldenbremse als zwingend hin, anders sei weder die Finanzierung der Bundeswehr vom Jahr 2028 an zu stemmen noch die Investitionen in die Infrastruktur. Mit einem Deutschlandfonds und einer neuen Prämie will die SPD mehr Investitionen in Deutschland ermöglichen. Merz will stattdessen die Körperschaftsteuer in vier Schritten um fünf Prozentpunkte senken und den Rest-Soli auslaufen lassen. Scholz meinte, eine so breite Entlastung sei weder notwendig noch finanzierbar.

In der Steuerpolitik lagen die beiden Kontrahenten auch sonst auseinander. Die SPD verspricht, 95 Prozent der Steuerzahler zu entlasten. Dafür will sie die oberen fünf Prozent stärker zur Kasse bitten. Merz warf Scholz vor, damit müsse der Spitzensteuersatz für diese Gruppe steigen auf 60 Prozent. Scholz entgegnete, er solle nur um zwei Prozentpunkte aufgestockt werden – Spitzenverdiener könnten das verkraften. Merz warnte, die Mehrbelastung treffe nicht zuletzt Handwerker und Personengesellschaften, für sie sei die Einkommensteuer entscheidend.

Teure Steuerpolitik mit der Gießkanne?

Der Düsseldorfer Volkswirt Jens Südekum unterstützt Scholz. „Ein niedrigerer nominaler Steuersatz bei der Körperschaftsteuer mag zwar eine gewisse Signalfunktion für den Standort Deutschland haben, zumal in Zeiten wie diesen, wo Donald Trump die Steuersätze in den USA vermutlich drastisch senken wird“, sagte Südekum der F.A.Z. Doch das Hauptproblem bleibe: Die Steuersenkung bekämen alle Unternehmen, ganz egal, ob sie daraufhin in Deutschland investierten oder nicht. Diese Gießkannenpolitik sei für den Staat relativ teuer. „Die Steuereinnahmen werden um rund 20 Milliarden Euro einbrechen, aber der Investitionsanstieg und das Wirtschaftswachstum, das wir dafür bekommen, hält sich in Grenzen“, betonte Südekum, der auch SPD-Mitglied ist: „Bei der Investitionsprämie bekommen wir mehr „bang for the buck“, also stärkere Investitionsanreize für jeden Euro.“

Eine Umfrage des Ifo-Instituts im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen zeigt indes eine andere Präferenz der potentiell Begünstigten. Abschaffung des Solis, Senkung der Einkommensteuer, weniger Körperschaftsteuer rangieren unter den knapp 900 Unternehmen, die geantwortet haben, weit vor einer schuldenfinanzierten Investitionsprämie. „Steuersenkungen sind der bessere Weg, da alle Unternehmen erreicht werden“, sagte Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen und Politik, der F.A.Z.: „Verbesserte Abschreibungsbedingungen und Investitionsprämien sind aus Sicht der Familienunternehmen nur zweite Wahl.“

Einsparungen beim Bürgergeld

Jenseits dieser haushalts- und steuerpolitischen Kontroversen liegt nach dem Duell noch eine sozialpolitische Sechs-Milliarden-Euro-Frage auf dem Tisch. Sie betrifft das Bürgergeld und das dort vermutete Einsparpotential. Merz stellte in Aussicht, die Staatskasse um etwa sechs Milliarden Euro zu entlasten, indem erwerbsfähigen Bürgergeldbeziehern künftig rascher Wege in Arbeit gewiesen würden. Die Union plant dazu einen Rückbau der von der Ampelkoalition durchgesetzten Bürgergeldreform. Kurz gefasst: Sie will im Zweiklang aus „Fördern und Fordern“ das Fordern wieder stärker betonen.

Merz machte diese Rechnung auf, über deren Belastbarkeit nun diskutiert wird: Für je 100.000 Menschen, die aus dem Bürgergeld in selbsttragende Arbeit wechselten, spare die Staatskasse etwa 1,5 Milliarden Euro ein. Und er stellte es als realistisch dar, etwa 400.000 der vier Millionen erwerbsfähigen Bürgergeldbezieher aus dem Hilfesystem herauszuholen; was dann zu sechs Milliarden Euro führt. Keine Ge­heim­­wis­­sen­schaft ist die Faustformel hinter den Zahlen: Derzeit geben Bund und Kommunen zusammen etwa 60 Milliarden Euro im Jahr für Bürgergeld und damit verbundene Kosten aus. Sänke die Zahl der Bezieher um ein Zehntel, käme der erhoffte Betrag heraus.

Das klärt aber noch nicht, wie schnell sich 400.000 Bezieher aus dem Bürgergeld herauslotsen lassen. Angesichts stetig steigender Arbeitslosenzahlen liegt aber eines auf der Hand: Es wird nur klappen, falls die Wirtschaft wieder in den Aufschwung kommt. Unfair wäre es indes, ein Wunschdenken im Umgang mit der Sechs-Milliarden-Euro-Frage allein Merz vorzuhalten. Blickt man in den unter Kanzler Scholz vom Bundeskabinett beschlossenen Haushaltsentwurf für 2025 dann fällt auf: Die dort vorgesehenen Etatansätze fürs Bürgergeld sind etwa sechs Milliarden Euro niedriger angesetzt als die tatsächlichen Ausgaben im Jahr 2024. Eine belastbare Erklärung dafür, wie eine solche Einsparung gelingen soll, ist die amtierende Regierung schuldig geblieben.

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